Silbermond live am 26. Mai 2009 in der Columbiahalle zu Berlin

 

Bericht: Petra Herz
Fotos: André Serfas

fotopass 20130710 1431348049

Ich musste feststellen, dass ich in diesem Jahr noch gar nicht in der Columbiahalle war. Und das, obwohl ich diese Location in den letzten Jahren oder inzwischen sogar schon Jahrzehnten in mein Herz geschlossen habe. Ich mag kleine gemütliche Muggen, aber auch die etwas größeren. Das besondere an der Columbiahalle ist: (eng gequetscht passen wohl 3.700 Fans hinein und offiziell wohl so um die 3.500) wenn man von so vielen Fans spricht, müsste man meinen, dass die Columbiahalle ein riesiger Laden ist, in dem eine gewisse Gemütlichkeit eventuell abhanden kommt. So ist es aber nicht. Man fühlt sich nicht auf einer großen weiten Fläche verloren. Auch wenn man sich hinten oder auf den Rängen befindet, erlebt man ein recht intimes Konzert. Zum 26. Mai hatte uns Silbermond in die Columbiahalle eingeladen.
Um 20:00 Uhr begrüßte ein Silbermond`ler die wartenden Fans: "Schönen guten Nabend. Keine Angst, ich bin kein Alleinunterhalter... Wir lassen in jeder Stadt eine andere Band als Vorband spielen. Wir wollen damit jungen Bands eine Plattform bieten..." Vier junge Typen (Durchschnittsalter 25) betraten die Bühne. Der Sänger rief: "Hallo, we are `ask eric` and the first song is `Buy into`". Auf der Bühne rockten Simon (voc), Julius (git) im schwarzen Hemd, Alex (bass) mit gestreiftem Shirt und Fabse (drum) mit seinem rot leuchtenden Shirt. "ask eric" ist eine Berliner Band, für die der gebürtige Engländer Simon einst gecastet wurde. Seit vier Jahren sind sie mit ihrem Manager Eric unterwegs. Daher wohl auch der Bandname. Immer wenn jemand nicht so genau Bescheid wusste hieß es: "frag Eric". Einige Musiker stammen aus der vorherigen Band "algo", und andere (Fabse) wiederum waren vorher in der Punkszene anzutreffen. Im Jahr 2007 erschien ihr Album "Waste your time". Hierbei handelt es sich um eine CD mit 14 eigenen Titel, die im Bereich Indie einzuordnen sind. Mit sechs Titeln desselben rockten sie in der Columbiahalle:
- Buy into
- Say where we go
- Funny Feelings
- Delirious
- Not in England
- Throw a lifeline
- June
Nach dem zweiten Titel dankte Simon dem Publikum: "Vielen Dank, dankeschön, sehr nett". Über das Wort "nett" lässt sich ja bekanntlich streiten, aber im englischen Slang klingt es einfach fantastisch! Bei "Funny Feelings" erstrahlte die Bühne im rot-grünen Licht, und für "Not in England" (ein ganz neuer Titel) wurden unterschiedliche Muster in verschiedenen Farben und Konstellationen an den Bühnenhintergrund projiziert. Jeder Musiker durfte mit einem kurzen Soli sein Können unter Beweis stellen. Beim vorletzten Titel schien das Publikum fast in Wallung zu geraten, aber in den (für meine Begriffe) richtigen Momenten drehte sich Simon seinem Schlagzeuger zu. Hätte er ein Zeichen gegeben, z.B. ein Handzeichen oder einen Arm hoch genommen (denke ich), hätten die Massen sicher schon während des Titels mitgefeiert und nicht erst am Ende. Dennoch erstrahlte er mit seinem weißen Hemd, nebst Krawatte und Basecup und verabschiedete sich nach einer halben Stunde: "Thank you very very much, we enjoy Silbermond".

shirt 20130710 1401236288

Um 20:52 Uhr dämmerte es in der ausverkauften Columbiahalle, das Intro erklang und auf dem Vorhang kreiselten im Verlauf zwei orange Licht-Kreise... solange, bis alle vier Silbermond`ler auf der Bühne erschienen waren. Da waren sie, die Bautzener: Stefanie Kloß (voc), Thomas Stolle (git, klavier), Johannes Stolle (bass) und Andreas Nowak (drum). Steffi zog kurzerhand an einer Strippe, setzte damit ihren Scheinwerfer in Gang und löschte das komplette Licht im Saal. Mit "Alles Gute" hatten die vier schwarz gekleideten Musiker ihre Fans sofort im Griff. Durchs Publikum wanderten sechs helle Scheinwerker, alle klatschten im Takt mit, gar kein Problem denn Steffi zeigte wie`s funktioniert. Beim nächsten Titel standen Steffi und Thomas zu Beginn im Scheinwerferlicht, während beim Refrain die Halle vom weißen Blitzlichtgewitter erhellt wurde. Gitarre und Bass rockten gemeinsam, und Steffi fragte immer wieder in die Massen "Bist du dabei?", sprang dabei wie so oft an diesem Abend auf einen der Monitore, die sich am vorderen Bühnenrand befanden. Steffi freute sich: "Vielen, vielen Dank! Einen wunderschönen guten Nabend. Ist alles okay bei euch? Es ist schön mal wieder in Berlin zu sein, und hier auf der Bühne zu stehen". Für Berlin wurde mal schnell ein Songtext geändert, in "Meer sein" (ein Titel vom 2006er Album "Laut gedacht") heißt es eigentlich "Wir machen weiter bis die ganze Welt uns hört", geändert: "Wir machen weiter bis Berlin uns schafft". Die Fans bewiesen an diesem Abend immer wieder Textsicherheit und tanzten, soweit es in der vollen Columbiahalle möglich war. In "Tanz aus der Reihe" durften alle Männer den Klatschpart übernehmen, und die Mädels bekamen etwas weniger zu tun, hatten aber mit der Gesangseinlage den schwierigeren Part. Mädels, so Steffis Bezeichnung, muss ich eigentlich noch genauer erläutern. Da standen keine kreischenden Teens, was ich eigentlich vor Ankunft an der Columbiahalle befürchtete, sondern Konzertbesucher jeden, wirklich jeden Alters.
Dann kam der Rausschmiss aller Fotografen. In dem Moment war ich etwas erschrocken, denn ich wusste noch nicht, dass wir mit unseren Pässen erneut Zutritt in Halle erhalten würden, natürlich ohne entsprechende Kameraausrüstung. An diesem schwülen Abend (es war der Abend mit Unwetterwarnung) kostete es etwas Überwindung die Halle erneut zu betreten, es herrschte ein Klima, das man gar nicht mehr Klima nennen konnte... einfach nur "Sauna". Ich war jedenfalls wieder dabei als es hieß "Heute gehen wir aus uns raus, wir wissen noch nicht wohin. Es sind alle mit dabei und wir mittendrin". Zur Unterstützung wurden Fans auf die Bühne gebeten, ein waschechter Berliner und eine rothaarige Dame. Sie fragten dann abwechselnd ins Publikum "Seid ihr schon am Ende?" Ein einheitliches "Nein" hallte durch die belebte Halle. Zu Fünft wurde dann am vorderen Bühnenrand gerockt und Steffi beendete den Titel "Wenn die Anderen schon am Ende sind fängt Berlin erst an". Nachdem die Frage auftauchte warum eigentlich Schlagzeuger eine große Wasserflasche bekommen und Sänger nur kleine, veränderte sich der Sound, Raggae war angesagt. Morgens sollte es in Ruhe den ersten Gepressten geben "Jeden Tag zur selben Zeit grüßt uns die Alltäglichkeit", und nach dem zweiten Gepressten heißt es dann "Was du heute kannst besorgen, besorg dir lieber morgen". Man sollte langsam aufstehen und wenn es dunkel wird den Grill im Park auspacken, was trinken und dann geht's los... Silbermond glänzte mit einem rockigen Abschluss, sie hatten mit ihren Fans einen gelungenen freien Tag.
Mit einem Bass-Solo der besonderen Art ging es weiter. Im Scheinwerferlicht hantierte nicht nur Johannes, sondern auch Andreas nahm die Basssaiten mit seinen Sticks in Beschlag. Ich stand da und sagte einfach nur "geil", so etwas hatte ich vorher noch nie gesehen. Dann hörte ich Steffi singen: "Ich bin heute morgen aufgewacht und wusste nicht wofür...". Aber wo... wo kam der Gesang her? Steffi und ihre Jungs befanden sich genau über mir, im Rang. Daher konnte ich sie nicht sehen. Und sie schienen sich im Publikum sichtlich wohl zu fühlen, verweilten dort auch mit dem Titel "Zeit für Optimisten" in einer mir neuen ruhigeren Variante. Nachdem Lampe, der Lichtmann vorgestellt wurde, klappte dann sogar eine La-Ola-Welle, oben beginnend, durch die gesamte Columbiahalle.
Kurz darauf hatte Andreas einige Einlagen zu bieten, u. a. das Alphabet von hinten, begleitet wurde er hierbei von Thomas am Klavier. Weiter ging es dann wieder mit der kompletten Band, und Jan Delay wurde per Band für den Titel "Nicht mein Problem" zugeschaltet. Der passende Songtext erschien auf der Videoleinwand, die sich im Bühnenhintergrund befand. Übrigens nahm Steffi zwischendurch auch eine Videokamera zur Hand, filmte damit ihre Fans, die dann auf der Videoleinwand zu sehen waren. "Unendlich", ein Lied das früher immer am Schluss der Silbermondkonzerte gespielt wurde, erstrahlte jetzt in silber-weiß-lila auf den halbhohen Lichtkollektoren (darüber die Leinwand) im Bühnenhintergrund, Thomas glänzte hier mit einem Solo, und Andreas hat auf sein Schlagzeug "eingedroschen". Vier Musiker, denen man gerne zusah, erfüllten die Bühne mit Leben. Sie spielten mit viel Freude und das bei fantastischem Licht und Ton. Nach dem Titel "Sinfonie" genossen sie wahrlich und berechtigt den Blick aufs Publikum, sie wurden gefeiert. Dann standen Steffi und Thomas wieder auf den Monitoren am vorderen Bühnenrand, und die Columbiahalle wurde mit vielen Lichtern erhellt. Im blauen Licht bewegten sich dann viele Arme von links nach rechts und von rechts nach links... viele "Krieger des Lichts" waren anwesend. Mit einem reinen Blitzlichtgewitter, alle Handys und Fotoapparate waren gefragt, wurde dann der Album- bzw. Tourtitel gefeiert. Anschließend war "Stage Diving" angesagt. Steffi sagte: "Ich will auf euren Händen von hier bis zum Tonmann und zurück...". Anschließend konnte sie mit Stolz verkünden: "Ihr ward verdammt schnell, dankeschön". Mit "Irgendwas bleibt" wollten sich die vier Bautzener doch tatsächlich schon gegen 22:45 Uhr verabschieden. Doch das ging nicht, und mit etwas ganz Besonderem kamen sie zurück auf die Bühne. Zuerst Andreas mit seinen Drumsticks, er hatte diese in der Hand (Air-Sticks). Johannes und Thomas kamen hinzu und ich erkannte den Queen-Titel "We will rock you", das Publikum übernahm den Gesangspart. Es folgten Titel wie "Beat it" (Michael Jackson), "Smoke on the water" (Deep Purple) und ein weiterer Song von Led Zeppelin. Nebenbei erzeugten sie einen hervorragenden Showeffekt, das sollte man gesehen haben.
Die Band verwies noch auf ein Projekt, das sie in den vergangenen Monaten ins Leben gerufen haben: "Fans helfen". Aus Erlösen konnte bereits in Kamerun, wo es keine Gleichberechtigung gibt, eine Frauenschule errichtet werden. Es folgte der nachdenkliche Titel "In Zeiten wie diesen". Ruhiger ging es auch mit "Das Beste" weiter, nur Steffi und Thomas waren auf der Bühne zu finden. Steffi setzte sich auf einen Monitor, ihre Füße schaukelten in Richtung Publikum, das inzwischen den Text übernahm. Steffi äußerte anschließend: "Zwei Stunden in dieser Hitze und ihr seid trotzdem geblieben. Danke! Wir haben dieses Album in Berlin geschrieben und bedanken uns bei Ingo, Bernd und Phil... Wir haben noch ein Lied bevor wir nach Hause gehen". "Sehen wir uns wieder" erklang im roten Licht. Eine Strophe wurde umgedichtet, nur für Berlin geschrieben "Adrenalin, keine andere Stadt ist so wie Berlin".
Um 23:12 Uhr verabschiedete sich die Band und verwies noch auf die Zitadelle Spandau, in der sie im Sommer spielen werden.



  Fotoimpressionen

 Vorband:
 
 
Silbermond:
 
 

   
   
© Deutsche Mugge (2007 - 2023)

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.