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Interview vom 4. November 2019



Markus Fräger ist ein vielseitig begabter Mann. In der Kunstszene hat er sich als Maler einen Namen gemacht und wenn man mit dem Namen zuerst vielleicht nichts anfangen kann, wird einem aber spätestens sein Gesicht irgendwie bekannt vorkommen. In den 80ern war er Frontmann der Gruppe ACE CATS und Anfang der 90er Kopf des Projekts KREISLER. Sein Wirken mit den ACE CATS ist fast 35 Jahre und das mit KREISLER etwas über 25 Jahre her. Danach war er immer wieder mal auf eine Bühne zu sehen, aber nie wieder in so einem professionellen Rahmen wie in seiner Hochphase. Nun hat er mit seiner Markus Fräger Band einen Song und ein Video veröffentlicht. Dazu soll es wohl bald ein Album geben. Dies nahm unser Kollege Christian zum Anlass, den singenden Maler bzw. den malenden Sänger für ein Interview einzuladen ...




Hallo Markus, durch Zufall entdeckte ich im Internet Dein Video zum Song "Love Is A Pleasure" (zu finden am Ende dieser Seite). Unter dem Titel Markus Fräger Band ist der Clip erschienen. Ist das ein kurzes wieder Auftauchen Deiner Person als Musiker oder wird da in Zukunft noch mehr kommen?
Ja, ich hab eigentlich nie ganz aufgehört zu Singen und Gitarre zu spielen. Und wenn ich Zeit habe und die Möglichkeit, dann versuche ich auch immer wieder mal hier und da etwas auf CD aufzunehmen und festzuhalten. Und das sind jetzt die neuesten Versuche, ich habe einige Songs gemacht in den letzten Monaten.

Davon angepiekt hab ich mal etwas gesurft, dabei nach Dir gesucht und siehe da: Du machst schon etwas länger wieder Musik, z.B. mit dem Ray Collins Hot Club. Warst oder bist Du dort Gast, und was ist das für eine Gruppe?
RAY COLLINS HOT CLUB ist eine bekannte Band hier aus dem Kölner Raum, die Jump and Jive Music, Swing, Rock'n'Roll und Rhythm'n' Blues spielen. Das Ganze mit Bläsern - quasi diese größere Orchesterbesetzung. Die treten bei Tanzveranstaltungen auf, für Jitterbug und solche Sachen. Also zweimal im Jahr haben die hier volles Haus und da habe ich mich natürlich sehr gefreut, als sie mich gefragt haben. Die Band spielt meistens im Gloria hier in Köln, das ist ein ganz altes Kino, also eine tolle Atmosphäre, wo Lindy Hop usw. getanzt wird. Da spielen sie den ganzen Abend, machen ein Super-Programm und oftmals haben sie auch Gäste dabei. Im letzten Jahr haben sie halt mich gefragt. Da war ich sehr glücklich, dass ich zusammen mit diesen Super-Prof-Jungs auf der Bühne zwei meiner alten Hits im Swing-Gewand spielen durfte.

002 20191105 1399801859Wenn Du "zwei meiner alten Songs" sagst, meinst Du damit ACE CATS-Nummern?
Ja, das waren zwei Tite von den ACE CATS, nämlich "Heut Nacht" und "Linda". Und dann haben wir noch eine Nummer zusammen mit Ray Collins gemacht.

Ich muss zugeben, dass ich Dich und Dein Wirken nach 1992 und Deiner Nummer mit KREISLER ein bisschen aus den Augen verloren habe. In der Zeit danach scheinst Du Dich von der Musik ab- und der Malerei zugewandt zu haben. Stimmt das so?
Ja, ich habe mich tatsächlich hauptsächlich der Malerei zugewandt. Das heißt, ich zwar hin und wieder auch noch Musik gemacht, aber kaum. Ab und an habe ich hier und da nochmal versucht, irgendwas Modernes oder Modernistisches zu machen, z.B. Rockabilly kombiniert mit Techno, Groove und so. Das war nicht schlecht, aber auch ein bisschen unambitioniert. Ich wollte künstlerisch ja auch ganz woanders hin und hab die Musik deshalb mehr oder weniger aufgegeben um mich ganz auf die Malerei zu konzentrieren.

Eine größere Bekanntheit hast Du durch Dein Mitwirken bei der Gruppe ACE CATS erlangt, der Du zwischen 1980 und 1986 angehört hast. Auf Deiner Homepage erwähnst Du diese doch recht erfolgreiche Zeit mit keinem Wort. Sprichst Du heute nicht mehr so gern über Deine Zeit bei den ACE CATS oder warum ist das so?
Ich hatte auch damals schon meine inhaltlichen Probleme mit der Neuen Deutschen Welle und dem Ganzen, und es war ja auch in manchen Bereichen ein bisschen - wenn man ehrlich ist - Schlager, was wir da gemacht haben. Nicht alles, aber das ein oder andere Stück war schon sehr nah dran. Das war mir etwas zu … ja, wie soll ich es sagen … seicht. Ich finde es ok und ich habe es damals auch gerne gemacht, aber 1986 war es dann auch genug.

Du nennst das, was Ihr ab 1984 gemacht habt Schlager - ich sehe in Eurer Musik dann doch etwas anderes als das. Aber das kann man natürlich sehen wie man möchte ...
Ok, ich will es dann doch auch nicht so als Schlager abtun, es war ja eigentlich auch eine ambitionierte Idee, Rockabilly mit deutschen Texten zu machen. Darum möchte ich das jetzt gar nicht zu sehr diskreditieren. Es war ein Zeitabschnitt, der für mich 1986 beendet war. Aber so, wie es gelaufen ist, war das natürlich auch der Entwicklung in der Popmusik geschuldet. Die Neue Deutsche Welle war sehr mächtig, sehr erfolgreich. Da hat man von Seiten der Plattenfirmen halt solche Konzepte auch gerne genommen und experimentiert. Und das haben wir auch getan.

Fühltest Du Dich mit der Band der Neuen Deutschen Welle zugehörig?
Nicht ganz, aber natürlich waren die Kollegen von der Neuen Deutschen Welle mit uns im Fernsehen, im Radio und auf Festivals usw. Wir waren überall dort mit denen zusammen präsent und deshalb irgendwie auch Teil der Szene.

Du, Thomas Szalaga und Dein Bruder Luitger waren 1980 die Gründungsmitglieder der ALLEY CATS, wie die Band ja ursprünglich hieß. Wie ist die Band damals genau entstanden? Wer hatte die Idee und wie kamen Christian Schudde und die Mädels zu Euch?
Ich hatte mit Luitger vorher zusammen in einer anderen Konstellation gespielt und eigentlich war es so, dass mein Bruder und Thomas die Band als neues Projekt aus der Taufe gehoben haben. Die beiden Mädchen waren schon da, als ich zum ersten Mal zur Probe kam. Das war im, Jugendzentrum Unna, unten im Keller, und da waren wir zu fünft: Luitger, Thomas, die beiden Mädels und ich. Wir waren damals zuerst ohne Schlagzeug und haben auch versucht, es ohne Schlagzeug hinzukriegen. Aber Thomas hatte seinen alten Kumpel Christian im Gedächtnis, der nicht nur ein guter Schlagzeuger sondern auch ein hervorragender Sänger war. Auch sonst war er technisch und musikalisch sehr begabt. Christian war insgesamt ein sehr wertvolles Mitglied, das wir dank Thomas' Fundus an Musikern, die er aus seiner Vergangenheit her noch kannte, dazu gewinnen konnten. Thomas und Christian spielten vorher in der Gruppe APPLES zusammen, in der sie Lieder der Beatles coverten.

Ich erinnere mich noch sehr gut an eines Eurer Konzerte in Herne. Das war 1983. Ihr seid dort aufgetreten und hattet diese typischen 50er Jahre Klamotten an und nicht nur Ihr, sondern auch Teile Eures Publikums. War das eine Rolle, in die Ihr als ACE CATS damals geschlüpft seid oder war das tatsächlich das Lebensgefühl dieser Fifties, das ihr auch privat gelebt habt?
Ich glaub, das war ein Teil eines Zeitgeistumschwungs gegen die Hippies und die 68er. Bei denen war das musikalisch alles doch sehr ausufernd, z.B. mit ihren 10 Minuten langen Gitarrensoli und dergleichen mehr. Das war uns - wie soll ich das nennen - nicht actionreich, nicht spannend genug. So haben wir uns, wie vielleicht auch die Punks, wieder eher einfacheren Musikstrukturen zugewandt. Drei Minuten Songs, knackig und weniger Akkorde. Für die Punks war das halt eben der Punk, und für uns war es eher diese Retrogeschichte mit den Fifties, wo die Songs noch knapp und simpel waren.

Aber mal abgesehen von der Musik. Seid Ihr damals auch mit diesen Klamotten und Frisuren privat so unterwegs gewesen? War das Euer Stil damals?
Das war unser Ding und das war auch keine Rolle, in die wir schlüpften. Heutzutage kann man das vielleicht nur als vorsichtigen oder dezenten Zeitgeistprotest auffassen. Das kann man ruhig so sagen.

Du sagtest gerade, Du hattest auch inhaltlich so Deine Probleme. Ich erinnere mich an das erste Album "Cat Talk" von 1982, das ausschließlich englischsprachige Songs und diesen typischen 50er-Sound hatte. Und dann kam 1984, knapp zwei Jahre später, eben die LP "Katzen tanzen durch die Nacht", ein durchweg auf Deutsch gesungenes Album, produziert von der Spider Murphy Gang. Wie kam es zu diesem Wandel. Kam der aus der Band heraus, brachten die Spider Murphy Gang-Männer das mit, oder wie kann man sich diesen Wandel vorstellen?
Ja gut, das war natürlich so, dass wir uns mit unseren englischen Texten einem internationalen Publikum hätten stellen müssen und das ernsthaft hätten vorantreiben müssen. Das kann man eigentlich als deutsche Band gegenüber amerikanischen oder englischen Kollegen schlecht machen. Da gab es ja auch genügend gleichlautende und gleichlaufende Entwicklungen in Amerika und in England. Die Gruppe STRAY CATS ist ja nun die bekannteste Band, die auch etwas Ähnliches gemacht haben. Von daher gesehen mussten wir schon sagen, dass der Markt relativ dicht war, auch mit dieser Art Revival-Bands, die sich quasi diesen neuen Zeitgeist auch angeschlossen haben. Das ist schon richtig, dass wir versucht haben uns dort mit zu tummeln. Aber es war natürlich so, dass man um auch finanziell und medial erfolgreich zu sein schon etwas Eigenes haben musste. Da war natürlich die Frage, ob man im Zuge der Neuen Deutschen Welle, die damals gerade in vollem Gang war, nicht sowas mal auf Deutsch versuchen sollte. Und das war sicherlich eine Idee, die nicht originär von uns kam, sondern die uns vom Management nahegelegt wurde: "Macht und probiert das doch mal." Daraufhin hat unser Gitarrist Thomas Szalaga Songs, die er sowieso in der Schublade hatte, eingedeutscht und das war dann als Demo-Band so erfolgreich, dass die Plattenfirma direkt kopfgestanden hat und sagte, "Das machen wir!" Da war natürlich der Bann gebrochen und der erste Titel dieser Art war "Heut Nacht".

Stimmt ... der Song kam noch vor "Linda" ...
Das ist auch für mich nach wie vor ein richtig toller Song. Und da würde ich sagen, dass das schon weit über Schlager hinaus geht. "Heut Nacht" ist wirklich eine Art Kunst-Rock'n'Roll, was der "Szalli" da geschrieben hat. Das war ein Weg, den wir auch gerne experimentell weiter beschreiten wollten und so haben wir es dann auch versucht, diesen neuen Weg irgendwie zu kreieren.

Das Album und die Single "Linda" brachte Euch dann ziemlich großen Erfolg, wobei speziell der Song euer größter Hit wurde. Den spielen sie heute teilweise noch im Radio. Wie sehr hat dieses Lied Euer Leben verändert und war es Fluch oder eher Segen?
Es war natürlich Segen, weil der Song ein Erfolg war. Aber es war natürlich auch ein bisschen Fluch, weil der wirklich tolle Titel "Heut Nacht", den unser Gitarrist Thomas geschrieben hat und den wir alle zusammen getextet hatten, im Gegensatz zu "Linda" nicht den durchschlagenden Erfolg gebracht hat. "Linda" war eine Komposition eines englischen Autorenteams (Sue Shifrin und Terry Britten, Anm. d. Red.), zu dem wir den deutschen Text gemacht hatten und das wir in unserer Version auf Rockabilly gebracht haben. Das war für uns der durchschlagende Erfolg aber eben auch eine Fremdkomposition. Damit waren wir so ein bisschen verunsichert und haben dann von dem Punkt an versucht, einerseits dem nachzueifern und andererseits aber auch irgendwie ein eigenes Gesicht in die Sache zu bringen. Das war ein ganzes Stück Arbeit und manchmal auch ein Kampf zwischen den einzelnen Protagonisten der Band. Man wollte gucken, wer was macht und wie der Weg weitergeht. In welche Richtung es gehen sollte - lieber links, lieber rechts. Heutzutage sind das kleine Probleme, aber damals war das für uns essenziel und wir haben uns mit Diskussionen und vielen Songvorschlägen gegenseitig halt befeuert.

Du warst während dieser gesamten Zeit bei den ACE CATS aber auch mit Deinem Studium beschäftigt, wenn ich das richtig gelesen habe. Im Jahre 1980 hast Du angefangen und 1986 warst du fertig. Es klingt so, als warst Du tagsüber der Student an der Uni und abends der Rockabilly-Sänger auf der Bühne. Wie ließ sich das miteinander verbinden?
Das Studium habe ich eigentlich gar nicht wirklich verfolgt. Das stand nur mehr oder weniger auf dem Blatt Papier und meine Ambitionen strebten gegen Null.

(Lacht) Hast du das gar nicht zum Abschluss gebracht?
Ich habe später nochmal auf Kunstgeschichte gewechselt, aber ich habe das nicht zum Abschluss gebracht. Nein. Ich bin also ein Studienabbrecher.

Du bist 1986 bei den ACE CATS nicht nur ausgestiegen ...
Die Band hat sich dann wegen des Richtungsstreits aufgelöst Die einen wollten lieber in diese Richtung, die anderen lieber in die andere Richtung gehen. Man muss sowas auch durchhalten können. Das ist schwierig, vor allem wenn man so eine große Band ist. Wir waren ja sechs Mitglieder - zwei Mädchen und vier Jungs. Unheimlich viele Köpfe, jeder hatte eine Meinung gehabt. Dazu kam, dass es auch musikalisch begabte Leute waren, die auch irgendwie ihre Sachen machen wollten. Dafür muss man Verständnis haben. Das ist bei einer so großen Band natürlich schwierig, wenn der Erfolg nicht weiter so läuft, wie das anfangs mit "Linda" der Fall war. Also es wäre ein hartes Stück Arbeit gewesen und ehrlich gesagt … ich habe es vorhin schon angedeutet ... war es bis dahin eine tolle Zeit, aber irgendwie war ich mit 26 oder 27 Jahren dann auch ein Stück weit zu alt für das alles.

Du selber bist musikalisch ja erst 1990 wieder in Erscheinung getreten. Was hast du denn zwischen 1986 und 1990 gemacht?
Was hab ich da gemacht? Ich habe versucht, meine eigene Solokariere in Gang und das KREISLER-Ding an den Start zu bringen. Das hat recht lange gedauert, dafür einen Anlauf zu finden und die Platte zu produzieren. Die war tatsächlich erst 1989 fertig und kam letztlich Anfang 1990 raus. So lange Zeit hat es gebraucht.

War KREISLER denn jetzt eine Band oder ein Projekt, oder wie kann man das ganze beschreiben? Was war das?
Das war ein Projekt. Ich habe meine eigenen Songs geschrieben und versucht, sie mit modernen Grooves zu illustrieren. Man könnte auch sagen, dass ich quasi schon versucht habe, elektronische Musik mit Rock'n'Roll irgendwie konzeptionell zu verbinden. Das war nicht so einfach und ich habe damals im Studio zusammen mit René Tinner als Produzenten und Helmut Zerlett als Programmierer versucht, mich vorzuwagen. Das Ergebnis war dann ein bisschen verspielt und nicht so ganz - wie soll ich es sagen - stringent, wie ich es mir vorher vorgestellt hatte, dass es werden würde. Später gab es nochmal eine Produktion in England. Das war zu den Aufnahmen für meine Single "Sorrow's Just A State Of Mind" und diese Produktion mit Martyn Ware, dem Keyboarder von der Gruppe HEAVEN 17, war eine sehr interessante Erfahrung. Es war nicht nur eine interessante sondern auch eine sehr professionelle Erfahrung, die ich in diesem Zusammenhang mit KREISLER noch machen durfte. Aber leider ist auch diese Single, obwohl sie mir auch heute noch sehr gut gefällt, gefloppt. Ja, und damit war das Ding 1992 durch.

Von der Plattenfirma aus "durch", nehme ich mal an?
Ja, von der Plattenfirma durch. Die Plattenfirma macht nur Songs und beschäftigt nur Leute, die auch Geld verdienen. Ist ja klar.

Die Lieder, die auf dem einzigen KREISLER-Album zu hören sind, das hast Du gerade ja schon gesagt, hast du selbst geschrieben. Sind da sogar vielleicht auch welche dabei, die noch für die Vorgänger-Band gedacht und geschrieben waren oder waren das alles Stücke, die für die Solokariere mit dem Projekt KREISLER entstanden sind?
Da waren bestimmt auch Ansätze von ACE CATS-Songs dabei, aber man hat sie nur als Inspiration genommen und ist dann weiter gegangen. Oftmals hatte ich mir auch zu Grooves irgendwelche Melodien einfallen lassen. Das war mehr so Projekthaft. Aber immer wenn ich singe, kommt dabei etwas "Rock'n'Roll-artiges" heraus. Eine Art "Fifties Touch" hat es immer und das haben wir einfach genutzt und versucht, diese beiden Welten, Fifties und elektrische Musik der 90er, zusammenzuführen. Es waren jetzt aber keine alten ACE CATS-Songs, die ich dann extra für das neue Projekt umgedreht hätte.

Wo kam denn der Name KREISLER her? Der hat ja mit Dir - glaube ich - gar nichts zu tun?
Ich wollte etwas ganz anderes haben. Es sollte in Richtung "Chrysler", also dem Namen der US-Automarke, gehen. Ich wollte aber, dass es "Deutsch" geschrieben wird, denn irgendwie hatte ich die verstiegene Idee, da was Individualistisches reinzubringen zu müssen. Und im Nachhinein bin ich auch skeptisch, ob das richtig war (lacht).

Du hast die Namen grade schon erwähnt, nämlich René Tinner und Helmut Zerlett, beides Musiker aus der damaligen Westerhagen-Band. Wurden Dir die Herrschaften von der Plattenfirma empfohlen oder hast Du Dir die zur Zusammenarbeit selber ausgesucht?
Das hat damals mein Manager, George Glueck, gemacht Da steckte also das Management hintere. Die haben zu dem Zeitpunkt auch für Stephan Remmler und die Humpe-Schwestern gearbeitet und mir dann den Produzenten nahegelegt. Ich hatte zuerst mit Udo Arndt, der u.a. auch die RAINBIRDS gemacht hat, in Berlin zusammen gearbeitet. Das hat aber irgendwie nicht so gut geklappt und dann bin ich eben zu René gekommen. Wie es da losging, fand ich das irgendwie ganz spannend. Aber - das sagte ich ja gerade schon - es war dann am Ende leider auch nicht so erfolgreich wie ich dachte, dass es werden könnte.

Erfolgreich ist ja immer so eine relative Sache. Du hast damit natürlich ein paar Leute erreicht, unter anderem auch mich. Ich fand und finde das Album auch heute noch ausgesprochen gut. Aber kommerziell gesehen ist das natürlich in die Hose gegangen. Empfindest Du die Platte denn inhaltlich selbst auch als Flop und ist es genau das, was es damals sein musste?
Ich glaube, dass es das sein sollte, was es sein musste, aber es ist nicht das geworden, was es hätte werden müssen, damit es erfolgreich werden konnte. Ich hatte damals - glaube ich - zu wenig Produzenten-Erfahrung und auch René wusste vielleicht nicht in welche Richtung das gehen sollte. Ich wusste es vielleicht auch selber nicht und so ist es nicht so zwingend geworden, wie man es eigentlich produzieren muss, um wirklich was damit zu erreichen. Später mal bei Martyn Ware in London habe ich es dann gelernt, wie man sowas eigentlich machen muss. Dabei habe ich gemerkt, dass man viel rücksichtsloser - also nicht menschlich sondern musikalisch rücksichtsloser - und auch qualitätsvoller durchspielen muss. Dieses professionelle Handwerkszeug hatte ich einfach nicht als Produzent und nicht als Künstler. Ich war zu unerfahren, um es auf den Punkt zu bringen.

Bist du denn mit dieser Platte damals eigentlich auf Tour gegangen?
Nein, wir haben nur Fernsehauftritte gemacht und haben das mehr oder weniger als TV-Ereignis gehandelt.

Die ACE CATS versuchten es - ich glaube - zwei Mal, wieder an den Start zu gehen. Einmal 1988 und ein weiteres Mal 1996. Beide Male aber ohne Dich als Sänger. Gab es da Überlegungen, ob du noch einmal mitmachen würdest oder war das bei beiden Comeback-Versuchen von vornherein ausgeschlossen, dass Du Deine alte Liebe nochmal aufkochen lässt?
Ja, wir haben das überlegt. Ich bin mal bei der Band gewesen und habe mit Szalli und Christian auch ein paar Demos gemacht. Es waren auch ein paar ganz schöne Sachen dabei, aber im Großen und Ganzen war diese Sache für mich doch ein bisschen zu sehr ein Rückgriff in meine Jugend.009 20191105 1863442105 Dahin konnte ich nicht mehr zurückgehen. Und deswegen habe ich dann gesagt, dass wir das lieber nicht zusammen machen werden. Also ich wollte es nicht mehr machen.

Du hattest anfangs das Wort Schlager bemüht. Das möchte ich jetzt im Zusammenhang mit dem 96er Comeback bemühen. Denn grade das war dann, wie ich finde, richtig Schlager. Hast du denn noch beobachtet was die Kollegen gemacht haben?
Das war im Prinzip auch dieser Richtungsstreit, von dem ich schon sprach. Wenn man das nochmal hätte machen wollen, dann hätte man das meiner Meinung nach ein bisschen professioneller anschärfen müssen. Das hätte dann in eine Richtung wie z.B. in den "Americana Style" gehen müssen, so wie das etwa ELEMENT OF CRIME oder ANNETT LOUISAN machen. Eben in die Richtung mit Country- und Rockabilly-Elementen, dazu gute deutsche Texte. Es war eine Frage der Richtung. Das, was dann letztlich gemacht wurde, was mehr auf das WDR4-Publikum zugeschnitten, und das war nicht mein Ding. Deshalb habe ich es auch nicht mitgemacht.

Du hattest dafür deine Erfolge als Maler. Wann ging das denn bei dir eigentlich los, dass Du Pinsel und Leinwand für Dich entdeckt hast? Das kam mit Sicherheit doch nicht erst in den 90ern auf ...
Ich war eigentlich schon immer malerisch unterwegs, hab immer schon gezeichnet, es aber so richtig professionell erst nach dem Flop mit KREISLER Mitte der 90er angefangen zu machen. Ab dieser Zeit gab es, auch weil sich relativ schnell Erfolge einstellten, kein Zurück mehr. Ich habe wirklich gesagt, "Malen ist eigentlich mein Ding, das ist meine echte Berufung. Singen kannste auch so zu Hause zur Gitarre", und das mache ich auch heute noch. Das reicht mir völlig.

Auf der Hauptseite Deiner Homepage findet man, wie ich finde, ein sehr schönes Bild. Das gefällt mir ausgesprochen gut. Was ist Deine bevorzugte Art des Malens und welche Motive suchst Du Dir am liebsten aus?
Ich lasse meine bevorzugten Motive sich durch Fotos, die ich mache, entwickeln. In einer Fotosession mit Bekannten, Freunden aber auch mit Schauspielern, die für mich agieren, fotografiere ich, und ich setzte die Fotos dann quasi auf der Leinwand zu neuen Szenen zusammen.

In welchen Momenten küsst Dich die Muse. Stellst Du Dich bewusst zu einer bestimmten Zeit an die Staffelage oder wartest Du auf den Augenblick, in dem Du einen Einfall hast und setzt Dich genau dann ran. Also zur Not auch mitten in der Nacht?
Ich arbeite jeden Tag von 11:00 Uhr bis 19:00 Uhr und dann wird jeden Tag - so wie andere Leute zur Arbeit gehen - gemalt. Und zwischendurch, wenn ich ein bisschen nachdenken muss, spiele ich Gitarre.

Gibt es derzeit oder auch in naher Zukunft eine Ausstellung, in der man Deine Bilder anschauen und Dich eventuell auch mal treffen kann?
Die nächste Ausstellung ist am 8. November, hier in der Kölner Galerie Giesenbach. Derzeit läuft eine Ausstellung in Berlin bei der Galerie Friedmann-Hahn in Charlottenburg. Das sind so die nächsten Termine und dann mal sehen, was im nächsten Jahr so kommt.

Über ein Thema würde ich gerne, wenn ich darf, noch zwei Fragen stellen. Und zwar hat uns Fans 2005 die Nachricht über den Tod deines Bruders Luitger sehr betroffen gemacht. Was ist damals eigentlich konkret passiert?
Es war ein Autounfall und mein Bruder ist dabei gestorben. Mehr gibt es eigentlich dazu gar nichts zu sagen. Ein tragischer und trauriger Unglücksfall.

Was hat er eigentlich nach der Zeit bei den ACE CATS gemacht? Von ihm war ja dann - glaube ich - gar nichts mehr zu hören.
Doch, er hatte zusammen mit seiner Frau eine eigene Cajon-Band, und das haben die beiden auch sehr toll gemacht. Das war eine schöne Sache und bei ihnen bin ich oft auf Konzerten gewesen. Er war dann auch in der Eifel und hat ein paar Cajon-Projekte betrieben. Das hat mir auch gut gefallen. Ich hätte mit ihm hier und da auch gern noch ein bisschen Rock'n'Roll gemacht aber er war in diese Geschichten sehr stark eingebunden. Außerdem hat er zwei oder drei CDs gemacht, und in gewisser Weise hat die Cajon-Music auch mit Blues und Rockabilly zu tun. Und das war sein Ding.

Vor sieben Jahren starb dann leider auch Thomas Szalaga. Ein Comeback der ACE CATS dürfte sich damit wohl endgültig erledigt haben, oder sehe ich das falsch?
Das denke ich auch. Christian und seine Frau Petra wohnen noch in Unna. Christians Schwester Tina, die mit uns gesungen hat, ist auch kürzlich verstorben, so dass nur noch die beiden und ich übrig sind. Tja, damit lohnt sich kein Revival mehr.

Du hast stattdessen jetzt die Band, von der ich ja eingangs sprach, und da ist es ja sehr spannend mal zu erfahren, wie es denn da wohl weiter gehen wird. Was habt ihr denn für die nahe Zukunft geplant? Wird es ein Album geben? Wird es eine Tour geben? Wie sieht es aus?
Eine Tour sicherlich nicht. Dafür bin ich jetzt zu alt. Eine Deutschland-Tournee zu begehen … dazu habe ich keine Lust mehr. In Köln werde ich sicherlich hier und da mal auftreten, aber es wird kein Marathon sein. Ich hoffe aber, dass ich die beiden zuletzt von mir geschriebenen Songs bis Ende des Jahres fertigstellen kann. Das sind noch zwei Lieder, die ich hier im Studio habe, und dann werde ich außerdem auch das, was ich in den letzten zwei Jahren musikalisch gemacht hab, hoffentlich Anfang des neuen Jahres auf Vinyl rausbringen können.

Oh, Du planst die VÖ einer Schallplatte?
Ja

Möchtest du Deine Band an dieser Stelle kurz vorstellen? Wer spielt denn mit dir zusammen?
Das sind Ruud Smeets an der Gitarre und Dieter Breiing am Bass, und jetzt haben wir auch noch am kleinen Schlagzeug Wolly Düse dabei. Das sind alles Leute, die in der Nachbarschaft wohnen und ich bin sehr froh, dass ich die hab um mit ihnen meine musikalischen Ambitionen weiter frönen zu können.

Du machst Musik aber jetzt ausschließlich rein aus dir heraus und nicht mehr aus irgendwelchen Antrieben von außen, oder?
Der Grund ist ganz einfach: Ich mache es, weil ich gerne singe und weil ich die Musik immer noch gut finde. Blues, Rock'n'Roll, Country … das sind halt meine musikalischen Eckpunkte und ab und zu höre ich mich mal gerne auch singen (lacht) und höre die Anderen gerne dazu spielen. Ich freue mich, wenn dabei einer mitmacht. Und wenn es dann am Ende auch noch gut klingt - auch auf der Platte - dann ist es umso schöner.

Dafür drück ich dir die Daumen und wünsche dir viel Spaß.
Vielen Dank, ich danke dir.



Interview: Christian Reder
Bearbeitung: Andrea Bogumil
Fotos: Archiv Markus Fräger (u.a. von Reiner Kluth)






Clip: "Love Is A Pleasure"




   
   
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