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Interview vom 20. August 2018



Lendgold - am 24. August ist ihr neues Album "Auf nach Tschikkawikka" erschienen (Rezension siehe HIER). Bislang ist die aus Köln stammende Band kaum über die Grenzen ihres Bundeslandes hinaus bekannt. Wie sie dies ändern wollen und was es Aufregendes mit dem Ort der Aufnahme ihres Albums auf sich hat, konnte unsere Kollegin Antje kurz vor der Album-Veröffentlichung bei einem Gespräch mit dem Sänger der Band, Johannes Knechtges, in Erfahrung bringen ...



001 20180827 2068644366Euer viertes Album kommt am Freitag (24.8.2018) auf den Markt. Seid ihr aufgeregt?
Ja, auf jeden Fall. Das ist immer spannend. Vor allem ist der ganze Prozess spannend: die Entstehung, produktiv zu sein. Den Weg zu gehen vom Songwriting angefangen. Wenn es dann wirklich heraus kommt denkt man: krass, jetzt ist es soweit. Aufregend ist vor allem, wie es ankommen wird. Da sind wir schon sehr gespannt drauf.

Unterscheidet es sich deiner Meinung nach sehr von den Vorgängern?
Wir finden, dass wir andere Wege gegangen sind. Wir haben insofern unseren roten Faden gefunden, dass wir stilistisch anders und gradliniger geworden sind. Frühere Sachen waren noch einen Tick wütender vielleicht. Härter vielleicht auch. Nicht, dass wir heute soft sind, aber es ist rockiger geworden und gleichzeitig kritischer von den Texten her. Es bezieht sich aber mehr auf zwischenmenschliche Themen, anstelle dass wir Themen anschneiden, die uns sonst bewegen. Von daher ist es textlich und auch musikalisch gradliniger und mehr auf den Punkt, und vielleicht auch eingänger. Das würde ich der neuen Platte attestieren. Zumindest in der Breite. Es ist jetzt nicht so, als hätten wir vorher FreeJazz gemacht, der koplett uneingängig wäre oder sowas. Wir sind von unserem Gefühl her dem sehr nahe gekommen, wo wir hinwollen.

Angekommen, kann man es so zusammenfassen?
Das kann man auf jeden Fall so zusammenfassen. Vielleicht auch von daher, dass es anders ist. Eben zum Beispiel auch der Albumtitel. Es ist für uns wirklich eine Reise, die wir hier machen. Wir fühlen uns ein stückweit näher unserem Ziel. Wir fühlen uns total wohl mit den Songs und mit dem, was wir machen, und wir haben einfach von der ersten bis zur jetzigen Platte eine Entwicklung durchgemacht.

Du hast den Albumtitel ja gerade schon angesprochen. Wie seid ihr auf den ja doch eher verrückten und gleichzeitig spannenden Namen gekommen?
Verrückt und spannend trifft es sehr gut. Der Titel soll, wie der Name schon sagt, eine Reise beschreiben. Auch als Band, mit allen Höhen und Tiefen. Wir haben vor sieben oder acht Jahen angefangen. Wie es eben jeder Mensch erlebt, mal läuft es gut, mal läuft es schlecht.002 20180827 1360007030 Die Frage ist, wie kann man sich eine gute Zeit machen. Was ist das persönliche Utopia, wo man eine gute Zeit haben kann. Das ist unser ganz eigenes Utopia, unsere Traumvorstellung wo wir als Band hin wollen. Das ist sozusagen unser Reiseziel. Entstanden ist der Titel während der Produktion. Wir hatten eine sehr entspannte, eine sehr coole Atmosphäre. Konkreter gesagt ist es bei einer Gesangsaufnahme entstanden. Es war eine Improvisation, dieses Wort. Zu hören ist es direkt im ersten Song. Es hat uns während der ganzen Zeit aber auch getragen. Es beschreibt so perfekt unsere Reise als Band. Wir wollen die Leute abholen und mit auf eine Reise nehmen. Dafür passt es sehr perfekt.

Das Cover wirkt so bunt - ist das typisch für euch?
Es ist schon auch mal etwas anderes, wenn man es sich so anschaut. Wir mochten den Mix aus bunt und verrückt, gleichzeitig gibt es eine Reiseatmosphäre mit den Koffern und den Raketen. Es hat ja durch die Totenköpfe auch etwas Düsteres. Gleichzeitig tragen sie eine Sonnenbrille. Das soll ein bisschen crazy sein und auch den Reiseaspekt unterstreichen. Dass die Reise für uns als Band unglaublich spannend ist und wir manchmal gar nicht wissen, was mit uns passiert. Wir nehmen es mit einem gewissen Humor, wobei die Texte schon teilweise sehr ernst sind. Gerade im "Optimist" kommt es sehr gut rüber. Klar läuft im Leben nicht immer alles rund. Trotzdem wollen wir uns unsere Lebensfreude und unseren Optimismus bewahren. Wir hoffen, dass wir viele Leute auf unsere Reise mitnehmen können. Ebenso, dass die vielen kleinen Details auf dem Cover entdeckt werden.

Bescheib doch mal das Album mit drei Worten ...
Optimistisch, kritisch und rockig.

Aufgenommen wurde es in den Abbey Road Studios, das finde ich sehr spannend.
Da hast du vollkommen richtig gelesen. Das war für uns auch eine total spannende Sache. Das war auch wieder ein Teil der Reise. Es war immer ein Traum von uns, in so einem Studio aufzunehmen. In dem Studio, wo zum Beispiel auch die Beatles aufgenommen haben. Das ist für mich einfach eine Band, mit der ich großgeworden bin.003 20180827 1647414565 Die ich auch bis heute liebe. Die haben für viele Lebenslagen einen Song parat. Das fand ich schon immer spannend an den Beatles. Auch wenn die Musik aus den 1960ern ist und wir heute sicher anders klingen, hat die Musik einen großen Einfluss auf uns. Wir dachten, dass es einfach geil wäre, an den geschichtsträchtigen Ort zu gehen. Die Studios sind natürlich auch über jeden technischen Zweifel erhaben. Es war uns wichtig, diese Erfahrung zu machen. So ein Studio macht etwas mit einem.

Wie kann man sich das bei so einem besonderen Studio vorstellen? Ruft man einfach an und bekommen einen Termin?
Der erste Schritt war tatsächlich so. Wir haben auch ein paar Demo-Tapes mitgeschickt. Dann haben die da reingehört und gesagt: "Das ist cool, vom Style und auch Niveau her. Da können wir uns auf jeden Fall vorstellen, hier etwas zu machen." Dann ging es an die Problematik, dass die so unglaublich ausgebucht sind. Wir sind letzen Endes zwischen die Aufnahmen von zwei Projekten gerutscht. Auch in dem Raum, in den wir gern rein wollten. Dieses sogenannte "Studio 2", in dem die Beatles auch ihre Platten produziert haben. Es war auch ein super entspanntes arbeiten mit hochprofessionellen Leuten. Das war einfach genial. Nebenan haben die Disney-Studios den neuen "Star-Wars"-Soundtrack aufgenommen. Gerade für mich als großen Star Wars-Fan war die Atmosphäre total geil.

Wie lange habt ihr an dem Album gearbeitet?
Ich habe es eben schon erwähnt. Ich versuche es immer dort einzugrenzen, wo wir mit dem Songwriting angefangen haben. Das war 2015. Zweieinhalb, drei Jahre hat der Prozess insgesamt ungefähr gedauert. Man arbeitet ja nicht permanent daran. Man schreibt ja immer mehr Songs, als man dann letztendlich braucht und wählt die aus, die man am geilsten findet. Die Aufnahmen in den Abbey Road Studios selbst haben zwei Tage gedauert. In der Zeit haben wir das gesamte Album eingerockt. Die Hauptarbeit fand tatsächlich aber 2017/18 statt, als alles etwas konkreter wurde.

Gib doch mal einen kleinen Ausblick auf die kommenden Monate.
In erster Linie kommt ja das Album am Freitag raus. Dann versuchen wir, so viel wie möglich live zu spielen. Einige Termine für den Herbst gibt es schon. Wir sind aber auch noch im Booking für den Spätherbst und den Frühwinter. Vor allem planen wir ein großes Konzert am 29. November im Yuca-Club Köln. Das ist ja unsere Heimat. Daher erwarten wir dort auch den größten Zulauf, das wird mit Sicherheit auch etwas Besonderes. Dort hoffen wir, so viele Leute wie möglich abzuholen und auch neu ins Boot zu bekommen. Danach hoffen wir, auch außerhalb von Köln unsere Reichweite etwas zu erweitern.

Die Tour-Termine sind ja leider nur im Westen Deutschlands ...
Das liegt eben daran, dass wir bislang hauptsächlich im Raum NRW gespielt haben und darüberhinaus nicht so bekannt waren. Dadurch, dass wir ja alles selbst finanzieren, müssen wir eben auch schauen wie weit wir uns strecken können, um auch in anderen Teilen der Republik spielen zu können. Wenn wir eben zum Beispiel aus Ostdeutschland eine Anfrage bekommen müssen wir sehen, dass wir möglichst mit einer Band aus der Gegend etwas machen, um viele Leute zu erreichen. Das ist definitiv in Planung. Momentan ist es so, dass wir uns im Raum Nordrhein-Westfalen so gut wie möglich aufzustellen wollen und von da aus dann mglichst auch im Rest von Deutschland spielen zu können.

Dem Pressetext konnte ich entnehmen, dass du auch einen sehr erfolgreichen YouTube-Kanal hast.
Ich bin Gitarrist und dachte mir: warum mache ich nicht das, was ich an der Musikschule mache (Gitarrenunterricht geben) auch einfach im Netz. Aus Amerika gibt es da ja genug Beispiele. Bei YouTube habe ich mir selbst durch die Videos viele Tipps geholt und fand das toll. Ich hab das dann selber angefangen und gemerkt, dass das sehr gut ankommt. Es ist auch eine geile Community durch den Kanal entstanden. Mir macht es einfach Spaß und Laune, mit jedem Video etwas Neues zu zeigen.

005 20180827 1641424960Wie bringst du das zeitlich alles unter einen Hut?
Das funktioniert eigentlich ganz gut, weil ich die Videos für meinen YouTube-Channel dann produzieren kann, wenn es die Zeit zulässt. Ich kann mir die Zeit da frei einteilen, das macht es super flexibel für mich.

Du hast ja vorhin erwähnt, dass ihr als Band seit sieben oder acht Jahren zusammenarbeitet. Da finde ich Album Nummer vier aber sehr beachtlich.
Danke, dass du das so siehst. Allerdings musst du auch bedenken, dass zum Beispiel die erste Platte "nur" eine EP mit fünf Tracks war und auf der dritten Platte sind sechs Tracks drauf. Also ist es im Prinzip der zweite Longplayer, der jetzt kommt. Trotzdem war jede Veröffentlichung wichtig für uns. Einfach der Impuls, neue Songs zu schreiben und uns weiterzuentwickeln. Nicht auf dem ausruhen, was wir bis dahin erreicht haben. Ich bin auch relativ schnell von dem eigenen Zeug gelangweilt, wenn wir ausschliesslich ein begrenztes Reportaire spielen. Da ist es wichtig, zwischendurch wieder was Neues zu haben. Die Weiterentwicklung ist uns alle wichtig. Deshalb vielleicht auch die recht hohe Frequenz an Platten.

Da könnte man auch wieder den Bogen zur Reise finden ...
Definitiv, das sind für uns alles Meilensteine. Im wahrsten Sinne. Das ist ein Abschnitt, eine Route die wir gegangen sind. Dann biegen wir bei der nächsten Route vielleicht wieder ganz woanders ab. Stilistisch klingt es ja auch immer etwas anders. Auch wenn es als roter Faden immer Musik von einer deutschsprachigen Rockband ist. Ich bin z.B. kein Fan davon zu sagen, "Die White Stripes klingen auf einmal so und so, die sind total kommerziell geworden." Ich finde eher die Entwicklung gut und nicht, wenn die Platten immer gleich klingen. Als Beispielband fand ich das an den Beatles immer toll, dass sie in 10 Jahren so unglaublich viel verschiedenes Zeug gemacht haben.

006 20180827 1793807287Die Beatles gehen irgendwie immer.
Ja das ist ja immer Geschmackssache. Manche finden sie auch altbacken. Aber was man ihnen eben nicht vorwerfen kann ist, dass sie immer das Gleiche gemacht haben. Das finde ich total cool an den Beatles. Auch in Sachen Kreativität sind sie Vorbilder.

Könnt ihr inzwischen von der Musik leben?
Von der Band alleine können wir nicht leben, obwohl wir alle Musiker sind. Ich habe meinen YouTube-Channel, darüber kommt ein bisschen was rein. Ich arbeite auch als Studiomusiker, dort spiele ich etwas ein oder singe ein. Unser Drummer zum Beispiel gibt noch Schlagzeugunterricht. Das sind viele kleine Sachen, die man in Summe zu einem Einkommen zusammenfassen kann. Aber es ist auf jeden Fall auch ein Ziel.

Mit wem würdest du oder auch ihr als Band zusammenarbeiten?
Eine gute Frage. Ich fände es total spannend, weil wir auch viele Vorbilder haben, mit Bands aus den Staaten was zu machen. Wie mit den Foo Fighters, sprich Dave Grohl. Ich finde auch, dass das ein total getriebener Typ ist, der ständig was Neues rausbringen muss. Aber genauso reizt es mich, was mit den Beatsteaks aus Deutschland zu machen. Es gibt in der Musiklandschaft total viele interessante Leute. Oder einfach die eigenen Songs mal mit Orchester zu machen, also mal was ganz Neues. Das ist für Rockbands ja nicht ungewöhnlich.

Damit sind wir auch schon am Ende des Interviews. Vielen Dank für deine Zeit Johannes, und alles Gute für die Zukunft!
Vielen Dank!



Interview: Antje Brandt
Bearbeitung: cr
Fotos: Pressematerial (Plattenfirma), Band
 
 






   
   
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