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Interview vom 17. März 2020



Die Tageszeitung "Die WELT" nannte sie mal die "White Stripes von der Waterkant", man könnte aber auch sagen, die TÜDELBAND ist Hamburgs knackige Antwort auf BAP. Und wenn man an BAP denkt, denkt man sofort an Untertitel, die man beim Zuhören von Niedecken beim Vortrag seiner Lieder unbedingt angezeigt bekommen möchte. Ihr könnt es Euch vielleicht schon denken: Es geht bei der TÜDELBAND auch um die besondere Art und Weise, wie dem Publikum die Songinhalte gereicht werden.001 20200320 1493488825 In "oberflächlichen" Zeiten, in denen die Masse der Hörer doch lieber leichte Kost bevorzugt, bei der man nicht viel denken muss, während sich das einfach gestrickte Zeug übers Smartphone angehört wird, ein riskantes Unternehmen, diese Leute da draußen auch noch mit einem Dialekt zu verwirren. Wer sich hier und heute in der Musik also noch traut, seine Musik in Mundart zu machen, muss schon kerngesund sein oder ein Überzeugungstäter. Die Musiker der TÜDELBAND, Miriam "Mire" Buthmann und Malte Müller (der offenbar zum gleichen Friseur geht, wie Angelo Branduardi), haben da keinerlei gesundheitliche Beeinträchtigungen, und machen ihre Musik so nun schon im elften Jahr. Sie trauen sich seit 2009 in direkte Nähe des heißen Eisens, um es anzupacken. Die Niederdeutsche Sprache - auch "Plattdüütsch" genannt - ist ihr bevorzugtes Vokabular, mit dem sie ihre Geschichten erzählen und zu dem sie die Musik erschaffen. Man kennt das vielleicht noch von De Plattfööt aus Mecklenburg Vorpommern oder Ina Müller, die ihre Songs auch schon so angeboten haben, allerdings ist dem Autor dieser Zeilen keine Popband bekannt, die dies über die Grenzen ihrer norddeutschen Heimat hinaus gemacht haben. Ein Singer-Songwriter-Duo mit so jungen Menschen erst recht nicht. Man muss sich also auch als Ruhrpottler, Berliner oder Saarländer mit dem auseinandersetzen, was Mire und Malte den Leuten da ins Ohr tragen. Hinhören und Spaß haben könnte das Motto der Band sein, und zugleich eine Einladung, sich auch als Hörer etwas zu trauen. Und das funktioniert, denn sie spielen längst nicht mehr nur in Hamburg. Am 27. März 2020 erscheint mit "AHAB" nun ein ganz besonderes Album der TÜDELBAND. Es handelt sich dabei um ein Hörspiel mit Soundtrack, den das nordische Duo auf CD und Vinyl veröffentlichen wird. Genug Gesprächsstoff, den wir da für das Treffen mit Mire knapp eine Woche vor VÖ und mitten in der "Corona-Virus-bedingten" Absageflut aller Konzerte und Tourneen im ganzen Land hatten ...




Fangen wir doch mal beim herausstechendsten Merkmal der TÜDELBAND an, nämlich der für den Transport der Inhalte gewählten Sprache. Ihr macht Eure Songs auf Plattdeutsch, einer schon seit Jahren vom Aussterben bedrohten Sprache. Warum fiel die Wahl ausgerechnet auf diesen Zungenschlag, der ja nun wahrlich nicht für jeden verständlich ist?
Erstmal kommen wir beide aus Norddeutschland. Von daher liegt es nahe, diese Sprache zu wählen. Es gibt heute noch relativ viele Leute, die Plattdeutsch zumindest verstehen, auch wenn sie es im Alltag nicht unbedingt schnacken können. Aber verbreitet ist es durchaus noch. Wir hatten schon immer Lust auf diese Sprache. Als Kinder haben wir kein Plattdeutsch gelernt, aber später dann über die Musik den Zugang gefunden.

002 20200320 1109648914Limitiert man sich damit nicht selbst auf eine überschaubare Gruppe von Zuhörern oder spekuliert man da eher auf den BAP-Effekt, die ja außerhalb von Köln auch keiner versteht, die aber selbst in Bayern und den entlegensten Orten Sachsens gehört und geliebt werden?
Diese Frage stellt man uns von Anfang an, weil ich ja vorher auch schon Musik mit hochdeutschen Texten geschrieben habe. Wie haben aber nie darauf spekuliert, damit viele Leute zu erreichen, sondern uns war wichtig, das auszudrücken, worüber wir singen wollten. Inzwischen denke ich, dass einen das überhaupt nicht einschränkt. Wir sind ja auch dabei, zumindest war das unser Plan, in Dänemark und Holland aufzutreten. Selbst eine Tour durch Bayern haben wir hinter uns, es ist also alles auf dem Weg.

Du sagst gerade, ihr habt schon in Bayern gespielt. Wenn man außerhalb des Nordens auftritt, wie fallen die Reaktionen direkt im Anschluss an das Konzert aus? Bekommt Ihr Nachfragen zu den Inhalten oder sind Eure Zuhörer im Schwabenland genauso vorbereitet wie in Pinneberg?
(lacht) Das ist wirklich ganz unterschiedlich. Grundsätzlich ist es so, dass die Leute Lust haben, unsere Texte zu hören. Natürlich müssen wir im Süden etwas mehr nachhelfen und übersetzen, damit man als Zuschauer die Chance hat, etwas von den Texten zu verstehen. Nach dem Konzert halten wir immer noch einen Klönschnack ab, der anderswo vielleicht "Meet & Greet" genannt wird. Da gibt es für uns immer noch einmal die Gelegenheit, sich mit dem Publikum auszutauschen. Unsere Erfahrungen besagen außerdem, dass vor allem im Süden die Leute zu unseren Konzerten kommen, weil sie nicht nur in musikalischer Hinsicht an uns interessiert sind, sondern vor allem auch gerne Popmusik mit Mundart hören. Natürlich sind dann auch immer ein paar "Exilnorddeutsche" anwesend, die sich riesig freuen, mal wieder ein paar Lieder in ihrer Heimatsprache zu hören.

Werdet Ihr das konsequent weiter so handhaben mit dem Plattdeutsch, oder schließt Ihr für die Zukunft ein Album auf Hochdeutsch oder gar in englischer Sprache nicht aus?
Im Moment schließen wir überhaupt nichts aus, aber eigentlich planen wir, mit der TÜDELBAND weiterhin hauptsächlich auf Plattdeutsch unterwegs zu sein. Wir wollen aber versuchen, vermehrt ein paar unterschiedliche Sachen auszuprobieren. Die Sprache an sich wollen wir aber gerne beibehalten.

Seit 2009 gibt es die TÜDELBAND nun schon, mit der Du in Kürze sogar ein eigenes Hörspiel bzw. einen Soundtrack veröffentlichen wirst. Dazu aber später mehr. Bestand die Band von Anfang an als Duo, zu dem neben Dir noch Malte Müller als Schlagzeuger gehört?
Wir beide waren von Anfang an dabei. Allerdings sind wir mit der TÜDELBAND als Quartett gestartet und haben in dieser Form auch fast acht Jahre lang gespielt. Dann ergab es sich, dass ein Bandmitglied unbedingt eine Weltreise machen wollte, was natürlich mit unserem engmaschigen Tourplan nicht funktionierte. Also mussten wir uns überlegen, was wir nun machen. Ändern wir die Besetzung, suchen wir neue Leute oder wie geht es weiter? Wir schlossen uns eine Woche im Probenraum ein, um zu sehen, ob das Ganze auch als Duo funktionieren kann. Wir fassten nach dieser Woche den mutigen Entschluss, es als Duo zu versuchen und sind mittlerweile darüber sehr glücklich.

Wie hießen denn die Kollegen, die bis 2017 dabei waren?
Die Besetzung hatte sich bis dahin mehrfach geändert. Die beiden, die zum Schluss noch zur Band gehörten, waren Lars Knoblauch und Micha Wegmann. Die beiden spielten Bass und E-Gitarre.

Ihr habt also im Probenraum entschieden, zu zweit weiterzumachen. Das ist natürlich schon ein echtes Unternehmen, wenn man nur noch auf Schlagzeug und Gitarre setzt.
Ganz so ist es ja nicht. Wir habe also nicht nur die beiden Positionen weggestrichen und geguckt, was übrigbleibt, sondern wir haben überlegt, was wir stattdessen machen können, welche Arrangements wir erarbeiten können, die nicht nur schön sind und uns gefallen, sondern die auch etwas Neues bieten. Malte spielt inzwischen ein sehr spezielles Schlagzeug. Mit dem linken Fuß spielt er ein Bass-Pedal und bedient damit sozusagen Synth-Bässe. Und ich spiele E-Gitarre.

Kann man von einem Neustart ab 2017 sprechen, denn mit dem Abgang der beiden anderen Kollegen dürfte sich ja auch der Sound, speziell bei den Live-Konzerten, geändert haben?
Vom Klangbild her hat sich das schon mächtig verändert, da hast Du Recht. Auch die Arrangements sind heute andere, es klingt alles noch ein bisschen kompakter als vorher.

Also würdest Du durchaus von einem Neustart sprechen oder eher von einer Weiterentwicklung?
Es ist schon eine deutliche Weiterentwicklung und logische Konsequenz. Wir haben uns ja nicht nur inhaltlich weiterentwickelt, sondern auch musikalisch. Wenn man sich unsere Alben anhört, stellt man fest, da gibt es nicht den wahnsinnigen Bruch, aber einen gewissen Unterschied kann man schon feststellen.

Du bist Miriam "Mire" Buthmann, schreibst die Songs, singst und spielst Gitarre bei der TÜDELBAND. Wo genau bist Du zuhause? Oder wie man bei uns im Ruhrgebiet sagen würde: Wo kommst Du wech?
(lacht) Zuhause bin ich im Moment in Hamburg auf St. Pauli. Aufgewachsen bin ich aber in Schleswig-Holstein.

Wie sieht Dein Werdegang aus? Hast Du das erlernt, was Du mit der TÜDELBAND seit 2009 machst? Oder anders gefragt: hast Du Deine Künste an Gitarre und Mikrofon durch Unterricht bzw. Musikstudium veredelt oder bist Du ein Autodidakt?
Beides. Ich habe natürlich nicht erst gestern angefangen. Klar, ich hatte im Laufe meines Lebens viel Unterricht, aber ich habe mir tatsächlich auch manches autodidaktisch beigebracht. Man ist ja selbst nach einem Musikstudium nicht fertig, sondern es geht immer weiter, man guckt immer nach links und rechts. Ich schaue halt ständig nach anderen Einflüssen und neuen Sounds und bringe mir dann das eine oder andere selber bei.

Ist Musikerin Dein Hauptberuf oder verdienst Du Deine Brötchen noch mit einem "bürgerlichen" Beruf?
Wir sind beide Berufsmusiker. Im Moment ist das mit dem Brötchenverdienen nicht ganz so einfach, wie Du Dir denken kannst. Wir sind nämlich grundsätzlich darauf angewiesen, möglichst viele Konzerte zu spielen.

Standen für Dich denn nach der Schule in beruflicher Hinsicht noch andere Alternativen auf dem Zettel oder war von vornherein klar, dass Du Deine Gitarre nimmst und Musik machst?
Ja, das war sehr schnell sehr klar.

Mit Malte verbindet Dich unter anderem, dass er ebenfalls aus Schleswig-Holstein stammt. War bei ihm die Musik auch die erste Option?
Absolut. Deshalb hat Malte auch Schlagzeug studiert.

Wie habt Ihr beide Euch kennengelernt und wie ist die TÜDELBAND entstanden?
Wir haben uns ganz klassisch in Hamburg über die Musik kennengelernt. Meine Idee war, dass wir mal probieren, ein paar Songs auf Plattdeutsch zu machen und vor allem auch ganz viel live zu spielen. Dann schaute ich mich um, wer Lust hätte mitzumischen. Es war natürlich ein Glücksfall, dass Malte von Anfang an dabei war und immer noch richtig viel Spaß daran hat.

Malte und Du, Ihr beide habt also gesagt, wir gründen jetzt mal eine Band und dann habt Ihr Euch die passenden Musiker gesucht?
Na ja, ganz so einfach war es nicht, aber rückblickend kann man das schon so sagen und stehenlassen.

Bei der Namensgebung warst Du ja sicher auch beteiligt. In Hamburg kennt man das Lied der Gebrüder Wolf "An de Eck steiht'n Jung mit'n Tüddelband". Für den Rest des Landes dürfte die Nummer eher unbekannt sein. Hat dieses Lied bei der Wahl des Namens für Eure Band eine Rolle gespielt oder liegt die Idee dazu ganz woanders?
Ja, es ist schon so, dass es sich auf dieses Lied bezieht. Dahinter steckt ja auch eine interessante Geschichte. In Hamburg und Umgebung hatte sich das Lied sehr schnell verbreitet und sollte unter der Nazi-Diktatur wieder verboten werden, was aber glücklicherweise nicht funktioniert hat. Wir haben unsere Band dann nach diesem Lied benannt.

Wenn ich das richtig überblicke, bringt Ihre Eure Platten seit eh und je in Eigenregie auf den Markt. Ihr hattet also bisher kein großes Label, bei dem Ihr unter Vertrag standet.
Das stimmt.

Wer steckt denn hinter dem treffenden Namen Fischplatte? Dieses Label hat nämlich bisher ausschließlich Eure Platten in Umlauf gebracht.
Nein, das stimmt nicht. Die ersten Platten erschienen zwar beim Label Fischplatte, das ist richtig. Dahinter steckt ein befreundeter Musiker, der uns das Label für unsere ersten CDs zur Verfügung stellte. Inzwischen habe ich aber mein eigenes Label, welches "Plattenteller" heißt. Auf diesem Label bringen wir jetzt seit einiger Zeit unsere CDs heraus.

Wie kam es denn im Jahr 2012 überhaupt zu Eurer ersten Albumveröffentlichung mit dem Titel "Nieland"? Vorher gab es auch schon eine Demo-CD, aber "Nieland" war wohl das erste echte Album der TÜDELBAND, oder?
Es gab 2009 die Demo-CD und 2010 eine EP mit dem Namen "Söven Daag", ehe 2012 "Nieland" folgte.

Wer hat Euch dabei unterstützt? Und wie wurde aus der Idee, dieses Album machen zu wollen, am Ende tatsächlich ein Album?
Wir haben von Anfang an extrem viele Konzerte gespielt, was letztlich die Voraussetzung war, ein Album aufnehmen zu können.

Inzwischen habt Ihr drei Studioalben, ein Livealbum und diverse EPs aufgenommen. Könnt Ihr anhand der Verkaufszahlen sagen, welche dieser Publikationen die erfolgreichste war? Und nehmen Eure CDs auch an den Wertungen teil, die letztlich zu den Top 100-Albumcharts führen?
Nein, zu den Albumcharts sind wir noch nicht vorgedrungen, doch das ist für uns auch nicht so wahnsinnig wichtig. Für uns zählt, dass wir die Leute erreichen, die sich für unsere Musik interessieren. Wir wollen einfach auf den Stand kommen, dass wir jederzeit weiterarbeiten können und dass die ganze Sache an sich weiterwachsen kann. Und da kann ich definitiv sagen, dass es mit jedem Jahr und mit jeder Platte, die wir gemacht haben, aber auch anhand der gemachten Erfahrungen Stück für Stück gewachsen ist und immer weiterwächst.

007 20200320 1456410075Gilt das auch für den Publikumszuspruch?
Auf jeden Fall.

Es scheint also nicht Euer vorrangiges Ziel zu sein, sich an blanken Zahlen zu orientieren?
Also es ist mir schon wichtig, möglichst viele Leute zu erreichen. Aber es ist nicht die Hauptsache, irgendwelche Zahlenvorgaben zu schaffen. Für mich zählt viel mehr, dass die Leute, die zu unseren Konzerten kommen - egal, ob es zwanzig oder eintausend sind - mit anderen Empfindungen rausgehen als sie reingekommen sind.

Jetzt haben wir ganz viel über die Band gesprochen, so dass es Zeit wird, auch ein bisschen über die Musik zu reden. Beschreibe doch mal mit Deinen Worten, wie Du die Musik der TÜDELBAND einsortieren würdest. Der Deutsche möchte ja immer alles gerne in Schubladen stecken. Was macht Ihr für Musik und worauf legt Ihr besonderen Wert?
Ganz einfach gesagt, machen wir Platt-Pop. Also Popmusik mit plattdeutschen Texten. Das ist musikalisch erstmal ganz weit offengehalten. Die Arrangements sind sehr detailreich und wir basteln ständig an neuen Sounds und Möglichkeiten, um herauszufinden, wie man als Duo wie eine ganze Band klingen kann. Es ist auf jeden Fall komplett handgemachte Musik und wir spielen live alles selber, es kommt also nichts aus der Konserve. Ansonsten kann man sagen, wir machen eine gelungene Mischung aus akustischen und elektronischen Elementen.

Nun steht ja die Veröffentlichung des von mir eingangs schon erwähnten Hörspiels und Soundtracks unter dem Namen "Ahab" an. Wird das alles planmäßig stattfinden oder wurde die Veröffentlichung wegen der Corona-Geschichte verschoben?
Ja, die Veröffentlichung wird stattfinden, nur eben nicht zum geplanten Zeitpunkt. Das war relativ schnell klar. Insgesamt haben wir über vier Jahre an dem Album gearbeitet. Es ist aber nicht nur einfach unser nächstes Studioalbum,008 20200320 1772495670 sondern es ist gleich ein ganzes Hörspiel. Das Ganze besteht aus drei CDs, von denen zwei das von uns selbst produzierte Hörspiel und die darin eingebundenen Songs enthalten. Auf der dritten CD befinden sich dann die reinen Lieder als Soundtrack.

Die ursprünglich für den 26. März vorgesehene Release-Party findet ja jetzt leider nicht statt ...
Genau, aber damit hört es ja nicht auf, denn wir hatten eigentlich eine ganze Tour zum Album geplant. Für die Release-Party in Hamburg wollten wir mit der Barkasse "Frau Hedi" durch den Hafen fahren, weil das wunderbar zu dem Stück gepasst hätte. Das kann also leider in dieser Form nicht stattfinden. Aber es gibt bereits einen neuen Termin, und zwar ist das der 29. Juli 2020. Wir hoffen, dass sich das Ganze bis dahin soweit beruhigt hat, dass wir an diesem Tag unsere Release-Party endlich starten können. Und dann wird richtig gefeiert!

Euer Terminplan war für März, April, Mai und Juni gut gefüllt, selbst Auslandstermine waren dabei. Davon dürfte das meiste jetzt wohl ausfallen. Gibt es denn für den einen oder anderen Gig bereits Ersatztermine oder wird die Tour komplett verschoben?
Wir sind gerade mit Hochdruck dabei, nach Ersatzterminen Ausschau zu halten. Da wir aber jeden Termin einzeln mit den Veranstaltern abklären, ist es sehr schwierig, eine komplette Tour nahtlos zu verschieben. Ja, es gibt schon manche Ersatztermine, die man auf unserer Webseite findet. Natürlich bleiben wir dran und aktualisieren auch alle anderen Termine, die bisher noch keine Berücksichtigung gefunden haben.

Das ist sicher ein Riesenaufwand.
Auf jeden Fall. Es ist also nicht so, dass wir Musiker nichts zu tun hätten, nur weil unsere Konzerte abgesagt wurden. Ganz im Gegenteil.

Wir hatten eben kurz erwähnt, dass das neue Album "Ahab" heißen wird. Das erinnert mich an "Käpt'n Ahab". Bitte erzähle unseren Lesern mal kurz, worum es in dem Hörspiel geht und welche Idee dahintersteckt.
Der Name bezieht sich tatsächlich auf den Käpt'n Ahab aus Moby Dick. In unserem Fall ist das "Ahab" aber eine Hamburger Hafenkneipe, die als Zufluchtsort für alle möglichen bunten Gestalten aus der Gesellschaft dient. Es geht darum, dass es einen Hamburger Taxifahrer mit dem wunderbaren Namen Carl-Gustav Wagner-Rabotnik gibt. Der droht gerade arbeitslos zu werden. Er sitzt nun alleine im Hamburg am Fischmarkt rum und sinniert über sein Leben. Auf die Art lernen wir verschiedene Figuren kennen und verfolgen in dem Hörspiel ihre Schicksale. Das sind alles Figuren, die wir aus unserem Alltag kennen, die von der Straße kommen, aus der Kneipe oder dem Büro. Dazu kommt, dass am Hamburger Elbstrand ein weißer Walfisch strandet und man sich fragt, wie jetzt damit umzugehen sei. Es gibt dann noch drei Geister, die sich zusammentun und den Menschen Rache schwören für ihren Umgang mit der Umwelt und auch dafür, dass sie die Geister nicht mehr ernst nehmen.

Wer hat diese Geschicht geschrieben?
Die Geschichte stammt vom Autor G.A. Beckmann. Er arbeitet in Berlin für das Theaterkollektiv "Girl to Guerilla". Wir wollten ohnehin schon lange mal wieder ein gemeinsames Projekt machen und haben uns zusammengetan. Das Theaterkollektiv macht sehr modernes Theater in Berlin und wir produzieren Popmusik mit plattdeutschen Texten. Da mussten wir also erstmal Gemeinsamkeiten finden. Wir sind uns dann irgendwo in der Mitte begegnet und haben dieses wahnsinnige Hörspielprojekt miteinander gestartet. Der Text für das Hörspiel stammt von G.A. Beckmann. Ein Teil der Charaktere, etwa die Hälfte, spricht dabei Plattdeutsch, die andere Hälfte Hochdeutsch, ein Teil davon auch mit Berliner Einschlag.

In welchem Verhältnis steht der Soundtrack dazu? Ich nehme mal an, die Musik ist nicht direkt ins Hörspiel eingebettet, sondern die gibt es separat dazu?
Unsere Arbeitsweise war so, dass G.A. Beckmann zu Songs, die von unserer Seite bereits vorlagen, anfing, die Hörspieltexte zu schreiben. Im Laufe der Arbeit stellte sich aber heraus, dass es doch viel schöner wäre, zu diesen ganzen Gestalten, die sehr speziell und besonders sind, neue Songs zu schreiben, die sich direkt auf die Handlung des Hörspiels beziehen. Dann habe ich mich also hingesetzt und ein ganzes Album nur für das Hörspiel geschrieben. Diese Songs sind wirklich ins Hörspiel eingebunden, zum Teil in Ausschnitten, zum Teil liegt die Musik atmosphärisch unter den gesprochenen Texten. Sollte sich aber jemand nur die reinen Songs anhören wollen, finden er diese auf der dritten CD in voller Länge.

Auch wenn das Release-Konzert nach der Verlegung erst im Juli stattfindet, frage ich mich heute schon, ob Ihr Musik und Hörspiel gemeinsam auf die Bühne bringen wollt, oder wie wird das ablaufen? Kannst Du dazu schon etwas sagen?
Wir haben verschiedene Formate ausprobiert. Zum Großteil werden wir im Laufe des Jahres weiterhin Konzerte als Duo spielen. Aber ein paar Szenen des Hörspiels wollen wir auch einfließen lassen, wollen quasi die Formate ein bisschen miteinander vermischen. Teilweise wird G.A. Beckmann auch dabei sein, dann wird er ein paar Leute seines Theaterkollektivs mitbringen, so dass sich der Performance-Anteil des Hörspiels erhöhen wird. Konzert und Theater bilden dann sozusagen eine Einheit.

Eine komplette Aufführung des Stücks ist also zunächst nicht geplant?
Ich plane das zumindest ein. Aber die komplette Aufführung wird vermutlich erst 2021 stattfinden.

Wie verbringt Ihr denn die ungeplante Freizeit in Zeiten der Corona-Krise? Folgt vielleicht im Herbst gleich ein neues Doppelalbum oder lässt man stattdessen lieber die Füße baumeln und wartet darauf, dass man eventuell im Herbst wieder vor die Tür kommt?
Mal sehen. Natürlich haben uns die ganzen Konzertabsagen und der Ausfall unseres Release-Konzertes hart getroffen. Das war ein richtiger Schock und wir waren ganz doll traurig, da wir ja schon lange darauf hingearbeitet hatten. Aber es lässt sich halt nicht ändern und wir müssen sehen, wie wir am besten damit umgehen. Wichtig ist zu schauen, welche Termine wir verschieben können. Auch wollen wir den Leuten, die sich auf das Album gefreut haben und die Lust haben uns zu unterstützen, die Gelegenheit geben, das Album wenigstens über unseren Shop auf der Webseite der TÜDELBAND zu bestellen. Das sind die nächsten Schritte. Wenn dann neben dem ganzen organisatorischen Aufwand, den ich eben geschildert habe, noch etwas Zeit bleibt, werde ich mich in mein Wohnzimmer setzen und ein neues Album schreiben.

Eine Freundin von mir, die eine Band namens STEINLANDPIRATEN hat, kam aufgrund der Konzert-Verbote auf die pfiffige Idee, ein Wohnzimmerkonzert zu geben und dieses per Stream ins Internet zu senden. Käme so etwas für Euch auch in Frage?
Über solche Dinge denken wir auch gerade nach. Wenn das für uns in Frage käme, müssen wir überlegen, in welcher Form man das machen könnte. Aber ich will da nichts übereilen und ich glaube, für solche Entscheidungen bleiben uns noch ein paar Tage Zeit.

Ich wünsche Euch auf jeden Fall alles Gute für die neue Platte und dass Ihr schnell wieder auf die Bühne könnt. Möchtest Du zum Abschluss noch ein paar abschließende Worte an die Leser von Deutsche Mugge richten?
Es wäre auf jeden Fall für uns und die vielen anderen kleinen Bands schön, wenn man sich kundig macht, welche Tickets man schon für den Herbst oder Winter kaufen kann. Auch über den Erwerb von Merchandise-Artikeln oder von CDs freuen wir uns natürlich riesig. Ansonsten bleibt alle bei guter Laune und seid nett zueinander!



Interview: Christian Reder
Bearbeitung: tormey
Fotos: Pressematerial Band/Plattenfirma

 




GEWINNSPIEL:

Achtung: Zu diesem Interview und dem neuen Album
gibt es ein Gewinnspiel, das Ihr HIER finden könnt ...





   
   
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