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Interview vom 19. April 2019



Die Arbeitslosen Bauarbeiter stehen seit 20 Jahen für gute, handgemachte und ehrliche Musik. Hauptsächlich Punk, gepaar mit zahlreichen anderen Einflüssen, und mal kritischen, nachdenklichen oder einfach lustigen Texten. Aus der Chemnitzer Musikszene sind sie nicht mehr wegzudenken. Doch auch beispielsweise in Hamburg und Berlin haben sie sich eine Fangemeinde erspielt.001 20190420 1179379506 Jetzt steht die Veröffentlichung ihres sechsten Studioalbums "Musique Roulette" kurz bevor (Rezension siehe HIER). Unsere Kollegin Antje hatte vor der Veröffentlichung die Gelegenheit mit dem Sänger der Band, MMB Friedhelm, über eben dieses neue Album zu reden, ein wenig in die Bandgeschichte einzutauchen und dabei einiges mehr zu erfahren ...




Lieber Friedhelm, ihr veröffentlicht das sechste Studioalbum. Wie fühlt es sich an?
Hallo liebe Antje! Ja, das fühlt sich natürlich großartig an! Es ist immer etwas ganz Besonderes, wenn so eine CD, so ein Album dann endlich fertig ist - ein erhebender Moment, das Teil zum ersten Mal in der Hand zu halten, die Platte anzuhören, dabei durch das Booklet zu blättern und sich über das neue "Baby" freuen zu können. Da steckt ja eine Menge Arbeit dahinter, und in dem Moment fällt eine Menge Last von einem ab - die Freude ist riesig!

Gibt es für dich einen roten Faden innerhalb der CD?
Der rote Faden sind in erster Linie mal wir als Band. Wir haben 16 Songs auf die Platte gebracht, die seit dem letzten Studioalbum mit deutschsprachigen Songs - denn zwischendurch kam mit "Tasty Tuesday Tunes" ja noch 'ne Platte auf Englisch - entstanden sind. Wir sind schon ein bisschen stolz darauf, dass wir eine gewisse musikalische Vielfalt dabei erreicht haben, die uns dann auch zum Namen "Musique Roulette" verleitet hat ... von daher gibt es nicht DEN roten Faden musikalisch oder textlich in den Songs. Es ist natürlich immer der ureigene "Bauarbeiter-Sound", aber mal mehr und mal weniger punkig, rockig, mal 'ne Prise Ska, ja sogar etwas "Carribian-Flair" kann man hören, bis hin zu einem Hauch von Jazz. Thematisch mal lustig und manchmal nachdenklich. Du merkst schon, da kommt die Begeisterung gleich wieder mit raus, denn ich denke schon, dass wir hier ein ganz ordentliches Spektrum verschiedener Einflüsse einfangen konnten. Wir nehmen den Hörer mit durch Spaß und Ernst, und ich denke man kann die Platte durchaus mehrfach hören.

Hast du einen Favoriten?
Nein. Sie sind alle geil - was soll ich sagen?!

002 20190420 1342094571Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit Mazze Wiesner?
Mazze kenne ich als Musiker seit ein paar Jahren, und in dieser Zeit sind wir sehr gute Freunde geworden. Ich schätze ihn wirklich sehr als Mensch, als Freund, für seine Persönlichkeit und natürlich habe ich eine große Hochachtung vor seinem musikalischen Schaffen. Mazze ist ein von Gott geküsster Vollblutmusiker. Bereits im Vorfeld unseres zwanzigjährigen Jubiläums meiner Die Arbeitslosen Bauarbeiter waren wir schon mal ins Gespräch gekommen, dass es eine tolle Idee wäre mal zusammen einen Song zu machen. Das haben wir dann in die Tat umgesetzt und "Im Land der Dichter und Denker" geschrieben. Ein Song, auf den ich wirklich stolz bin. Als Fan von Mazze ist es natürlich eine große Ehre, dass er auf unserer Platte mit singt und Gitarre spielt!

Woher holt ihr euch die Inspirationen, wenn ihr schreibt?
Die Texte der Platte stammen aus meiner Feder - bis auf eben die "Dichter und Denker", wo der Text von mir und Mazze geschrieben wurde. Inspiration schenkt mir das Leben. Ich sauge Momente auf und verarbeite sie. Manchmal kommt mir einfach eine Zeile in den Kopf, die darin solange herumgeistert, bis ich 'nen Text drumrum gebastelt habe. Manchmal beobachtet man Menschen und erhält dadurch Ideen für ein Lied. So ging es mir beispielsweise mit "Was Liebe ist". Den Text habe ich in einer Kneipe in Hamburg geschrieben. Am Nachbartisch saß ein junger Mann, im Gespräch mit seinem Vater. Sie sprachen über Liebe und die Frau fürs Leben, die Sehnsucht nach Geborgenheit, die Anstrengungen und das Bemühen, dass man bereits auf sich genommen hatte, das vollkommene Familienglück zu finden. Ich hab eigentlich einfach nur mitgeschrieben, und hatte 'nen neuen Song.

Für mich ist die Platte in Bezug auf Eurer Entwicklung im Übrigen ein großer Sprung nach vorn.
Vielen Dank! Das sehe ich auch so, und sollte ja auch so sein ... Jede Platte ist ein neues Kapitel, eine neue Zeitscheibe, ist wie ein Tagebuch einer Band. "Musique Roulette" ist das sechste Studioalbum und gleichzeitig die 15. Veröffentlichung der Bauarbeiter. Ich denke, man kann anhand dieser Werke durchaus eine Entwicklung sehen, und die neue Platte ist davon sicherlich ein Höhepunkt.

Den Opener "Das erste Lied" finde ich als Begrüßung sehr gut.
Genauso ist der Song ja auch angelegt. Es ist als Künstler natürlich wichtig, dass es Menschen gibt, die sich dafür interessieren. Es ist keine Selbstverständlichkeit - erst Recht nicht in heutiger Zeit, in der Musik so vielfältig im Übermaß vorhanden ist - dass so eine Platte dann gekauft wird.003 20190420 1448059869 Wir sind dankbar für jeden Hörer, und möchten das entsprechend wertschätzen. "Das erste Lied" holt den Hörer direkt ab: "Herzlich Willkommen und guten Tag. Wir wünschen Euch 'ne schöne Zeit, viel Spaß." Da ist alles gesagt ... Zurücklehnen, die Anlage aufdrehen und eine Stunde lang genießen!

"Immer nur Fernsehn" - richtet sich das gegen die allgemeinen Berieselung durch die Medien?
Das kann man so sehen, ja ... Ich hab bisher verschiedene Interpretationen zum Lied gehört, was ich natürlich auch interessant finde, denn man hat ja selbst eine Vorstellung davon, was ein Lied aussagen soll. Schön, wenn es dann unterschiedliche Betrachtungsweisen gibt, manchmal auch welche, mit denen man gar nicht gerechnet hat. Meine Kinder beispielsweise haben mich darauf angesprochen, ob das Kritik an ihnen hinsichtlich zu viel TV-Konsum sein soll. Ist es natürlich nicht ... Ich wollte eigentlich die Geschichte von einem Workaholic erzählen, der ein ganzes Leben lang gearbeitet hat, nie Urlaub gemacht hat, den Kopf immer in der Firma hatte und eben nie eine Auszeit genommen hat, bis das Maß überschritten ist und er im Grunde genommen ins Gegenteil verfällt und zur Couch-Potato mutiert. Ein klassischer Burnout.

Du hattest den Song schon angesprochen: "Im Land der Dichter und Denker" klingt sehr sozialkritisch.
Das Lied spiegelt Mazzes und meine Gedanken zur aktuellen gesellschaftlichen Situation wieder, in der die für unser Empfinden aufgeheizte politische Stimmung zu einer Spaltung führt. Dabei geht eine gesunde Diskussionskultur verloren. Mit dem Lied wollen wir zum Denken anregen: Redet miteinander! Es ist völlig okay, wenn man nicht einer Meinung ist. Im Moment herrscht so eine "Bist Du nicht für uns, bist Du gegen uns"-Atmosphäre. Das entzweit die Menschen und macht die Gesellschaft anfällig für einfache Phrasen, Parolen und Polemik. Besinne Dich Deines eigenen Verstandes, bewerte für Dich selbst und bilde Dir Deine Meinung. Dazu möchten wir mit diesem Text anregen.

Warum wurde die Veröffentlichung des Albums von November auf April verschoben?
Der Plan war in der Tat, die Platte im November 2018 pünktlich zum 20. Bandjubiläum zu veröffentlichen. Manchmal entscheidet jedoch das Leben, und so kam es bei verschiedenen organisatorischen Dingen rund um die Platte zu Verzögerungen, dass der Termin nicht gehalten werden konnte.

Was erwartet eure Fans zu der Releaseparty am 27. April 2019 im CityPub Chemnitz? Wer schon mal bei den Bauarbeitern zum Konzert war, der weiß auf jeden Fall schon mal eins: Die Jungs sind in Spiellaune! Wir haben uns ein schönes Programm ausgedacht und werden "Musique Roulette" komplett und am Stück spielen! DAS wird es so oft nicht geben, also denke ich,004 20190420 1337003283 das ist schon mal was Besonderes. Der CityPub hat seine eigene, schöne Atmosphäre, und ich mag diese kleinen Clubs, in denen man dem Publikum ganz nah ist. Wir feiern unser neues Baby, und freuen uns auf 'ne geile Party mit Freunden, Fans und Wegbegleitern.

Kommen wir jetzt mal zu 20 Jahre DAB. Du bist, was die Besetzung angeht, die einzige Konstante. Damit bist du das Urgestein der Arbeitslosen Bauarbeiter.
Das kann man so sagen, ja ... Ich hab die Band 1998 mit meinem besten Freund Hank gegründet und bin seit dem die einzige Konstante in der Bandbesetzung, und damit auch so ein bisschen das Zugpferd.

Wie würdest du die Entwicklung der Band selbst beschreiben?
Hank hat sich damals ein Schlagzeug gekauft, obwohl er nie einen Stick in der Hand hielt. Ich wusste immerhin schon, wie man sich 'ne Gitarre umhängt. Wir haben also absolut bei Null angefangen, und ich hätte wohl selbst nicht gedacht, dass ich das mal zwanzig Jahre lang machen und dabei so viele Songs schreiben würde. Wie vorhin schon erwähnt, hat man sich von Album zu Album weiterentwickelt. Wir hatten immer sehr viel Spaß an der Musik, und Live-Auftritte sind natürlich das Herzstück im Leben einer Band. In unseren besten Zeiten hatten wir über 60 Gigs im Jahr - wohlgemerkt alles in Eigenregie. "Do it yourself", wie man so sagt ... In all den Jahren hat sich da aber auch einiges geändert. Viele Clubs haben wir sterben sehen müssen, unser Publikum hat sich etwas geändert, da wir heute nicht mehr den räudigen Punk wie in unseren Garagen-Anfangsjahren spielen. Ja, und etwas älter geworden sind wir auch, da fallen so einige Jugendclubs dann schon mit weg, in denen man sonst immer gespielt hatte. Dafür kamen in den Jahren größere Sachen wie auch mal Stadtfeste und das ein oder andere Festival dazu. Ohne eine richtige Booking-Agentur bekommt man an manchen Stellen jedoch einfach keinen Fuß in die Tür. Das ist etwas schade, und deshalb sind die Konzerte in den letzten Jahren leider auch weniger geworden.

Ohne die Leistung anderer Bandmitglieder oder Vorgänger schmälern zu wollen, finde ich dass Thumbmaster Thomas die Band besonders nach vorn gebracht hat ...
Jeder bringt sich ein mit dem was er kann und formt so die Musik und die Band mit. Thomas hat ein sehr feines Gespür für Musik, er hat eine wunderbare Stimme, spielt einen melodiösen Bass und ist ein Virtuose am Keyboard,005 20190420 1715969019 das auf der Platte auch bei ein paar Songs zum Einsatz kam. Er ist eine musikalische Bereicherung für die Band, keine Frage. Deshalb sind wir auch sehr froh, ihn bei uns an Bord zu haben.

Wo siehst du euch in ein paar Jahren?
Das ist schwer zu sagen. Wir haben uns jetzt erst mal für "Musique Roulette" verausgabt, und sehen uns im Grunde vor einer - wie ich finde - grotesken Situation, dass wir einerseits ein neues Album rausbringen, andererseits keine richtige Tour dafür haben. Das "Do it yourself" ist hier eindeutig an Grenzen gestoßen. Wie ich vorhin schon habe durchklingen lassen, ist gerade das Booking immer schwerer geworden. Die Release Party ist jetzt erst mal das einzige anstehende Konzert. Das ist einerseits etwas schade. Andererseits sage ich immer, es passiert nichts umsonst, und manchmal zeigt das Leben einem den Weg. Ich glaube dieser Weg führt jetzt erst mal zu einer kleinen Denkpause für uns. Ich sehe das Album als einen schönen Abschluss im Moment. Wir haben alles rein geworfen, was wir an Ideen, Ehrgeiz, Zeit und Energie dafür geben konnten. Das Ergebnis ist ein Höhepunkt in der Bandgeschichte, und ich glaube wir sind bereit für eine Auszeit. Ich werde natürlich gern mitnehmen, was ggf. an Konzertanfragen kommen wird - wenn unsere Fans uns rufen sind wir da. Das war schon immer so, deshalb haben wir auch schon bei vielen Familienfeiern, Hochzeiten und Polterabenden gespielt. Die Nähe zu unserem Publikum war uns immer sehr wichtig, und wenn wir gerufen werden, werden wir da sein. Ich habe aber im Moment keine Kraft und Zeit, mich selbst aktiv um Tour-Booking zu kümmern und brauche davon etwas Abstand. Ich habe lange gebraucht das zu sehen, und mich auch eine Zeit lang gegen diesen Gedanken gewehrt. Ich denke aber, dass wir auch dafür erst mal diesen Abstand brauchen. Es hat jeder andere Vorstellungen davon, was er für die Band geben kann. Das ist völlig okay. Ich für mich habe das Gefühl, mich für die Bauarbeiter ausgebrannt zu haben, und ich muss dafür meinen Akku erst mal aufladen.

Ich war ja schon bei einigen Konzerten von euch dabei und muss sagen, live kommt ihr klasse rüber und holt das Publikum ab.
Ich wollte nie in einer Band spielen, die nur im Proberaum steht und mit einem Band-Jam zufrieden ist. Live vor Publikum zu spielen ist die Krone des Musikmachens. Das Gefühl, Energie zu geben und im gleichen Zug Energie des Publikums auf sich wirken zu lassen,006 20190420 1965878803 kann magisch sein. Bauarbeiter Konzerte sind 110% Herzblut vom ersten Ton an, und natürlich versuchen wir direkt das Publikum anzusprechen und einzubeziehen - das ist ein Geben und Nehmen.

Möchtest du den Lesern unseres Magazins am Ende dieses Interviews noch etwas mit auf den Weg geben?
In erster Linie möchte ich Euch etwas mitgeben: Musik und Kunst können nur leben, wenn Menschen davon erfahren und sie erleben können. Dafür sind Plattformen wie Deutsche-Mugge.de eine tolle Gelegenheit. Vor allem kleine Bands haben so die Möglichkeit, sich einer breiten Masse und bestenfalls neuem Publikum vorzustellen. Ihr leistet damit sowohl für Eure Leser als auch für die Bands einen wichtigen Beitrag. Dafür kann man nicht genug Danke sagen: Vielen Dank dafür! Allen jungen Musikern, die hier ggf. mitlesen, möchte ich den Mut zusprechen, ihren Traum zu leben! Macht das was ihr macht mit Herzblut und geht Euren eigenen Weg! Liebe Musikfreunde/innen: Geht zu Konzerten, unterstützt die Bands aus Eurer Stadt - es gibt so viele tolle Künstler da draußen! Ja, und kauft unsre neue Platte! "Musique Roulette" - Ein Album für die Ewigkeit! Danke für Eure Aufmerksamkeit! MMB Friedhelm



Interview: Antje Brandt
Bearbeitung: cr
Fotos: Doreen Schmitt (Pressematerial der Band)






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