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MISCHA MANG erhielt seine Schauspiel- und Gesangsausbildung als Stipendiat der Hochbegabtenstiftung an der Hochschule der Künste in Berlin. Bereits vor seiner Ausbildung stand er in Glasgow als Berger im Musical "Hair" auf der Bühne und war Sänger in diversen Berliner Rockbands. Nach Abschluss seines Studiums ging er nach Hamburg und spielte Sosias im Stück "Amphitryon". Es folgten zahlreiche Musicalrollen, wie z. B. Claude in "Hair", Judas in "Jesus Christ Superstar", Jekyll in "Jekyll & Hyde", Titelrollen in "Phantasma", "Scarlet Pimpernel", sowie Zettermann in "Play with me - The Musical Game".001 20151028 1459269276 Als Frontmann der Prog-Metal-Band IVANHOE veröffentlichte er die Alben "Walk in Mindfields" (2005), "Lifeline" (2008) und "Systematrix" (2013), und als Leadsänger der Gruppe DREAMSCAPE ging er auf große Europatournee. Seine Solo-CDs "Provocatio" und "Endlich Kresse" erschienen 2006 und 2011. Das aktuelle Solo-Album "Elephantus" veröffentlichte Mang 2014. Als Hauptdarsteller des Musicals "Sister Act" (Rollen Curtis Jackson und Joey) stand der gebürtige Berliner bereits in Wien und Stuttgart auf der Bühne, und am Staatstheater München wurde er von Vanden Plas für ihre Rockoper "Christ O" engagiert. Für seine Rolle im Musical "We Will Rock You" wurde er sogar von Brian May höchstpersönlich ausgewählt. Zuletzt wirkte er bei den Schlossfestspielen in Zwingenberg 2015 mit.
 

 

Wie bist Du zur Musik gekommen? Wie alt warst Du und was war der Auslöser?
Zunächst habe ich sehr früh Kraftwerk, Blondie, AC/DC und dann Van Halen gehört. Ich glaube, es war ziemlich genau auch in dieser Reihenfolge. Von Anfang an trommelte ich zu dieser Musik auf allem was mir unter die Finger kam und fing an, mir Schlagzeug ähnliche Gebilde zu bauen, bis mir mein Vater schließlich ein Schlagzeug gekauft hat. Und ich begann Schlagzeug zu spielen.

Gab es Vorbilder in der Jugend?
Klar, in der frühen Jugend wechselten diese aber ständig. Das ging soweit, dass ich mir unter dem Kopfhörer vorstellte mal der Basser, Gitarrist, Drummer oder Sänger zu sein. Je nachdem, wen ich grad super fand.

Haben es einige davon auch ins Heute geschafft und sind immer noch Vorbilder für Dich?
Aus der frühen Jugend nicht. Später waren es Sänger wie Jeff Scott Soto, Ingwie Malmsteen oder Geoff Tate von Queensryche, mit denen ich das unbeschreibliche Glück hatte, auf einer Bühne zu stehen. Als das passierte, habe ich sehr wohl gemerkt, dass sie meine Idole geblieben sind.

Du hast ein Stipendium als Hochbegabter bekommen. Wie kam es dazu?
Ein Professor der UDK hielt mich für geeignet mich dort zu bewerben, da ich Berliner bin und die KKGS (Konsul Karl & Gabriele Sandmann Stiftung) sich Hochbegabten, aber ausschließlich Berliner Kindern annimmt. In der Folge habe ich dort vorgesungen und vorgespielt.

002 20151028 1113667181Was war für Dich die bisher schönste bzw. witzigste Bühnenerfahrung, die Du in Deiner bisherigen Karriere gesammelt hast?
Das war in Sister Act. Ich spielte Joey und Drew Sarich Curtis ... Es gab diese Stelle in einer bestimmten Szene, die spürbar auf "lustig" angelegt war, aber bei keinem Darsteller einer Sister Act-Produktion im deutschsprachigen Raum je wirklich funktionierte. Sie blieb aber immer im Stück, vermutlich weil sie trotzdem gut transportiert, dass die Gangster-Jungs um Curtis etwas minderbemittelt sind. Es kam einer Person die Idee, dass das Publikum nur einen Auslöser bräuchte, einen Lacher, gewissermaßen als Initialzündung und dann würden alle lachen. Im Ergebnis lachte dieser Herr etwas verfrüht in voller Opernstütze laut und allein. Unser Versuch, ernst zu bleiben, scheiterte kläglich und wir haben mit dem Publikum Tränen gelacht, während wir uns auf die Zunge bissen. Dann, als wir wieder ansetzen wollten, lachte das Publikum wieder, als sich das Publikum beruhigte, lachte der Herr mit der Opernstütze erneut. Das ganze ging gefühlte sieben Minuten hin und her. Selbst leitende Personen lagen lachend in den Wings.

Hauptberuflich bist Du Musicaldarsteller und verdienst damit Deinen Lebensunterhalt. Als gefragter Sänger bist du sehr oft unterwegs, wechselst von Spielort zu Spielort. Empfindest Du die ständigen Ortswechsel als Belastung?
Ja sehr, aber ich werde es schaffen ein Zuhause zu haben. Eines Tages ... eines Tages ... eines Tages ... eines Tages ... (Echo leiser werdend)

Du trittst in sämtlichen Musicals auf, die Rang und Namen haben wie "Sister Act", "Jesus Christ Superstar" und "We Will Rock You". Gesanglich wie auch körperlich kommt man oft an seine Grenzen. Gab es Momente, in denen Du an liebsten alles hingeschmissen hättest?
Die gab es, aber eher am Anfang, als ich lernen musste, dass eine gewisse Oberflächlichkeit bis hin zur leichteren Verlogenheit scheinbar dem Selbsterhalt in diesem Beruf geschuldet ist. Ich komme damit bis heute nicht ganz klar.

003 20151028 1729820500Wenn Du drei Wünsche frei hättest, welche wären diese?
Ausgeglichenheit, Gesundheit, Freiheit.

Würdest Du Dich als Workaholic bezeichnen?
Wenn ich entflammt bin, unbedingt "Ja"! Dann schreibe ich Texte, spiele alle Instrumente ein und schneide die Vorproduktion bis in den frühen Morgen, um dann gegebenenfalls abends wieder eine Show zu spielen. Und es kommt auch vor, dass ich diese Arbeit auch noch gleichzeitig mit einer Band mache.

Du hast in diversen progressiven Metal-/Rockbands wie IVANHOE und DREAMSCAPE mitgespielt. Trotzdem hast Du Dich beruflich hauptsächlich für das Musical entschieden ...
Es war keine bewusste Entscheidung, es war einfach die erste brauchbare Bezahlung.

Der Wechsel von Rockbands der härteren Gangart zum Musical ist ja doch eher ungewöhnlich. Wie kam es zu diesem Wandel und wurdest Du für diesen Entschluss belächelt?
Zunächst war es tatsächlich ein Wechsel und ich wurde "Hupfdohle" genannt (lacht). Vor allem, als ich mir die langen Haare abschnitt. Dann aber im Jahre 2001 hatte mich der Metal durch die Gruppe IVANHOE wieder.

Zwischen den einzelnen Alben von IVANHOE liegen immer drei bis fünf Jahre. Es scheint also längere Phasen zu geben, wo nichts passiert. Hast Du in all den Jahren immer Kontakt zu den Bandmitgliedern, oder verliert man sich zwischendurch aus den Augen?
Einen davon kenne ich seit dreißig Jahren, zu einem anderen habe ich auch immer wieder Kontakt. Ja, es sind tiefe Verbindungen.

004 20151028 1143914948Ist das Kapitel IVANHOE abgeschlossen, oder wird es in Zukunft noch weitere Platten geben?
Das Kapitel Ivanhoe - jedenfalls mit mir - ist abgeschlossen. Sie haben einen neuen Sänger und werden weiterhin Platten machen.

Wie kam es dazu, dass Du Dich 2000 musikalisch selbstständig und mit "Mang" ein erstes Soloalbum veröffentlicht hast?
Ich war die ewigen Diskussionen mit den Mitkomponisten in den Bands leid und wollte einmal einfach los komponieren, ohne dass jemand seinen Senf dazu abgibt.

Inzwischen hast Du vier Solo-Alben veröffentlicht. Das zweite heißt "Provocatio", stammt aus dem Jahre 2006 und daraus sticht für mein Empfinden das Lied "Mumi" sehr hervor. Entstand dieser Text einfach aus einer Laune heraus, oder wie kam es dazu?
Ich war verliebt in eine Vagina, in ihre Form und ihre ganze Schönheit. Ich trällerte diese Ode vor mich hin und dachte, "Hey, was hindert mich daran, ihr ein Lied zu widmen?"

Was möchtest Du den Zuhörern ganz allgemein mit Deinen Liedern vermitteln?
Immer den jeweiligen Inhalt, auch wenn sich der Text zum Beispiel rund um die Liebe zu einer Vagina dreht. Der Song zählt trotz oder gerade deswegen zu den beliebtesten Stücken.

Welche Ideen und Geschichten verarbeitest Du in Deinen Texten? Ist es Selbsterlebtes, Fiktion oder Beobachtungen aus dem Leben?
Also fast ausschließlich Selbsterlebtes. Aber es kommt auch vor, dass ich aus einer Empfindung heraus eine fiktive Geschichte erfinde, um einen Missstand zu vermitteln. Ein Satz bei IVANHOE aus der Sicht eines Soldaten z.B.: "We kill ourselves in the name of Bush"

War es die richtige Entscheidung sich mehr dem Musical zu widmen? Wie schaffst Du es, Solokarriere und Musical unter einen Hut zu bekommen?
Bisher eigentlich nur auf einem Level, in dem ich meine Musik als kostspielige Liebhaberei bezeichnen könnte, obwohl es auf unerwarteten Wegen manchmal auch meiner Musical Karriere zugutekommt. Aber um es konsequent zu machen müsste ich jeweils Pausen einlegen.

005 20151028 2066094889Was war eigentlich Dein erstes Lied aus dem Musical-Bereich?
"Hair" aus Hair.

Bleiben wir mal bei den Musicals: Für "We will Rock You" wurdest Du von QUEEN's Brian May gecastet und sofort engagiert. Was ist das für ein Gefühl, wenn so eine Rocklegende sich für Dich entscheidet?
Es war ein Flash, unvergesslich auch ein zarter Dialog außerhalb der Audition-Situation. Es gab viele dieser unvergesslichen Situationen in dieser Zeit.

Wie war die Begegnung mit Brain May, wie lief das Casting ab und wann und wie hast Du erfahren, dass Du für die Rolle genommen worden bist?
Ich ging zu dem Casting und sah eine Limosine vor dem Gebäude. Ich dachte mir, "Es wird doch wohl keiner von QUEEN anwesend sein?!" ich habe diesen Gedanken aber schnell wieder verworfen. Als ich zum Vorsingen dran war und in das Zimmer hinein ging, bin ich fast in Ohnmacht gefallen als da Brian May und Roger Taylor saßen. Brian stand auf, reichte mir die Hand und stellte sich und Roger absurder Weise vor. Als ich nun endgültig erstarrte sagten sie: "We know its a shock, take your time! What are you going to sing for us?" Ich sang "Seven Seas Of Rhye" und dann fiel der für mich unvergessliche Satz: "I will have you in this show, in this part or another."

Zuletzt spieltest Du in Zwingenberg bei den Schlossfestspielen in "Jesus Christ Superstar " den Judas. An Deiner Seite Dein langjähriger Kollege Patrick Stanke. Es fällt auf, dass Ihr desöfteren zusammen spielt und die Konterparts verkörpert. Kann es sein, dass ihr als Dreamteam eingestuft werdet und es deswegen immer wieder zu dieser Konstellation kommt?
Es besteht zwischen uns ein für andere spürbares Spannungsfeld von Liebe und Kritik. Gut möglich, dass eine Regie sich diese Tatsache für's Stück nutzbar machen wollte ;-)

Bestand von Anfang an Sympathie?
Nein! Nicht, dass er nicht sympathisch wäre, aber es hat am Anfang zwischen uns nicht gezündet.

006 20151028 1267847862Wie, wann und wo habt Ihr Euch kennengelernt, was war die erste Zusammenarbeit und wie hat sich Euer Verhältnis über die Jahre weiterentwickelt?
Im Jahr 2003 bei "Aida". Ich hatte seine Position als alternierender Radames für die Proben, bis er aus "Titanic" rauskam. Es gab ein paar komische Begegnungen und das Verhältnis hat sich gar nicht bzw. negativ entwickelt.

Warum hat es bei Euch nicht "gezündet"? War es Konkurrenzdenken oder habt Ihr menschlich nicht zusammengepasst?
Es war eher ein Konflikt der darin begründet war, dass wir auf vielen Ebenen genau gleich waren, aber auf einer endscheidenen Ebene total verschieden. Ich habe mich und alles um mich herum in Frage gestellt, und bei ihm war es genau umgekehrt. Er war mutig, selbstbewusst und immer (wenn überhaupt) auf der Flucht nach vorn. Logisch, dass weder er noch ich eine solche Spiegelung ertragen haben. Fast wie in einem Zerrspiegel sahen wir uns selbst mit komischem Kopf.

Gibt es eine Rolle, die Du gerne spielen würdest?
Auch wenn das langsam peinlich wird: Graf von Krolock.

Gibt es Gründe, warum dieser Wunsch noch nicht in die Tat umgesetzt wurde?
Ich bin mit 1,78 Meter keine große Erscheinung und manchmal, leider, haftet mir das Image des ewigen Rocksängers an. Krolock sollte in jeder Hinsicht eine Klassische würdevolle Erscheinung sein. Ich glaube, die Herrschaften trauen mir nicht ganz :-) Obwohl sie immer ganz überrascht sind, wenn ich diese Töne von mir gebe. Bei der letzten Krolock-Audition schauten die Herrschaften spaßhaft nach, ob die Gläser noch ganz sind. Ja, ich bin einer der lautesten Sänger in Deutschland, in der HNO-Abteilung in der Steglitzer Charité hing eine ganze Weile mein Phonetogram an der Wand, weil es angeblich Spitzen eines Düsenjets hatte.

007 20151028 1756649949Wie schon erwähnt, hast Du inzwischen vier Soloalben veröffentlicht. Namentlich, textlich als auch optisch haben sie einen großen Wiedererkennungswert. Die Plattencover sind ein optischer Augenschmaus mit viel Liebe zum Detail, Deine Musik ist groovy und fernab vom Mainstream. Die Texte sind provokativ, außergewöhnlich und gehen einem sofort ins Hirn. Hast Du eine Ahnung, warum sich Deine Platten nicht so richtig auf dem Markt durchsetzen können?
Vermutlich liegt das an vielen Faktoren, zunächst das offensichtliche: ich habe keinerlei Management, Verlag und auch nur einen selbst finanzierten Vertrieb. Das andere ist: ich spiele nicht genug live! Das muss ich dringend ändern, wenn ich etwas mit meiner Musikk erreichen will. Das wiederum ist davon abhängig, wann meine Musiker Zeit haben, ob sie alle zur selben Zeit können und ob sie bereit sind für bisher geringe Gagen zu spielen. Das ist schwieriger als es sich anhört, und ich gebe mich nur mit guten Musikern ab. Gute Booking-Agenturen können lohnend erst bei etwa 300 Zuschauern einsteigen. Hier liegt die Krux.

Können wir demnächst wieder mit einem neuen Album rechnen oder lässt es Deine Zeit nicht zu?
Leider habe ich sehr viele Verpflichtungen bis zum Ende des Jahres, und das bedeutet frühestens 2016. Sorry, ich bin auch traurig darüber.

Wie schaut dein aktueller Terminplan aus? Worauf kann man sich in der nächsten Zeit freuen?
Ich habe mich mit den Bärten zusammen getan ... Im Ernst: KAISERS BART. Ein Riesen-Ding, Progressiv Metal mit deutschen Texten. Ich habe gefühlte 40.000 Textentwürfe später ein fast persönliches Tabu gebrochen. Deutsch und Metal a la RAMMSTEIN kennt man ja,008 20151028 1235425156 aber deutsche Texte mit melodiösem Prog-Metal ohne sich zu schämen, dass gab es noch nie. In den ersten Januar Tagen werde ich das Album einsingen. Wir sind alle sehr gespannt und voller Erwartungen.

Möchtest du unseren Lesern zum Schluss noch etwas mitteilen?
Für die Leser, die sich für meine Alben interessieren: Ich habe drei meiner CDs von iTunes wieder runter genommen, weil die Streaming-Dienste außer dem Prestige leider nur Witz-Beträge bringen. Und da iTunes jetzt nun auch Streaming-Dienst ist, fiel mir die Entscheidung leichter. Ich gebe mir Mühe, einen Download-Store auf Mangmusic zu eröffnen. Bis dahin sind sie nur auf CD im Mang-Shop bestellbar.

Vielen Dank, dass Du Dir die Zeit genommen hast.


Interview: Manuela Mette
Bearbeitung: cr
Fotos: Archiv Mischa Mang, Pressematerial


 

   
   
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