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Hinter dem Künstlernamen IVAN SPIELT AKUSTISCH VORWIEGEND DEUTSCHES LIEDGUT steckt der 1981 in Zagreb/Kroatien geborene Ivan Hruska. Nach der Geburt kam der Ortwechsel nach Frankfurt, von dort aus ging es fünf Jahre später weiter nach Toronto/Kanada, wo er den größten Teil seiner Kindheit verbrachte. Mit 13 Jahren folgte ein weiterer Umzug, diesmal zurück nach Hessen. Eschborn konnte ihn dann wiederrum neun Jahre halten, bis es ihn zurück nach Frankfurt zog. 1994 sammelte Ivan erste Band- und Bühnenerfahrung mit seiner Schüler-Punkband SWALLOW A LOSER - zwei Jahre später folgten dann die SILLY CUNTS. Zwischenzeitig veröffentlichte der Frankfurter Musiker seinen ersten Gedichtband namens "Snakelike Lullabies", worauf noch drei weitere folgten. Im Jahre 2000, welches Ivan mit dem Abitur krönte, folgte nun auch die Gründung der Punkrockband WITHOUT TALENT, die bis zum heutigen Tage besteht und mit der er bereits acht Platten auf den Markt brachte.001 20150210 1718899976 Im Alter von 27 Jahren entstand die Boy-Group-Parodie BRAD HEART, mit der der Kroate bis zur Auflösung im Jahre 2012 zwei Alben heraus brachte. Parallel dazu startete er dann mit IVAN SPIELT AKUSTISCH VORWIEGEND DEUTSCHES LIEDGUT durch. Seit 2013 tourt der immer lächelnde Musiker nun europaweit und ist auch als Vorgruppe mit dem Tausendsassa Götz Widmann unterwegs. Derzeit studiert Ivan Media-Acting und Rhetorik.



 
 
Lieber Ivan, erzähle den Lesern bitte, wie Deine musikalische Entwicklung gelaufen ist. Begann alles, wie üblich, mit der Musikschule?
Ich glaube das, was bei mir einer Musikschule am nächsten kam, war mein Musik LK in der Schule. Ich hatte, als ich 16 war, etwa ein Jahr lang 'nen Gitarrenlehrer, der mir Grundgriffe auf der Gitarre zeigte. Er hieß Ulrich und roch immer nach Knoblauch. Leider war der liebe Ulrich in einer Sekte, die das Solarsystem und den Kosmos vergöttert haben. Ich hatte ihn damals deswegen nicht kritisiert, weil ich dachte, dass er ohne seinen komischen Glauben nicht klarkommen würde. Ihm stand das auch total, und ehrlich gesagt fand ich's lustig. Weniger lustig (dennoch amüsant auf einer bitteren Art und Weise) war's, als sich der liebe Ulrich mit ein paar seiner Mitanhänger von einer Klippe gestürzt hat, weil die Sterne in einer bestimmten Konstellation waren und er überzeugt war, dass er dadurch in die vierte Dimension kommt. Statt in die vierte Dimension zu kommen war er aber tot. Danach hab ich Songs raus gehört (hauptsächlich von den Bates) und hab sie dann nachgespielt. Im Jahre 2000 gründete ich dann meine erste Punk Band namens WITHOUT TALENT. Die gibt es heute noch. Leider sind wir nicht so aktiv wie früher, weil mein Liedermacherzeug dazwischen kam. Im Grunde genommen ist mein musikalischer Werdegang eine ganz große Learning-by-Doing-Angelegenheit. 2008 startete das Liedermacherprojekt eigentlich nur durch rumhängen mit Freunden in meinem Wohnzimmer. Ich hab die deutschen Songs anfangs einfach nur aus einer Laune und aus Spaß geschrieben. Hätte nie gedacht, dass es gerade das Zeug werden würde, dass die größten Erfolge feiert.

Deine Musik ist sehr einzigartig und hebt sich mit einem hohen Wiedererkennungswert von dem anderer Musiker ab. Siehst Du dieses als Vorteil an?
Klar! Ein weiser Mann sagte mal, dass das wichtigste, das man als Musiker braucht, ein eigener Stil ist. Ich bin weder ein großartiger Gitarrist, noch ein großer Sänger und trotzdem bin ich erfolgreicher als andere, die die Technik besser beherrschen. Daher bin ich sehr glücklich, dass ich so heraussteche mit meiner Art.

Wolltest Du schon immer Musiker werden? Bist Du auch an anderen Projekten beteiligt?
Ja. Es gab nie ein Plan B. Ich bin diese abgefuckte Musik. Ok ... Vielleicht Filme machen ... Aber das ist genau dieselbe beknackte Welt. Wie bereits erwähnt, habe ich meine Punk Band WITHOUT TALENT. Dann hatte ich zwischen 2005 und 2011 noch eine Boyband namens BRAD HEART. Diese ist leider kaputt gegangen, weil es zwei unserer Kollegen vorgezogen hatten, "ernsthafte" Berufe auszuüben.002 20150210 1555034625 Eigentlich sehr traurig. Manche Menschen können ihr Herz für Geld so einfach eintauschen. Wir sind zwar alle noch Freunde, aber der bittere Beigeschmack der Enttäuschung wird immer da sein. Nebenbei mache ich noch Musik für Horrorfilme. In den Filmen "Seed 2" und "Plastic" kann man sie hören. Im Film "La Petite Mort 2" sieht man mich sogar sterben. Außerdem organisiere und moderiere ich zusammen mit der Comedian-Lady Lena Liebkind die "Kunst gegen Bares" hier in Frankfurt. Ich liebe das. Man kann erstens der Szene was großes zurückgeben und zweitens lernt man immer neue fantastische Künstler lernen. Jaaaa ... Ich mach viel. Aber das ist gut. Es ist schön wach zu werden mit dem Wissen, dass die Kleinkunst und Horrorszene viel langweiliger ohne mich wären. Eigenlob, stinkt aber wie schon Joint Venture sagte, "Man muss sich selber loben. Sonst kommt man nicht nach oben".

Gab es außer Zimbl von THE BATES sonst noch musikalische Vorbilder für Dich? Du hast "Schnoizelchen" gecovert. Wie war die Reaktion der Bandmitglieder?
Ich bin 'n 90er Punk Kind. Neben den BATES kamen noch THROW THAT BEAT, YETI GIRLS, GREEN DAY, OFFSPRING, MARILYN MANSON, EMINEM und GUNS 'N ROSES dazu. Aber die Liste von meinen Lieblingskünstlern ist echt ultraewig. Ich bräuchte ca. zwei DIN A4 Seiten dafür ...
Zum zweiten Teil Deiner Frage: Ich weiß, dass Pogo meine Version gehört hat. Geäußert hat er sich aber nicht dazu ... Er fand's bestimmt schrecklich und wollte nix dazu sagen (lacht). Hoffentlich nicht ... Würde aber nichts an der Tatsache ändern, dass die BATES zu meinen größten Helden aller Zeiten zählen.

Hat/Gibt es einen bestimmten Grund, warum Du den Schwerpunkt auf deutsche Texte gelegt hast und wie kam es zu deinem Künstlernamen IVAN SPIELT AKUSTISCH VORWIEGEND DEUTSCHES LIEDGUT?
Hätte mir jemand 2007 gesagt, dass ich in fünf Jahren hauptsächlich auf Deutsch singen würde, hätte ich sie gnadenlos ausgelacht. Ich hatte früher eine riesen Abneigung gegen Deutsche Musik. Alles kam mir so pseudo intellektuell, gezwungen und unfreiwillig komisch vor. Erst als mir eine Ex-Freundin Rainald Grebe und Götz Widmann gezeigt hat wurde mir klar, wie gut deutsche Musik sein kann und dass ich sowas auch kann. Deutsch kann vor allem so detailliert sein.
Der Name kam zustande weil ich erstens das Wort Liedgut im Vergleich zu dem Wort Weingut/Tegut und Co so faszinierend fand. Die Bezeichnung verwandelt etwas so Emotionales wie ein Lied in eine trockene Ware. Zweitens wollte ich das Gegenteil davon machen was die meisten machen. Jeder will so einen kurzen knackigen Namen. Meinen Namen merkt man sich, weil er so schrecklich lang ist. Es ist eine Herausforderung den Namen auswendig zu können. Und so merkt man sich mein Zeug. Vielleicht nicht meinen Projektnamen, aber man merkt sich was ich mache und wer ich bin. Und drittens ist der Name so schrecklich flach, unkreativ und banal, dass er einen ganz eigenen Reiz ausstrahlt.

003 20150210 1844661230Was möchtest du den Hörern mit Deiner Musik vermitteln?
Wir leben in einem Land voller Feiglinge, die nicht sagen was sie denken. Sie haben Angst aus der Reihe zu fallen, jemanden zu beleidigen, verletzt zu werden, dass ihnen etwas peinlich sind usw ... Sie sehnen sich nach Sicherheit. Und wie wir alle wissen, stirbt Freiheit mit Sicherheit. Die Individualität und der Charakter gehen verloren, bis 80 Millionen Menschen letztendlich zu einer charakterlosen Person mutieren. Ich versuche mit meiner Musik Menschen zu zeigen, dass man sagen kann was man denkt, ohne davor Angst haben zu müssen. Denn im Grunde genommen sind wir tief im Innern infantile Kinder, die gerne über Furzwitze lachen. Wer braucht politische Korrektheit, wenn man stattdessen Spaß haben kann?! Außerdem kann man besser laufen wenn man keinen Stock im Arsch hat.

Einige Deiner Songs sind sehr ironisch zu verstehen. Wie schaffst Du es, bei diesen ganzen Themen, deinen schwarzen Humor nicht zu verlieren und dann noch immer so bissig zu bleiben?
Ich weiß gar nicht so recht, ob das ein Fluch oder ein Segen ist. Als ich ein kleiner Junge war konnte ich Menschen, die immer eine ernste Miene ziehen und selten bis gar nicht lachen, nicht ausstehen. Schon als Vierjähriger habe ich mir dann in den Kopf gesetzt, nie so zu werden. Und so passierte es, dass ich mir im Kopf festgesetzt habe, in jeder Situation, egal wie bitter und traurig sie ist, einen Witz bzw. was Lustiges rauszuholen. Und das passiert meistens ganz instinktiv. Das mag erstmal ziemlich cool klingen, aber wenn man jetzt auf einer Beerdigung ist oder Streit mit der Freundin hat und aufpassen muss, nicht lauthals loszulachen, kann das mega unangenehm sein. Den Songs hilft es aber, meinen ganz besonderen bitteren Akzent zu setzen, wie z.B. im "Kirchenlied".

004 20150210 1182834103Wenn Du neue Songs schreibst, wie läuft das dann? Kommen Dir zuerst die Melodien oder sind zuerst die Texte da? Was inspiriert Dich dabei?
Uuuuuuh... Das ist immer anders. Das kommt auf das Lied an. Manchmal hab ich einen tollen Text auf den ich dann die Akkorde setze, oder ich hab eine schöne Melodie auf die ich dann ein Text schmeiße. Die besten Songs entstehen aber immer, wenn beides einfach gleichzeitig aus mir raus geschossen kommt. Manche Songs wie "Vinyl" (siehe Video unten, Anm. d. Red.) sind mitten in Nervenzusammenbrüchen unter Tränen entstanden. Emotionen schreiben Songs besser als es das Hirn kann. Am meisten inspiriert mich die nackte traurige Realität. Nichts regt einen so auf, wie das Elend dieser Welt.

Du singst die meisten Deiner Lieder in der Ich-Form. Da fragt man sich, ob manche Lieder Autobiographisches enthalten.
Eigentlich ist alles, was ich schreibe, autobiographisch aber übertrieben. Es ist kein Geheimnis, dass meine Platten ein verzerrtes Tagebuch darstellen. Es gibt aber einen Riesenunterschied wie ich an Songs rangeh, wenn's mir schlecht geht und wenn's mir gut geht. Wenn ich nicht so toll drauf bin, geht es in den Liedern hauptsächlich um mich und meinen Mist. Wenn's mir aber gut geht, kümmer ich mich mehr um die Welt und um meine Umgebung. Wenn ich über Liebe und Drogen rumwhine, geht's mir grad kagge. Wenn ich unter anderem über Religionen und Nazis whine, geht's mir gut.

Wie kam es eigentlich zu der Zusammenarbeit mit dem Urgestein Götz Widmann?
Götz und ich haben nie zusammen 'nen Song gemacht. Das wär aber geil. Muss ihn mal dazu motivieren. Er hat mich aber auf seine Liedermacherfreakshows eingeladen und auf die Bühne durfte ich auch mit ihm. Wir lernten uns 2012 auf der Liedermacherconvention in Kevelaer kennen. Da hab ich "Schön", "Kirchenlied" und "Gräsern" gespielt. Das Publikum ist voll ausgerastet und Götz sagte zu mir, "Sensationell! Willkommen im Club". Seitdem habe ich durch Götz und seine Frau Fabia soooo wundervolle Künstler kennengelernt, mit denen ich Konzerte gemacht habe. Ich habe echt mein komplettes Tourleben den beiden zu verdanken. Mittlerweile sind wir auch mega gute Freunde. Götz ist einer dieser Menschen, bei denen ich alles stehen und liegen lasse, wenn sie was von mir brauchen. Außerdem einer der besten Liedermacher, die ich kennenlernen durfte.

005 20150210 1903453240Du bist ein Künstler, der kein Blatt vor den Mund nimmt. Hast du deswegen schon Negativerfahrung gesammelt, weil Deine Lieder desöfteren missverstanden werden können?
Oooooooooh... Ich könnte ein Buch über Negativerfahrungen schreiben. Allein schon der erste Track auf dem Album "Jugendschmutz" ist eine Audio Collage von negativen Kritiken über mich. Ich zähl mal ein paar Skandalhighlights auf, die ich verursacht habe: Ich habe 2013 auf dem Herzberg Festival für ganz viel Empörung gesorgt, als ich das "Kirchenlied" gespielt hab. Wegen dem selben Lied darf ich nicht mehr in der Kupferschmiede in Giessen spielen. In Fulda habe ich ein ganzes Publikum dazu gebracht, sich wegen mir zu streiten. In Egelsbach habe ich schon 2 Mal Elternvereinigungen gehabt, die versucht haben Konzerte von mir zu verhindern. Das sind jetzt nur ein paar Highlights von vielen Skandalen. Wenn diese Menschen nur wüssten, wie viel Spaß mir ihre Empörung bereitet, würden sie auf der Stelle 'n Herzinfarkt kriegen, um sich im Grab drehen zu können. Ich habe schon immer davon geträumt, Menschen zu polarisieren und für Diskussionsstoff zu sorgen. Nichts ist so langweilig wie ein gefälliger Schönling, der auf die Bühne kommt und nur Liebeslieder spielt. Oah! Sowas ist sooo langweilig. Furchtbar! Es ist hart, wie schwach das Weltbild von manchen Menschen ist. Wenn ein Lied einen Menschen sooooo aus der Fassung bringen kann, dann macht man verdammt nochmal was richtig. Leute denken Bushido, Haftbefehl usw. wären provokant, weil sie assozial sind. Aber die bringen wenige Menschen soooo aus der Fassung, wie ich es tue. Assi zu sein reicht heute nicht, um anständig zu schocken. Man muss neben dem Assi-sein intelligent Sachen in Frage stellen. Wenn man damit einen Punkt macht, kann man gewisse Menschen in den Wahnsinn treiben. Leute sind so sensibel und fühlen sich so einfach beleidigt. Ich hab kein Bock, Rücksicht zu nehmen. Am besten man beleidigt sie gleich, damit man es hinter sich hat. Die Peniblen werden eh beleidigt sein.

Zum Abschluss: Welche Pläne gibt es für die Zukunft?
Das, was üblicherweise nach vier Alben passiert, und diesem Cliché wollte ich unbedingt auch nachgehen. Ich mache grad eine Best of. Leidgut Vol. 1 (wie leid) soll sie heißen. Aber im Gegensatz zu anderen werde ich nicht die alten Aufnahmen einfach drauf kopieren. Nein! Ich nehme alles in mega Qualität mit Band, Orchester und Techno neu auf. Ein paar Tracks wie "Vinyl" - "Ode an Krankfurt" kann man in ihrer Best of Version auf Youtube hören. Die Platte müsste im Spätsommer oder Frühherbst erhältlich sehen. Außerdem wollte ich den Versuch starten, mir eine Live Band zu basteln. Ob das aber klappt weiß niemand.


Interview: Manuela Mette
Bearbeitung: cr
Fotos: Pressematerial des Künstlers, Dominik Martin







Videoclips:



"Vinyl"


"Ode an Krankfurt"


 
 

   
   
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