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Interview vom 10. Oktober 2018



Elzbieta Steinmetz, genannt "Ela", hat mit ihren gerade mal 26 Jahren schon eine ganze Menge vorzuweisen. Das Abitur noch nicht in der Tasche, mischte sie schon im professionellen Bereich der Musik mit. Zuerst im Hintergrund, dann mit ihrer Band ELAIZA. Im Jahre 2014 stand sie mit dieser Gruppe und dem von ihr geschriebenen Stück "Is It Right" beim Eurovision Song Contest in Dänemark auf der Bühne und vertrat unser Land. Platz 18 von insgesamt 26 teilnehmenden Nationen hieß es am Ende, doch gefühlt war das viel mehr als das.001 20181014 1330315268 Nach drei Studio-Alben mit ELAIZA und einem kleinen Ausflug mit dem ex-PUHDY Dieter "Maschine" Birr will Ela jetzt solistisch durchstarten, und wechselt dafür sogar die Sprache. Ihre erste Solo-Single heißt "Immer noch" (den Clip dazu findet Ihr am Ende dieser Seite) und für 2019 ist ein komplettes Album angekündigt. In dieser frühen Phase ihres "Alleingangs" hatte Deutsche Mugge die Gelegenheit, mit Ela zu sprechen. Es ging natürlich um den ersten Song, aber auch um das geplante Album, Live-Auftritte, die Zukunft von ELAIZA und viele andere Dinge aus ihrer bis jetzt schon ziemlich aufregenden Karriere. Unser Kollege Christian traf eine sehr sympathische, aufgeschlossene und gut gelaunte Künstlerin, die sich beim Beantworten seiner Fragen teilweise so in die Sache hinein steigerte, dass es unüberseh- bzw. unüberhörbar war, wie intensiv sie ihr Leben und auch ihren Beruf lebt. Es wurde viel erzählt und viel gelacht, und das komplette Gespräch steht jetzt für Euch hier zum Nachlesen bereit ...




Wenn ein Bandmitglied - noch dazu die tragende Säule - anfängt, solo zu arbeiten, ist das nicht selten der Anfang vom Ende der gesamten Kapelle. Müssen die Fans von ELAIZA schon Grabkerzen besorgen oder besteht noch Hoffnung, dass die Band weiter existieren wird?
Natürlich gibt es die Band weiter (lacht). Ich war auch gerade mit den Mädels in Afrika. Der Grund für mein Solo-Projekt ist für mich eher ein Ausgleich. Vor zwei, drei Jahren begann ich, viel für andere Künstler zu schreiben, mit den Künstlern zusammen, aber auch allein im Auftrag. Irgendwann entdeckte ich dann auch die deutsche Sprache für mich und so entwickelte es sich, dass ich irgendwann dachte, "Ich mache so viel, ich habe eh keine Ruhe, ich will immer weitermachen, irgendwas muss immer laufen ..." (lacht) Ich brauche immer Bewegung in meinem Leben. Also habe ich gesagt, ich mache jetzt ein Solo-Projekt, weil ich einfach auch so viele deutsche Sachen geschrieben habe. So hat sich das entwickelt. Die Band ELAIZA gibt es weiterhin, aber das sind einfach zwei unterschiedliche Welten.

Die Single heißt "Immer noch", es gibt sie seit Mitte September überall als Download, dummerweise aber nicht physisch auf CD. Wie kam es zu dieser Single?
Die habe ich vor zwei Jahren geschrieben. In meinem Leben hatte sich sehr viel verändert, ich war nach Berlin gezogen, habe angefangen mich weiter zu entwickeln und stellte mir dann die Frage, "Stop, verändere ich mich gerade oder verändern sich nur die Umstände um mich herum?" Durch Freunde, die ich schon mein ganzes Leben lang habe, stellte ich fest, dass ich mich selbst verändere und bekam eine gewisse Panik. Es war aber anders. Quatsch, so lange ich meinem Inneren treu bleibe, ist doch alles gut. Ich finde wichtig, als Frau, als Individuum und als Mensch zu sagen, "Mich interessiert nicht, was andere um mich herum sagen. Ich mache ganz einfach mein Ding."

Bleiben wir mal kurz bei der Art der Veröffentlichung. Folgst Du dem Trend, eine Single nicht mehr zum in die Hand nehmen, sondern nur als Download oder Stream in Umlauf zu bringen oder ist es ein Testballon, um zu sehen, wo man mit seiner Musik steht, bevor man Geld in die Hand nimmt, um in eine Platten- oder CD-Pressung zu investieren?
Eine gute Frage. Es hat von beiden Seiten etwas. Ich entschied mich zunächst erst mal, die Sachen selbst zu veröffentlichen. Ich habe kein Label, weil ich mich nicht verbiegen lassen wollte. Mein Team suchte ich mir selbst und wir nahmen unser Album in Norwegen auf.002 20181014 1018548774 Das Album steht soweit. Wenn es ein Album geben wird, dann wird es das Album natürlich auch physisch geben. Ich bin ein ganz ganz großer Fan von Konzeptalben und finde es sehr schade, dass es mittlerweile viele Sachen nur noch als Download gibt. Für den Anfang wollten wir aber erst mal sehen, wie die Reaktionen sein werden. Aus diesem Grund entschied ich mich, die Sache über den Onlinevertrieb allein zu veröffentlichen.

Beeindruckend bei dieser Single ist der Bombast, der vom Arrangement her in dieser Ballade steckt. Kannst Du kurz erzählen, wie Du Deinen Text hier in Musik gekleidet hast und was für Dich der Gedanke dabei war?
Ich gehe immer nach der Emotion. Meine Musik produziere ich mit dem Produzententeam Truva Music in München. Ich sitze dann immer daneben und stelle mir vor, wie es klingen könnte. Dieser Song zum Beispiel wurde lediglich für Gitarre und Gesang geschrieben. Mehr war da nicht. Ich sitze dann mit den Jungs im Studio und habe eine gewisse Vision. Die zeigt man dann. Und weil ich Musikerin bin, war es mir auch sehr wichtig, dass da auch Live-Instrumente dabei sind. Wir haben zum Beispiel die Keys, Drums und die Gitarren live eingespielt. Also vieles, was heute teilweise schon gar nicht mehr gemacht wird. Deshalb war es mir sehr sehr wichtig, mit großartigen Musikern zusammen zu arbeiten. Ein Gitarren-Solo zum Beispiel - ich liebe Gitarrensoli und es ist verdammt noch mal endlich Zeit, dass Gitarren-Soli zurückkommen ... (lacht) Ferdinand Kirner hat die Gitarren eingespielt, Felix Lehrmann war an den Drums. Also wirklich unfassbar tolle Freunde und Musiker, die einfach Bock hatten, dabei zu sein. Und eben die große Inspiration aus Norwegen: Wir waren in den Ocean Sound Recording Studios, haben dort die Songs produziert und das war wirklich überwältigend. Das war für mich - denke ich mal - mit die schönste Zeit in meinem Leben. Dort gab es sogar eine Orgel und ich dachte nur, "Geil, die ist so fett, die müsste man irgendwie mit einbauen." So kam dieser Sound zustande. Völlig emotional also ...

Du sagtest vorhin schon, dass Du auch für andere Künstler mittlerweile auch Texte auf Deutsch geschrieben hast. Mit ELAIZA werden Inhalte in englischer Sprache transportiert, mit Deiner Single bedienst Du Dich jetzt selbst Deiner Muttersprache. Hast Du Dich von der Zeit mit dem Ex-PUHDY MASCHINE anstecken lassen, mit dem Du ja auch auf Tour warst und für den Du einen Song geschrieben hast, oder hat dieser Sprachwechsel andere Gründe?
Es war wirklich schleichend, wobei MASCHINE schon ein großer Aspekt war, weil er quasi "Familie" für mich ist. Deshalb schrieb ich auch den Song für ihn, dachte aber eigentlich, dass ihn jemand anderer singen würde. Für mich war früher Deutsch-Singen wie eine Art "Vorführen", man ist angreifbarer, weil jedes Wort zu verstehen ist. Und ich finde, es gehört schon viel Überwindung dazu, sich auf die Bühne zu stellen und sich nicht nur irgendwie hinter Technik und Gesang zu verstecken. Das war für mich etwas Krampf, bis MASCHINE plötzlich sagte, "Hey Ela, Du kommst mit auf Tour und singst das Lied einfach." So hat sich das entwickelt. Danach saß ich mit den Jungs von CULCHA CANDELA im Studio, für die ich auch einen Song geschrieben hatte und sie fragten auf einmal, "Hey, das ist so geil, hast Du nicht Bock, als Feature dabei zu sein?" So entstand "Cool mit mir selbst" und wurde plötzlich auch zu einer Single. Das schlich sich ein und es wurde immer mehr. Im Studio - unserem kleinen Stübchen - schreibt man natürlich immer viel, aber bevor davon etwas veröffentlicht wird, sind schon bestimmte Ansagen nötig. Ich bewundere alle Künstlerinnen und Künstler, die in deutsch singen und die sich damit der Welt gegenüber komplett öffnen.

Wären mit Deutschen Texten versehene Songs mit ELAIZA nicht möglich?
Ich glaube, das sind zwei unterschiedliche Welten, weil ELAIZA mit Folk-Pop sehr international aufgestellt und auch mit meinen Wurzeln verbunden ist. Wir sind sehr viel im Kulturbereich unterwegs, zum Beispiel waren wir jetzt in Afrika. Wir wurden von der deutschen Botschaft eingeladen, weil wir dort viele Projekte unterstützen. Das ist also schon sehr international und es wäre schade, wenn ich nicht diese zwei Welten für mich hätte.

003 20181014 1430208160Du nanntest gerade einen Namen, nämlich Felix Lehrmann. Er spielt ja auch in MASCHINEs Band ...
Ja, so haben wir uns auch kennengelernt. (lacht)

Wie sieht denn Deine Studioband aus, wer spielt da sonst noch mit? Gibt es Unterschiede zwischen Studio- und Live-Band?
Ja, teilweise. Ich habe einfach viele Freunde, die ich immer gerne mitnehme. Live ist das zum Beispiel Jan Listing, der mit seiner Gitarre immer dabei ist, weil ich ihn auch schon ewig kenne. Es ist immer etwas unterschiedlich, nicht immer hat jeder auch Zeit, um live mit unterwegs zu sein. Aber wenn es sich ergibt, würde auch Felix mitkommen, das ist gar keine Frage. Ich habe - dafür bin ich sehr dankbar - das große Glück, dass ich so viele tolle Freunde habe, die auch geniale Musiker sind und somit ist es manchmal einfach so, wie es sich ergibt. Aber einen großartigen Unterschied gibt es da nicht, vor allem nicht vom Klang ...

Du sagtest gerade, das Album ist im Kasten, Ihr habt es in Norwegen aufgenommen. Was kann sich der interessierte Leser denn unter diesem Album vorstellen, was wird da auf ihn zukommen?
Für mich ist es superwichtig und deshalb auch ein großer Aufruf an alle Frauen da draußen. In meiner früheren Welt waren es sehr wenige Frauen, die geschrieben und produziert haben. Ich freue mich, dass es immer mehr Frauen gibt, die einfach Ansagen machen. Ich bin ein riesiger Fan davon. Thematisch beschäftigt sich das Album mit den Dingen, die mir in den vergangenen Jahren über den Weg liefen. Eher so persönliche Sachen und ich finde immer sehr wichtig, Vielseitigkeit hineinzubringen. Von daher ist es ein globaler Pop-Sound, aber auch mit dynamischen, echten Instrumenten. Ich liebe fette Produktionen und für mich ist es das Schönste, mit meinen Jungs im Studio zu sitzen, um sich komplett auszutoben, was man als Vision im Kopf hat. Es ist einfach super-, superbunt. Sehr emotional und die Texte sind einfach so gemeint, wie sie sind. Einfach ehrlich.

Will man in die Charts und in die Medien, muss man sich eines gewissen Zeitgeists bedienen, den derzeit leider viele Künstlerinnen und Künstler ohne Mut zu etwas Eigenem ausschlachten. Will man etwas Eigenes auf den Weg bringen, könnte es aber passieren, dass man Publikum und Radioredaktionen gleichermaßen überfordert und deshalb letztlich vielleicht gar nicht stattfindet. Wie willst Du diesen Spagat hinbekommen und was wird Dein spezielles Wiedererkennungsmerkmal sein?
Ich glaube, ganz einfach weitermachen. Ganz ehrlich: Wie definiert man Zeitgeist, wie definiert man Pop-Musik? Manchmal ist es Glück, manchmal trifft man den politischen Nerv, es ist ganz unterschiedlich. Ein Song wird für eine Werbung gepitcht und schon ist es ein Hit. Ich glaube tatsächlich an die Qualität und Quantität von Musik. Ich glaube auch daran, dass viele einfach nicht nur Bock auf diesen Mainstream-Pop haben. Für mich war es in erster Linie mein Sound, den ich so fühle, wie ich ihn fühle und ich glaube natürlich auch an die Ansagen und die Texte. Aber im Endeffekt muss das natürlich der Zuhörer bestimmen. Für mich ist extrem wichtig, dass das Gesamthandwerk im Vordergrund steht. Meine Musik ist voll mit Melodien und eben auch mit dem Handwerk Gesang. Singen ist Stimmung. So, wie man klingt, ist auch die Stimmung. Und genau das finde ich auch immer wieder so faszinierend. Für mich ist natürlich auch die Stimme im Vordergrund, nicht nur die Musik.

Du verlässt Dich also auf Dein Bauchgefühl und schaust nicht, wie der Zeitgeist gerade tickt. Kann man das so sagen?
Ich mache, wie immer, mein Ding. (lacht) So haben wir das mit ELAIZA gemacht, wir Mädels sagten, "Niemand will uns", und dann waren wir plötzlich beim Eurovision Song Contest. Ich verlasse mich einfach immer auf die Emotionen und mein Bauchgefühl. Und ich freue mich einfach über Fans und Leute, die mir E-Mails schreiben und mir sagen,006 20181014 1924444534 "Boah, so ein toller Song! Total unerwartet, voll die Überraschung. Der berührt mich so hart, ich will noch mehr." Genau das ist nämlich der Grund, warum Künstler Musik machen und Musik veröffentlichen. Wenn man andere greift und plötzlich auch Leute vor der Bühne stehen hat, die komplett ergriffen sind, das ist total abgefahren, das ist Musik.

Jetzt haben wir über Deine Musik und Deine Platte gesprochen, jetzt möchte ich mit Dir ein wenig über Dich sprechen. Viele Leser wissen vielleicht gar nicht, dass Du in der Ukraine geboren bist. Hast Du noch Erinnerungen an Deine alte Heimat oder warst Du damals noch zu klein, als Du mit Deiner Mutter hierher gekommen bist?
Ja, ich habe auf jeden Fall viele persönliche Erinnerungen. Ich war ca. siebeneinhalb Jahre alt, als wir über Polen nach Deutschland gekommen sind. Deshalb war der Fokus tatsächlich mehr in Deutschland, aber man hat noch immer Kontakt mit Leuten von früher.

Dein Vater war Gitarrist in einer Rockband. War er das hauptberuflich?
Ja, meine Eltern waren Musiker. Meine Mama war Opernsängerin, mein Papa war Gitarrist. Ich bin also mit Musik groß geworden ... (lacht)

Laut einer Online-Enzyklopädie bist Du schon seit 2011 und noch vor Deinem Abitur in der Musikszene aktiv. Womit fing denn Deine Karriere an und was waren Deine ersten Jobs?
Ich habe geschrieben, ich baute das Projekt ELAIZA auf. Mit 16 fing ich in Berlin bei Ingo Politz, dem Produzenten von SILBERMOND, bei VALICON an. Ich schickte ihm Demos von mir und er meinte, das klinge cool und lud mich nach Berlin ein. Ich packte meine Eltern ein - ich war ja erst 16 - und dann fuhren wir eben rüber. Sie wurden einander vorgestellt und sie sagten zu, sich um Ela zu kümmern und versicherten ihnen, dass alles in Ordnung gehe. Meine Mama ist niemand, die mal einfach sagte, "Du kannst machen, was Du willst ...". Es gab von ihr ganz klar die Ansage, "Ela, Du kannst gern nach Berlin, aber erst machst Du noch schön das Abitur." Ich pendelte dann zwischen Berlin und der Schulbank im Saarland, machte mein Abi und habe im Studio einfach schon die Songs, die ich zu Hause am Klavier geschrieben hatte, verwirklicht. Dann ging es relativ schnell, ich habe nach und nach die Band kennengelernt. Nach dem ESC begann ich dann, mich zu öffnen und das zweite Album gemeinsam mit anderen zu schreiben.

Du sprachst gerade an, ELAIZA aufgebaut zu haben. Wann genau wurde diese Band denn gegründet?
Also richtig offiziell war es 2013, als wir sagten, wir sind jetzt eine Band.

In diesem Jahr kam mit "March 28" Euer erstes Album heraus. Ausschließlich auf Vinyl und in einer limitierten Auflage. Es entstand im Direct-To-Disc-Verfahren. Was kann ich mir darunter vorstellen? Kläre mich doch bitte mal auf über die Entstehung dieser Scheibe.
Es gab uns gerade drei Monate und wir wurden von den "Berliner Meister Schallplatten" eingeladen, eine Platte aufzunehmen. Es ist quasi wie ein Live-Konzert und das, was gespielt wird, wird direkt in die Schallplatte eingeritzt und du hast keine Möglichkeit, irgendetwas zu korrigieren. Man hört jeden Atemzug, du hörst einfach alles ganz ganz klar. Wir spielten also vier Lieder, dann wurde die Platte gedreht und auf der anderen Seite wurden wieder drei bis vier Songs gespielt. Man entscheidet selbst über die Pausen, man muss tatsächlich sehr gut eingespielt sein und sich auch krass vertrauen. Das, was wir in dieser halben Stunde eingespielt haben, ist also direkt auf dieser Schallplatte drauf. Und wir waren sehr sehr stolz darauf, weil es auch mit das erste war, was wir gemacht haben.

007 20181014 1874275593Ich habe das Ding im Schrank stehen, aber noch nie gehört, sie ist noch eingeschweißt ...
Was??? Oh Nein!!! Die ist so gut aufgenommen. Es gab sogar viele Jazz-Foren oder Blogs, die sich komplett begeistert über die Qualität äußerten ...

Wie oft ist diese Scheibe erschienen, wie viele Exemplare gibt es von ihr?
Gute Frage. Es werden immer wieder welche nachgepresst, weil die Nachfrage nach wie vor da ist (Nach dem Interview haben wir herausgefunden, dass die erste Pressung 800 Exemplare umfasste, eine zweite Pressung 2.000 Exemplare, Anm. d. Red.).

Es muss bei Euch letztlich ja ziemlich hopplahopp gegangen sein. Du sagst, 2013 gegründet, 2013 auch gleich dieses Album gemacht. Das muss eine ziemlich kompakte und dichte Zeit gewesen sein ...
Ja, wir machen eben keine halben Sachen ... (lacht) Das ist nicht unser Ding und ich bin eh ein großer Fan davon, bevor man etwas sagt, sollte man auch etwas machen ... Ja, es ging wirklich relativ schnell und 2014 kam der ESC.

Das ist meine nächste Frage ... Über ein Jahr später gab es den Auftritt bei diesem Club-Konzerts, der Euch am Ende einer längeren Kette schließlich auch als deutsche Vertreter beim Eurovision Song Contest 2014 nach Dänemark brachte. Vielleicht kannst Du in zwei oder drei Sätzen mal erzählen, wie Du diese Qualifikation und das beeindruckende Ergebnis der Publikumsabstimmung von immerhin 55 Prozent für Euch damals wahrgenommen hast ...
Es war für uns sehr unerwartet und absolut überwältigend. Damit hatte niemand gerechnet, für uns war es eher so: "Wir probieren es einfach, die Leute haben uns in den Vorentscheid gewählt. Wir haben eh keine Chance, es gibt so viele andere Künstler dort. Wir machen einfach unser Ding wie immer, aber vielleicht greifen wir noch ein paar Fans ab und können dann vielleicht irgendwann eine kleine Kaffeetour spielen ..." (lacht) Wir wollten eigentlich nur in die zweite Runde, weil einige Studienkollegen von Natalie extra ein paar Tage länger dort blieben, um für den zweiten Song zu proben. Es war klar, der erste Song war "Is It Right" und der zweite war "Fight Against Myself" mit Musikern. Wir dachten also, "Bitte bitte, lasst uns in die zweite Runde, damit wir wenigstens nicht umsonst unsere Jungs rüber geholt haben." (lacht) Und dann ging es Schlag auf Schlag und du stehst plötzlich auf der Bühne und darfst Deutschland in Dänemark vertreten. Dann denkst du, "Das ist krass", deine Welt wird völlig auf den Kopf gestellt. Du kannst nichts mehr machen, du kannst nicht mal mehr normal mit dem Zug fahren, weil man ständig angesprochen wird. Einkaufen kannst du sowieso vergessen und dann hast du irgendwie zwei bis drei Monate Zeit, um dich als Band zu erklären. Außerdem sagst du noch deinem kleinen Label, "Hey, eigentlich wäre es doch viel schlauer, das Album vor dem ESC zu veröffentlichen ..." Die dann gleich, "Oh Gott, wir müssen jetzt noch eine Radio-Promo-Tour machen" - und wir, "Oh Gott, wir auch ..." (lacht) Das war wirklich super abgefahren, es war sehr sehr intensiv. Man muss sich vorstellen, wir hatten an einem Tag 20 bis 40 Interviews, ob Telefon, face to face oder TV-Shows plus Radio. Es war superkrass und wir hielten und ballerten durch. Und dann bist du plötzlich direkt in dieser Veranstaltung drin, was ebenso total abgefahren ist, wenn man ständig Presse um sich herum hat, man wird ständig in Frage gestellt, welches Outfit usw. und plötzlich steht man irgendwie da und hat als Künstler keine Entscheidung darüber, wie der Hintergrund und wie das Licht auf der Bühne ist. Das entscheiden die Leute vom Fernsehen. Das heißt, wir kamen da an, hatten eh keine Zeit, um uns um unsere Klamotten zu kümmern, hatten alle irgendetwas eingepackt und dann bekamen wir irgend so ein Karo-Muster in den Hintergrund. Wir dachten, das passt doch gar nicht zu uns ... Also musste alles umprogrammiert werden, wir mussten hart für unsere Luftschlangen kämpfen, weil wir die aufgrund ihres Wassergrabens nicht bekommen sollten. Dann bekamen wir das alles endlich, es kam die Jury-Entscheidung und wir hatten vorher nicht mal eine richtige Probe, weil man ständig um dieses Drumherum kämpfen musste. Plus Presse und das ständige Gewusel. Das war wirklich eine intensive und auch sehr anstrengende Zeit. Ich glaube, viele Zuschauer denken: "Wow, wie glamourös ist die Show!"013 20181014 2067039783 Aber da steckt wirklich sehr sehr viel harte Arbeit dahinter. Vor allem bei uns war das wirklich sehr krass und nach dem ESC ging es ja direkt weiter, da wir anschließend noch mehr TV-Shows hatten, immer weiter unterwegs waren und entschieden, ein zweites Album zu machen, super viel geschrieben, Touren gespielt ...

Um so ärgerlicher ist ja letztlich das, was dann in Dänemark passiert ist. Man ist mit einem der besten Lieder - das ist jetzt mein persönlicher Geschmack - beim Contest und landet dann hinter einer ganzen Reihe anderer Lieder, die unsereiner noch nicht mal in der Telefonwarteschleife laufen lassen würde. Nimmt man das sportlich oder ärgert man sich darüber?
Für uns war es einfach nur sportlich. Man muss ja auch betrachten, wir haben vorher in kleinen Cafés gespielt und waren froh, wenn mal zehn Leute da waren. (lacht) Das waren nicht nur unsere Freunde und plötzlich steht man auf dieser riesigen Bühne und hat die Möglichkeit, das alles mit ganz vielen Leuten zu teilen. Und das verrückte war ja, dass unser Song danach wirklich weltweit die Runde gemacht hat. Deswegen nahmen wir das sportlich. Wir wussten, der ESC ist eine "Wundertüte" und es ist auch eine politische Veranstaltung. Das darf man nicht vergessen, auch wenn es nicht so sein sollte. Und es dreht sich auch nicht nur um die Musik, sondern auch viel um die Performance.

Du sagst, politische Veranstaltung. Wie meinst Du das?
Ich bin zum Beispiel Polin, deshalb haben wir aus Polen auch superviele Punkte bekommen. Oftmals steht nicht der Song im Vordergrund, sondern einfach auch die Nationalität. Und dies ist ja auch ein politischer Hintergrund ...

Das stimmt, da hast Du wohl recht ...
Ich glaube, die Performance ist sehr wichtig. Conchita Wurst hat überaus krass gesungen, diese Person sah einfach großartig aus und ist auch toll und supernett. Wir konnten sie ja kennenlernen. Deshalb alles cool, alles gut, so wie es gelaufen ist. Wir sind super happy und bei uns ging und geht es ja auch immer noch weiter.

Ihr habt dann direkt im Anschluss das Album "Gallery" rausgebracht, welches Euch einen Charteinstieg brachte und die Single war in den Top 10. Die Zeit danach war, wie Du sagtest, sehr intensiv und dann bringt man mit "Restless" ein weiteres Album raus und ist irgendwie innerhalb von zwei Jahren dann doch in Vergessenheit geraten. Oder täusche ich mich da?
Ich weiß es nicht. Wenn man im Fernsehen ist, ist man natürlich auch in einer Maschinerie. Ich stecke ja mittendrin, lerne sehr viele Künstler kennen, arbeite mit sehr vielen Künstlern zusammen, aber es ist auch alles sehr kurzlebig. Nur, weil man tausendmal im Fernsehen war, heißt das nicht, dass die Leute dann auch zu den Konzerten gehen. Aber trotzdem hat man durch Fernsehen und Radio eine große Reichweite. Also hat man dadurch die Chance, sich als Künstler aufzubauen, vor allem live. Und weil wir Musiker sind, die nicht ständig im Fernsehen sind, nicht zu allen Galas und öffentlichen Veranstaltungen gehen, steht für uns die Musik nach wie vor im Vordergrund. Man kann es drehen, wie man möchte: Für uns war es ein großes Sprungbrett, es hat uns viele Türen geöffnet und es ist schön, dass man immer noch Fans hat, die zu den Konzerten kommen.

Das wünsche ich Euch auch. Meine Frage zielte ab auf den großen Unterschied der Verkaufszahlen Eures Albums "Gallery" und dann "Restless". Innerhalb von zwei Jahren ging diese Zahl ja wohl um die Hälfte zurück ...
Das weiß ich gar nicht so genau, da müsste man mal das Label fragen. Man kann die Leute nicht zwingen, etwas zu kaufen. Es ist natürlich auch ein Fakt, dass in Deutschland deutsche Musik zwar im Vordergrund steht, im Radio aber hauptsächlich internationale Acts gespielt werden. Es ist also gar nicht leicht, überhaupt ins Radio zu kommen. Für uns war es dennoch ein Werk, welches für uns als Band eine wichtige Weiterentwicklung war. Man kann nicht erwarten, dass immer alles sofort klappt. Wir bauen es weiter aus, wie jeder andere Künstler auch. Es ist wie immer: Mal ist es "Auf", mal ist es "Ab" - wie im Leben ...

Du hast jetzt Deine Solo-Karriere gestartet, das Album kommt voraussichtlich im nächsten Jahr. Gibt es schon Pläne, was eine Tour betrifft?
Ich bin im November auf Support-Tour bei HALLER und wie es aussieht, werde ich im Frühjahr 2019 eine kleine Akustik-Tour machen. Je nachdem, wie es läuft, gibt es im Herbst dann eventuell noch eine etwas größere Tour. Aber das werden wir alles noch sehen ...

Das ist ja mittlerweile gängige Praxis. Erst mal sehen, wie das Album läuft und dann schauen wir mal, ob wir die Hallen voll bekommen ...
Wie gesagt, man kann niemanden zwingen. Wobei: Live-Musik wird noch immer geliebt, aber es ist manchmal einfach schwierig, an die Leute ranzukommen. Man guckt dann einfach bei Spotify. Bei meiner Single war es sowieso krass. Ich habe kein Label, ich habe wirklich nichts und obwohl die Single noch nicht mal einen ganzen Monat dort drin ist, gibt es schon 160.000 Streams. Das ist für einen Newcomer oder ein neues Projekt der absolute Wahnsinn. Aber es gibt auch so viel Musik. In Berlin spielen jeden Abend so viele Künstler, man weiß gar nicht, wohin man gehen soll. Es ist für einen Künstler gar nicht so einfach, die Leute zu erreichen. Deshalb ist man auch dankbar, wenn man Fans und Leute hat, die einen teilweise von Anfang an supporten. Und darum geht es ja auch. Man macht Musik, um sie zu teilen ...

011 20181014 1183911654Musiker Deiner Generation haben gegenüber denen, die früher groß wurden - wie beispielsweise Grönemeyer oder Westernhagen - einen großen Nachteil: Ihr habt im Fernsehen keine Plattform mehr. Ihr habt jetzt noch den "Fernsehgarten" und den Silbereisen, aber welcher Musiker, der das Musikmachen ernst nimmt, will da hin?
Genau, das ist ganz schwierig. Sobald man eine gewisse Plattform hat, die man bemuggt, hat man meistens auch einen Stempel. Es ist wirklich nicht so einfach, vielleicht kommt ja auch einiges wieder. Man arbeitet ja daran. Ich glaube, "The Dome" soll jetzt wiederkommen. Es wird einfach viel gestreamt, aber vielleicht kommt ja auch MTV irgendwann wieder zurück. Step by step. Ich glaube, noch ist nichts verloren ... Es gibt da draußen so viele großartige Künstlerinnen und Künstler, die es einfach verdient hätten, auch gehört zu werden.

Ich wünsche Dir auf jeden Fall alles Gute für Deine Vorhaben. Was steht mit ELAIZA an, gibt es schon konkrete Pläne über das nächste Jahr hinaus?
Nein. Erst mal ist alles ganz entspannt, wir machen ja auch alle nebenebei noch ganz viel anderes Zeug und für die Mädels ist es auch völlig okay, dass ich mich jetzt um mein Solo-Projekt kümmere. Sie unterstützen mich sogar dabei ... Es ist schön, dass wir nach den Jahren noch immer befreundet sind. Es ist nicht nur Arbeit und das schätze ich nach wie vor. Auch, weil es schön ist, dass ich Feedback zu meinem Solo-Projekt von ihnen bekomme. Und ich bin froh, dass ich meinen Radius als Künstler erweitern darf, um mich weiter zu entwickeln.

Ich drücke Dir die Daumen und wünsche Dir alles Gute.
Vielen vielen Dank!



Interview: Christian Reder
Bearbeitung: MB
Fotos: Pressematerial, Redaktion DM
 
 

 



Videoclip zur Debüt-Single:






 

 


   
   
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