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Endlich! Ganze neun Jahre haben die Fans der Gruppe CAMOUFLAGE auf ein neues Studioalbum warten müssen. MARCUS MEYN, HEIKO MAILE und OLIVER KREYSSIG haben sich Zeit gelassen, aber die Warterei wird mit einem beeindruckenden Album belohnt. Seit diesem Monat (6. März 2015) ist "Greyscale" im gut sortierten Fachhandel erhältlich und bringt 13 neue Songs mit. Die Platte ist unverkennbar CAMOUFLAGE - die drei Musiker aus Bietigheim-Bissingen in Baden-Württemberg lassen die 80er wieder aufleben, ohne dabei den Zeitgeist und die sich inzwischen veränderte Technik aus dem Auge zu verlieren.001 20150310 1854119186 Dieses achte Studioalbum wird ab dem 19. März 2015 auch live präsentiert, denn dann startet die "Greyscale"-Tour mit einem Konzert im Münchener "Backstage". Der letzte Besuch der Band bei uns ist knapp zwei Jahre her, da sprachen wir noch über das Bandjubiläum. Das neue Album haben wir zum Anlass genommen, Sänger und Frontmann MARCUS MEYN erneut für ein Interview zu uns einzuladen. Christian sprach mit ihm über die Neuigkeiten ...
 

 

Zwischen den beiden Alben "Relocated" und "Greyscale" liegen ganze neun Jahre. Eigentlich sollte "Greyscale" bereits im Herbst 2014 erscheinen. Warum wurde der Termin verschoben?
Wir sind einfach nicht fertig geworden. Es fehlte noch einiges und wir waren uns bei manchen Sachen auch nicht richtig einig. Also mussten wir noch mal ran und eine Spätschicht einlegen. Außerdem hatten wir zu dem damaligen Zeitpunkt noch keinen Termin gefunden, um mit PETER HEPPNER das Duett "Count on me" aufzunehmen. Deshalb mussten wir die Veröffentlichung des Albums verschieben, es ging einfach nicht anders.

Zeiten ändern sich und Eure Leben ebenfalls. Gab es Veränderungen bei CAMOUFLAGE, was das Schreiben und Entstehen neuer Songs betrifft? Oder konntet Ihr nahtlos da anknüpfen, wo Ihr bei "Relocated" aufgehört habt?
Beim Schreiben der Songs hat sich nichts verändert. Das passiert bei uns immer nach dem gleichen Muster. Jeder schreibt für sich und produziert davon eine Version, die er den anderen schickt. Daran wird dann gearbeitet, jeder gibt seine Änderungsvorschläge bekannt und wenn am Ende jeder damit zufrieden ist und der Song für das Album "gepickt" wird, wird er produziert.

004 20150310 1468969068Auf "Greyscale" - zu Deutsch "Grauskala" - befinden sich mit "Light grey" und "Dark grey" zwei Instrumentalnummern, die auch das Wort "grau" in sich tragen. Warum habt Ihr das Album so benannt und was hat es mit den eben erwähnten Instrumentals auf sich?
Es ging uns nicht darum, dass man auf dem Wort "grau" rumreitet. Es war uns vielmehr wichtig, zu zeigen, dass unsere Musik weder schwarz noch weiß ist. Es ist also immer etwas dazwischen. Und in dieser Grauabstufung gibt es ja immer noch weitere Zwischenstufen. Zum Beispiel hellgrau, danach kommt ein noch helleres Grau, aber selbst dazwischen existieren noch weitere Farbnuancen. Wir dachten, dass das perfekt unsere Musik beschreibt. Es ist also weder das Eine noch das Andere, sondern wir liegen immer genau dazwischen.

Das hat also nichts mit der Haarfarbe zu tun, die sich in unserem Alter so langsam durchsetzt?
Nein, ganz und gar nicht.

Ich finde, Ihr habt auf "Greyscale" eine hervorragende Mischung aus klassischem CAMOUFLAGE-Sound und zeitgemäßen Synthiepop-Elementen gefunden. Wie seid Ihr die Arrangements der Songs angegangen, worauf habt Ihr besonders geachtet?
Das ist schwierig. Heiko, der die meisten Songs produziert hat, nahm sich richtig viel Zeit dafür. Seine Arbeitsweise sieht so aus, dass er die Stücke immer erst komplett seziert und dann guckt, wie er sie zusammensetzt, ob die Tonart richtig ist, ob die Geschwindigkeit passt. Er versucht dann, die Elemente zu finden, die dafür sorgen, dass der Song in sich rund und schlüssig klingt und am Ende zum Gesamtbild der Platte passt. Ob er vorher schon bestimmte Dinge dazu im Kopf hatte, glaube ich nicht. Das entsteht eigentlich immer erst während der Arbeit an den Songs.

002 20150310 1173453022"Shine" habt Ihr ja schon seit einiger Zeit im Liveprogramm. Das klingt live für mich anders, als die jetzige Albumversion. Täusche ich mich oder habt Ihr da wirklich noch mal Hand angelegt?
Da hast Du vollkommen Recht. Die Liveversion ist bereits von 2011. Wir haben die Nummer damals in dieser Form erarbeitet, um sie auch wirklich live spielen zu können. Aber uns war von Anfang an klar, dass die spätere Albumfassung von "Shine" anders klingen wird, dass wir den Song noch mal bearbeiten werden.

Du hast eben schon angesprochen, der Song "Count on me" ist ein Duett mit PETER HEPPNER von WOLFSHEIM. Wie kam es zu der Zusammenarbeit und wie viel Anteil hat PETER an der Entstehung dieses Titels?
Wir feierten im letzten Jahr unser 30-jähriges Bühnenjubiläum mit einem großen Konzert in Dresden. Zu diesem Anlass luden wir uns einige Gäste ein, mit denen wir gemeinsam auftreten wollten. Und zu den musikalischen Gästen, die uns sowieso schon die ganzen dreißig Jahre über begleiten, durfte sich jeder von uns überlegen, mit wem er gerne mal Lust hätte, auf der Bühne zu stehen und wer sonst noch so dazu passen könnte. Mein persönlicher Favorit war PETER HEPPNER, den ich schon immer sehr geschätzt habe. Mein größter Traum war, mit PETER einmal "That smiling face" zu singen. Also fragten wir ihn einfach, ob er Lust hätte, mitzumachen. Er stimmte auch sofort zu. Im Zuge des Konzertes in Dresden entschieden wir uns dann, künftig noch mehr zusammen zu machen und da lag es natürlich nahe, gleich für das neue Album einen gemeinsamen Song aufzunehmen. Meine Idee war, "Count on me" als Duett zu produzieren. Ich fuhr mit dem Song in der Tasche zu PETER HEPPNER nach Hamburg ins Studio, wo wir uns die Nummer anhörten, vier Stunden lang miteinander quatschten und Musik machten. Er selber war sofort begeistert von "Count on me", so dass wir die Nummer aufnehmen konnten. PETERs Hauptbeitrag an dem Song war, dass er ihn auf seine typische Art eingesungen hat.

Wird es einen Gegenbesuch geben?
Das weiß ich noch nicht. Die Entscheidung liegt bei PETER, der ja gerade dabei ist, seine neue Platte zu machen.

003 20150310 1378776983Sehr beeindruckend finde ich das Lied "End of words". Vielleicht kannst Du selber etwas zu dem Stück und seiner Botschaft sagen, die sicher jeder Hörer mit einem Kopfnicken aufnehmen wird.
"End of words" ist unser Versuch, mit Hilfe von Worten Sprachlosigkeit zu beschreiben, weil das Leben, das uns umgibt, einen jeden Tag aufs Neue sprachlos macht. Du schaltest den Fernseher ein und siehst den Krieg in der Ukraine, direkt vor unserer Haustür. Du siehst Ebola, die Seuche, die die Menschen hinwegrafft. Du siehst die Problematik in Israel. Du siehst die Armut vor Deiner eigenen Haustür und das Elend in den Familien. Du siehst die Affäre um diesen Edathy - das sind alles Sachen, für die einem die Worte fehlen. Wir haben versucht, das in "End of words" zu beschreiben und diese Sprachlosigkeit in die Musik zu packen.

Das ist Euch sehr gut gelungen. In Euren Songs werden ja immer Geschichten erzählt und Botschaften vermittelt. Die Titel besitzen also - mal abgesehen von den Instrumentals - immer einen bestimmten Inhalt. Über einige davon haben wir ja schon gesprochen. Mit welchen Themen beschäftigt Ihr Euch noch auf "Greyscale"?
Ein Thema, welches einen immer begleitet, ist die Liebe. Da gibt es ja die unterschiedlichsten Facetten. Es gibt dabei die positive Betrachtungsweise, wie z. B. bei dem Song mit PETER HEPPNER, wo ich sage, Du kannst auf mich bauen, genau so, wie ich auf Dich baue. Es gibt aber auch Lieder wie "If ...", wo ein gewisser Selbstzweifel durchkommt. Oder nimm "Still" und "In the cloud". Das sind zwar ebenfalls Liebeslieder, die aber auch mit einem Fragezeichen versehen sind. Letztendlich gibt es auf der Platte sehr viele Dinge, die uns tagtäglich begegnen und beschäftigen und die wir uns mit Hilfe der Musik von der Seele schreiben.

Es war ja schon immer auffällig, dass Liebeslieder von CAMOUFLAGE nur selten Liebeslieder im typischen Sinne sind. Ihr seid quasi die Meister der Melancholie. Schöpft Ihr dabei aus eigenen Erfahrungen und Erlebnissen oder woher kommen diese Ideen?
Natürlich sind das auch eigene Erfahrungen. Das Leben ist ja nicht nur positiv. Gerade Liebe verläuft ja nicht immer positiv. Wir selber gehen alle auf die Fünfzig zu und haben diesbezüglich schon einiges hinter uns, im positiven wie im negativen Sinn. Liebe ist etwas, das man ständig hinterfragt. Und diese Fragen beschäftigen uns so stark, dass wir darüber Lieder schreiben. Das ist für mich genau die richtige Art und Weise, um über Liebe zu reden.

005 20150310 1346168643Mal abgesehen vom kommerziellen Erfolg, den sich natürlich jeder Künstler für sein Werk wünscht, was wollt Ihr mit diesem neuen Album erreichen?
Wir wünschen uns natürlich, so viele Menschen wie möglich zu erreichen, um zu zeigen, dass wir immer noch da sind. Wir wollen Themen anpacken und verarbeiten, die den Leuten aus dem Herzen sprechen. Selbstredend erhoffen wir uns von dem Album, dass wir volle Konzerte haben und mit den Fans zusammen tolle Momente erleben können.

Du sprichst es an, zu dem Album wird es auch eine Tour geben. Im März seid Ihr mit zehn Konzerten in Deutschland zu erleben und ab April zieht es Euch ins Ausland.
Ja ...

Was habt Ihr für die Konzerte vorbereitet, was erwartet den Besucher eines aktuellen CAMOUFLAGE-Konzertes?
Auf dieser Tour wird natürlich ausgiebig das neue Album präsentiert. Aber es wird auch wie gewohnt eine Zeitreise durch unsere verschiedenen Platten werden. Es wird ein tolles neues Bühnenlicht geben und es wird insgesamt ein sehr energetischer und schöner Abend werden.

Wie lange dauert die Show?
Mindestens zwei Stunden. Dann haben wir ja auch noch zwei Vorbands.

Wer wird das sein?
SOLAR FAKE, die schon ziemlich bekannt sind in der Szene, sowie BLACK NAIL CABARET aus Ungarn.

Wenn Du mal die Konzerte aus Eurer Anfangszeit, beispielsweise Eure erste große Tour, mit den Konzerten von heute vergleichst, was sind da für Dich die größten Unterschiede? Mal abgesehen davon, dass Ihr heute einen Gitarristen und einen Schlagzeuger dabei habt?
Das hatten wir auf unserer ersten Tour auch, da gab es sogar noch einen zweiten Keyboarder. Von der Art und Weise, wie wir auftreten, hat sich eigentlich wenig geändert. Was anders geworden ist, ist die Energie, die auf der Bühne stattfindet und auch die Art der Performance hat sich um 180 Grad gedreht. Inzwischen entwickeln wir eine so unglaubliche Power, die auch damit zusammenhängt, dass ich mich selber viel freier fühle. Heute kann ich mich auf der Bühne bewegen und höre mich gut, was früher nicht der Fall war. Damals hatte ich nur eine Box, die vor mir lag und wenn ich drei Schritte nach rechts oder links machte, habe ich meinen Gesang nicht mehr gehört.006 20150310 1618778845 Das hemmte mich total in meiner Bewegungsfreiheit. Heute ist das völlig anders, da springe ich den ganzen Abend auf der Bühne rum und habe einfach nur Spaß. Dieser Funke springt natürlich auch auf die Leute vor der Bühne über. Deshalb denke ich, dass ein CAMOUFLAGE-Konzert in der heutigen Zeit ein viel größeres Erlebnis ist als damals.

Dann wird sich wahrscheinlich die Stimmung vor der Bühne ebenfalls verändert haben, oder?
Ja klar. Natürlich waren die Leute früher auch schon super drauf und haben zu unseren Liedern gefeiert, die Säle waren ausverkauft und so weiter. Aber heute ist es für mich vom Gefühl her viel schöner. Ich nehme auch alles viel bewusster wahr, ich fühle mich richtig wohl auf der Bühne. Auch das Zusammenspiel zwischen uns Musikern funktioniert viel besser als zur damaligen Zeit.

Seht Ihr Euch eigentlich immer noch als Berufsmusiker? Schließlich habt Ihr alle ja auch andere Jobs, mit denen Ihr Eure Brötchen verdient.
Wir sind keine Berufsmusiker im herkömmlichen Sinne, die nur von ihrer Musik leben. Trotzdem betreiben wir das, was wir machen, professionell. Und wir haben auch immer noch Riesenspaß an der Musik, sonst würden das nicht mehr machen.

Marcus, ich danke Dir für das Interview und wünsche Euch viel Erfolg für die Platte und die anstehende Tournee.
Und ich bedanke mich für Euer Interesse. Herzlichen Dank.


Interview: Christian Reder
Bearbeitung: mb, tormey
Fotos: Pressematerial (bureau b, Fotograf: Klaus Mellenthin), Redaktion. Band-Archiv, Metronome




 
Videoclip: "Shine"





   
   
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