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Falkenberg

 

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Wenn ein Musiker einen solch großen Output hat, wie ihn Falkenberg unbestritten hat, dann ist es kein Wunder, dass er sich bei Fachgazetten oder Online-Portalen wie unserem zum Stammgast entwickelt. Er ist inzwischen zum fünften Mal bei uns zu Gast, und wieder hat Falkenberg reichlich Gepäck in Form von neuen Projekten, neuen Songs und neuen Ideen dabei. Am 23. März erscheint mit "Freiheit" sein nunmehr 11. Studioalbum - die Best Of-Kopplungen, Live-Platten und Alben mit Stern Meißen und anderen Künstlern zählen wir mal nicht mit. In steter Regelmäßigkeit ist Falkenberg mit neuen Angeboten auf dem Markt der Musikkunst anzutreffen und dieses Mal ist es ein Konzeptalbum geworden, das er in den letzten Monaten geschrieben und produziert hat. Vorhersehbar? Vielleicht...! Überraschend? Auf alle Fälle! Mit neuer Band und neuen Songs macht sich der Musiker jetzt wieder auf, seine Kunde im Land zu verbreiten. Man könnte sagen, dass er sich diese "Freiheit" einfach nimmt... Doch nicht nur in Sachen neuer Platte und Tour ist Falkenberg im Jahr 2012 unterwegs. Da gibt's noch ein anderes Highlight, auf das sich Fans und Musikwelt freuen können, nämlich seine Rückkehr auf die Theaterbühne. Eigentlich ist es kein Theater, sondern vielmehr Musical, aber trotzdem zeigt diese Unternehmung den Musiker in einer anderen Darstellungsform als die, in der ihn seine Fans sonst erleben können. Und wenn einer so viel vor hat, dann muss man darüber sprechen. Das tat Christian auch, als er sich mit dem Sänger für ein Gespräch über das neue Album, über die Release-Konzerte in Halle und Berlin, und natürlich über seine Rolle in dem eben erwähnten Musical traf...


 

"Deu001 20121127 1406121459tsche Mugge" ist am 1. März fünf Jahre alt geworden und Du bist mit diesem Interview das fünfte Mal bei uns. Wenn das kein gutes Zeichen ist...
Ja, dann zuerst mal Herzlichen Glückwunsch (lacht)... An uns alle! A) dass es Euch gibt und B) dass die Kollegen und ich durch Euch auch eine Plattform haben.

Naja, Du und die Kollegen liefern uns ja auch immer reichlich Gesprächsstoff. Das ist ja auch der Grund, warum wir uns jetzt hier zum fünften Mal zu einem Interview treffen. Fangen wir dieses Gespräch aber mal nicht mit der neuen CD an, sondern mit Deiner Musical-Rolle, die Du in diesem Sommer spielen wirst. Was ist das für ein Musical und welche Rolle hast Du da übernommen?
Bei dem Musical handelt es sich um die ROCKY HORROR SHOW. Man kennt sicher auch den Film "Rocky Horror Picture Show" - das ist inzwischen Kult. Die einen mögen es, die anderen nicht. Ich werde dabei die ganz kleine und bescheidene Rolle des Eddie, der im Film von MEATLOAF verkörpert wurde, singen. Darauf freue ich mich sehr. Ich bin ein Theaterkind, denn ich bin im Theater aufgewachsen. Es hat von mir in den letzten Jahrzehnten immer wieder kleine Ausflüge ins Theater gegeben - ob auf der Bühne oder in Sachen Theatermusik. Das ist für mich wie ein Nach-Hause-Kommen.

Oh, wenn Du die Rolle übernimmst, die MEATLOAF einst spielte, musst Du aber noch etwas zunehmen, oder? ;-)
(lacht) Ja, eigentlich müsste ich das... Obwohl: Ich habe mir letztens den Film noch einmal angeschaut... In dem Film ist MEATLOAF noch sehr jung und nicht ganz so voluminös. Der wurde wohl erst später fülliger.

Wer hatte denn die Idee dazu, Dich für diese Rolle zu besetzen?
Das kam direkt von der Staatsoperette Dresden. Mit dem dort tätigen musikalischen Leiter habe ich inzwischen schon öfter zusammen gearbeitet. Den Regisseur des Stücks kenne ich auch schon lange.

Wie lange bzw. wie oft wird man Dich in dieser Rolle sehen können? Wird das über einen bestimmten Zeitraum laufen und womöglich auch auf Tour gehen?
Im Jahr 2012 wird es zwei Zeiträume geben, in denen das Stück gespielt wird: Das ist einmal in der zweiten Hälfte des Monats Juni, und dann wird es nochmal in der zweiten Hälfte des September gespielt.

002 20121127 1884669523Das wird aber nur in Dresden gegeben, oder?
Ja, das ist nur in der Staatsoperette Dresden zu sehen.

Aber bevor es damit losgeht, kommt als nächstes aber erst "Freiheit", Deine
neue CD. Ich habe ja schon versucht, den Lesern das Album etwas näher vorzustellen, aber vielleicht tust Du das auch selbst nochmal. Welche Idee steckt hinter dem Albumtitel "Freiheit"?

Ich sag's mal so: Ich persönlich mag ja Konzept-Alben und die neue CD ist mein persönliches Nachdenken über "Freiheit". Manchmal fängt es mit ganz kleinen Dingen an, so auch in diesem Fall, nämlich mit meinem Umzug von Berlin nach Halle. Viele Leute haben mich gefragt, "Warum machst du das?". Für mich gab es den ganz einfachen Grund, dass ich mal den Standort wechseln wollte. Den Gedanken gab es ja schon länger und es wäre durchaus möglich gewesen, dass die Küste, z.B. Rostock oder Stralsund, oder auch Dresden oder Leipzig, meine neue Heimat hätten werden können. Ich finde die Entwicklung der Stadt Halle einfach spannend. Außerdem hat es mich irgendwie gereizt, zurück zu den Wurzeln zu gehen. Das ist jetzt das Vorspiel zu meiner Antwort auf Deine Frage (lacht)...

Ja, nur zu... wir haben Zeit und Platz :-)
Was ich damit sagen will: So einen Umzug muss man erst mal machen können. Dabei ist mir bewusst geworden, dass viele meiner Freunde so etwas gar nicht ohne weiteres machen können, weil sie z.B. beruflich oder familiär an eine Stadt gebunden sind. Das ist auch ein Stück Freiheit, die man hat oder nicht hat: Zu gehen und zu kommen wohin und wann man will. Da fing das eigentlich an. Es klingt ja schon etwas absurd, dass ein 50-jähriger Mann anfängt, über Freiheit nachzudenken. Es war schon immer mein Antrieb, frei zu sein - also frei von jeglichen Zwängen. Ich habe bestimmte Sachen in meinem Leben einfach nicht mitgemacht. Ich habe mir die Freiheit genommen und gesagt, "Nein, das mache ich nicht!". Dieses "Nein-Sagen" ist ja der entscheidende Punkt. Insofern fing damit das neuerliche und konzentriertere Nachdenken über Freiheit an. Es gibt so vieles was unsere Freiheit beschneidet. Und manchmal erleben wir Freiheit nur unbewusst. Ein gutes Beispiel ist das Lied "Wiesen der Kindheit" auf der CD. Man denkt als Kind nicht über die Begrifflichkeit der Freiheit nach, sondern man lebt sie. Man ist als Kind bestimmten Zwängen noch nicht ausgesetzt. Das ändert sich, wenn man die Anstalten des Staates betritt - Kindergarten, Schule, die Lehre, der Beruf... Reglementierungen also. In meinem Falle auch noch so etwas Furchtbares wie die Armee. Ab einem gewissen Punkt ist man nicht mehr frei in seinen Entscheidungen.

Man kennt als Kind ja auch das Gegenteil noch nicht...003 20121127 1588249866
Genau! Man weiß noch nicht, was auf einen zukommt. Letztlich ist es ja so, dass wir alle versuchen, ein Stück dieser Zeit in uns zu bewahren. Man kann Vergleiche anstellen und merkt, wie unfrei man später eventuell geworden ist.

Gehen wir auf zwei oder drei Lieder dieser neuen CD mal etwas näher ein: Du hast hier verschiedene Themen hergenommen und zu Liedern verarbeitet. "Vor den Kathedralen" ist z.B. ein Lied, bei dem ich sofort an Verfehlungen gewisser Politiker und der Finanzjongleure an den Welt-Börsen und -Banken denken musste. War das möglicherweise Inspiration und Auslöser für das Stück?
Ja! Man kann ja als Künstler nicht mit geschlossenen Augen durch die Gegend gehen. Es ist ja so, dass die Entwicklungen speziell des letzten Jahrzehnts ganz deutlich gezeigt haben, dass das System, so wie es jetzt ist, nicht mehr funktioniert. Selbst Konservative stellen inzwischen die System-Frage! Es ist unübersehbar, dass das Finanzsystem die Politik entmachtet hat. Das Finanzsystem ist inzwischen so mächtig, dass es selbst die Industriekonzerne in ihren Entscheidungen beeinflussen, wenn nicht sogar beherrschen kann. Ich finde z.B., dass ein aktiver Politiker keinen Nebenjob z.B. im Aufsichtsrat einer Bank oder eines Konzerns haben sollte. Der Interessenkonflikt ist doch vorprogrammiert. Die Neutralität wird durch sowas natürlich abgeschafft. Machen wir uns nichts vor: Der Mensch ist korrumpierbar. Und wenn einem Landespolitiker hier noch eine Reise geschenkt wird und da noch ein Vorteil, wird er irgendwann auch zu anderen Dingen nicht mehr nein sagen. Ich finde, dass es besser wäre, solche Sachen von vornherein auszuhebeln. Selbst die gutmeindenden Politiker, die vielleicht nicht korrumpierbar sind, sind letztlich mitschuldig, weil sie es dulden. Warum hält die Politik ihren Stall nicht sauber? Das Demokratieverständnis ist inzwischen völlig aufgeweicht. Dadurch, dass die Politik vor ihren Wählern immer mehr an Glaubwürdigkeit verliert, kann sie auch im Guten nicht mehr das tun, was sie eigentlich tun müsste. Diese Art von Vertrauensverlust und Politikmüdigkeit führt immer in die rechte Ecke. Zu was das führt, das wissen wir alle! Auch wenn es im Moment vielleicht nur wenige sind, wie die Leute von Occupy oder Echte Demokratie Jetzt, die auf die Straße gehen und aufbegehren, aus den Wenigen können Viele werden. Wir im Osten wissen das. Was daraus wird, ob sich die Leute weiter mit "Brot und Spielen" der moralisch aus allen Fugen geratenen Medien befrieden lassen, das weiß ich nicht. Ich bin kein Prophet.

Ein weiteres Highlight - zumindest für mich - ist der Song "Da ist die Angst". So ein Stück würde ich eher auf einem Liedermacher-Abend als auf einer Falkenberg CD vermuten. Stilistisch hat das schon was von Kleinkunst- oder Varieté-Bühne. Es ist kein Pop- oder Rocksong, sondern irgendwie ganz was anderes. Ist das eine Spielerei von Dir, ein Ausflug in ein anderes Genre oder was ist Dir dabei durch den Kopf gegangen, als Du den Song geschrieben und eingespielt hast?
Mit "Da ist die Angst" ist ja das Kernproblem eigentlich geklärt: Was verhindert Freiheit? Wenn man es jetzt wirklich auf den kleinsten Nenner runter bricht ist es die Angst. Angst, die vermittelt wird, oder Angst, die man selber in sich trägt. Das verhindert Freiheit in jeglicher Richtung - ob politische Freiheit, persönliche Freiheit, die Freiheit im Denken oder die Freiheit im Handeln. Es ist immer die Angst, die Freiheit verhindert. Ich schreibe immer zuerst die Texte, und als ich den Text zu "Da ist die Angst" fertig hatte, dachte ich, "Das kannst Du nicht mit einem normalen Rocksong transportieren!". Da musste ich mich stilistisch anders bedienen. Eine kleine Form für ein großes Thema.

Besonders angefasst hat mich der Song "Immer bei mir". Kannst Du den Lesern bitte etwas über dieses Stück sagen? Was hat Dich dazu gebracht, es jetzt auf dieses Album zu nehmen? Gibt es dafür einen bestimmen Auslöser?
Ich bin eigentlich nicht der Künstler, der sein Privatleben in der Öffentlichkeit herum trägt. In diesem Fall ist es aber ein privates Thema. Ich habe meine Eltern sehr früh verloren. Durch die Rückerinnerung, ausgelöst durch bestimmte Orte, die ich in den letzten Monaten hier in Halle ja immer wieder betrete, hat eine neuerliche Auseinandersetzung damit stattgefunden.

Kann man so einen Titel eigentlich erst in einem Alter von über 50 schreiben, oder anders gefragt: Wäre die Veröffentlichung eines solchen Songs als Popstar mit 20 oder 25 überhaupt möglich gewesen?
Du wirst lachen, das habe ich mich auch gefragt... (denkt länger nach) Ich weiß es nicht. Ich glaube, dass ich heute den nötigen Abstand dazu habe.

Ich habe nun drei Songs direkt aus der CD angesprochen, 004 20121127 1595911184möchte aber gar nicht auf jedes einzelne Lied hier eingehen. Welcher Song liegt Dir denn besonders am Herzen?
"Vor den Kathedralen" ist ein wichtiger Song für mich. Natürlich auch "Freiheit" als übergreifender Song, der die thematische Klammer darstellt. Auch das Klavierstück, "Die Freiheit der Anderen", am Ende der CD, finde ich wichtig. Wenn man Freiheit definieren möchte, kann man das mit diesen paar Worten am besten tun. Ich sag's mal so: Man müsste die Frage andersherum stellen. Ich könnte mir nicht vorstellen, einen der Songs auf dem Album jetzt wegzulassen. In meinem Nachdenken über Freiheit finde ich jeden Song wichtig. Man könnte zu dem Thema auch sicher noch 20 Songs mehr schreiben. Und das muss ich an dieser Stelle auch noch einmal ganz besonders betonen: Es ist MEIN persönliches Nachdenken zum Thema Freiheit. Ich werde und kann keinem erklären, was Freiheit für ihn selbst ist oder was Freiheit für ihn sein könnte. Das muss jeder für sich selber klären. Wenn viel mehr Leute nicht nur über die Begrifflichkeit, sondern auch über die emotionale Erklärung von Freiheit nachdenken würden, könnten wir begreifen, welche Macht wir eigentlich haben.

Ich habe beim ersten Hören der CD sofort eine gewisse Leichtigkeit entdecken können. Da passt jeder Song, alles klingt so entspannt und perfekt gespielt. Dir scheint die Entstehung, also das Schreiben der Songs und die Aufnahmen, sehr leicht gefallen zu sein, oder täusche ich mich da?
Ich empfinde das auch so. Aber das hat nichts damit zu tun, dass es mir leicht gefallen ist (lacht). Einen Song zu schreiben ist ein Leidensprozess. Genau das, als Song entstehen zu lassen, was man als Gedanken im Kopf hat. Wenn das, was jetzt entstanden ist, Leichtigkeit vermittelt, umso besser.

006 20121127 1688013084Passiert es Dir überhaupt, dass Dir plötzlich eine Songidee kommt, Du Dich hinsetzt und innerhalb kürzester Zeit einen Song fertig schreiben kannst?
Ja! Es gibt Songs, die schreibe ich durch - ich weiß nicht, wie es bei anderen ist, denn es arbeitet ja jeder unterschiedlich. Es gibt aber auch diese Songs, die man drei, vier oder fünf Mal umschreibt. Manche Songs schmeiße ich auch einfach weg, weil es keinen Sinn hat. Es muss schon irgendwie fließen.

Im Studio warst Du nicht allein, Du hast eine neue Begleitband mitgenommen. Wer gehört dazu und wie kam es zu dieser Zusammenarbeit mit den Musikern?
Das ist einmal Holger 'Scotti' Gottwald, ein toller Gitarrist, und Roland 'James' Dietze. Mit beiden habe ich Anfang der Achtziger bei der KLINK FORMATION in Halle gespielt. Die beiden waren die Basis. Dazu kamen Friedrich Hentze am Schlagzeug und Ilka Griesser am Cello. Die anderen Instrumente habe ich gespielt, also von der Blues-Harp und Percussions, zu E-Gitarren und Akustik-Gitarren bis zum Akkordeon und Klavier.

Diese Band wird auch mit bei den Release-Konzerten in Halle am 23. März und in Berlin am 24. März dabei sein. Hast Du da ein besonderes Live-Programm vorbereitet?
Ich weiß, dass es da draußen viele Leute gibt, die der Meinung sind, bei einem Release-Konzert muss immer ganz was Besonderes passieren. Darum stelle ich an dieser Stelle mal die Gegenfrage: Was gibt es noch besondereres, als ein neues Album vorzustellen? Ich bin nicht so der Schnickschnack- und Tamtam-Mensch. Ich bin Musiker und kein Zirkuspferd. Insofern bin ich der Meinung, dass dieser Moment, in dem man die neuen Songs zum ersten Mal live vor Publikum spielt, das eigentlich Wunderbare ist. Wenn es für die Musiker etwas Aufregendes ist, ist es das für die Leute auch.

Im Prinzip erübrigt sich das bei Dir ja sowieso, weil Du 007 20121127 1898974608bei Deinen Live-Konzerten immer wieder mit etwas Überraschendem um die Ecke kommst...
Ja, mir fällt kurz vorher immer noch wieder etwas ein. Ich plane nichts, weil das Planen an sich die Überraschung verhindert. Und wenn man selbst überrascht ist, kann man auch andere überraschen.

Ich finde immer wieder bemerkenswert, dass Du Songs aus irgendeiner grauen Vorzeit ausgräbst und sie nach gefühlten 50 Jahren mal wieder live spielst. Kannst Du nach all den Entwicklungen, die Du als Musiker und Mensch inzwischen genommen hast, die Songs Deiner - sagen wir mal - ersten drei Alben noch ausnahmslos spielen, oder funktionieren vielleicht sogar welche nicht mehr...?
Da gibt's sicher ein paar, aber das würde ich jetzt so nicht unterschreiben wollen. Ich habe bisher jeden Song, egal wie alt, irgendwie wieder auf die Bühne bringen können. Ich habe auch nie die Philosophie vertreten, dass man ein Album macht, und dass das bei den Konzerten genauso klingen muss. Auch wenn ich selbst zu Konzerten gehe und feststelle, dass das was ich da gerade von der Bühne höre genauso klingt wie das, was ich auf der Hinfahrt schon im Auto gehört habe, langweilt mich das einfach. Für mich sind das zwei unterschiedliche Kunstformen. Das eine ist die Studioarbeit am Album, und das andere ist das Spielen auf einem Konzert. Diese beiden Kunstformen müssen sich für mich voneinander unterscheiden, und deshalb gibt es auch immer wieder Songs, die ich ausgrabe und dann in einem komplett anderen Arrangement spiele. Das hat dann nichts mit Zeitgeist zu tun sondern damit, wie ich diese Songs heute interpretiere.

Dann kommen wir nun zu den Leserfragen. Hier ist jemand, der beim letzten Konzert der Stern-Combo Meißen in Berlin war und gehört hat, wie dort wieder Lieder aus Deiner Zeit gespielt werden. Es wurde ausdrücklich gewünscht, Dich vielleicht zu einem Jubiläum der Combo mal wieder mit der jetzigen Besetzung zusammen auf der Bühne sehen zu können. Mit etwas Abstand zu den Vorkommnissen des Jahres 2008: Könntest Du Dir einen einmaligen Auftritt bei Deiner alten Band nochmal vorstellen?
Das ist ja nicht "meine alte Band".

Ich glaube, das meinte der Fragesteller aber wohl etwas anders...
Ne, Moment! Die Frage ist sehr gut gestellt, denn das ist ja tatsächlich nicht mehr meine alte Band. Zu "meiner alten Band", also das, was ich unter STERN MEISSEN verstehe, gehören die Musiker mit denen ich in den Achtzigern auf der Bühne stand und die Jungs von Stern-Akustisch. Von daher kann ich die Frage einfach beantworten: Nein, würde ich nicht machen!

Ich kann diesen Wunsch des Lesers sehr gut nachvollziehen, denn Du hast einen gehörigen Teil dieser Bandgeschichte mitgeschrieben. Du hast Hits gesungen und warst sehr lange Kopf und Stimme der Band...
Danke, aber nicht nur ich habe einen Teil der Bandgeschichte mitgeschrieben, sondern auch die Musiker, die ich gerade erwähnt habe. Das sind die Leute, denen ich mich nach wie vor emotional und kollegial verbunden fühle und mit denen ich jederzeit wieder STERN MEISSEN-Songs spielen würde.

Eine andere Leserin wünscht sich eine Fortsetzung der Stern-Akustisch-Band. Es gäbe da noch genug Material, das man in den für die Gruppe typischen Sound umwandeln könnte. Ist da was geplant oder ist dieses Kapitel endgültig abgeschlossen?
Wir haben das ja bekanntermaßen nicht beendet, was für uns alle ja auch sehr traurig war. So war die Absprache: Wenn die Herren Seidel und Schreier ein Problem mit unserem Tun haben, dann stirbt das Ganze. Und es ist dann ja auch gestorben. Insofern wird es da auch keine Neuauflage geben können.

Die gleiche Leserin fragt auch nach Ostende und die Wahrscheinlichkeit, dass das nochmal auf die Bühne kommen wird...
Ostende war ein tolles Projekt. Dirk Zöllner und ich haben das in einem relativ großen Abstand zwei Mal gemacht. Das war total schön. Dirk Zöllner ist ein großartiger Sänger - ganz zu schweigen von der Band. Jeder an seiner Position, grandios. Es muss wieder so ein Moment kommen wo alle sagen, "Ja, die Zeit ist reif dafür!". Dann bin ich natürlich gern dabei.

Hast Du schon neue Kooperationen mit anderen Musikerkollegen im Kopf, die Du demnächst vielleicht in die Realität umsetzen möchtest?
Das Ding ist, dass ich in den letzten Jahren so viele Kooperationen gemacht habe, dass ich mir die nächsten paar Jahre doch eher so vorstelle, dass ich mich vorwiegend auf meine Sachen konzentriere. Was natürlich nicht ausschließt, dass es immer mal irgendwelche Kooperationen, z.B. Gastauftritte bei anderen Kollegen, geben kann.

Das Zusammenspiel zwischen Deiner und einer weiblichen Stimme kam ja z.B. beim Projekt mit Anja Krabbe sehr gut an. Ich könnte mir gut vorstellen, dass Du das mit einer anderen Kollegin und einem neuen Programm vielleicht wiederholst. Gäbe es da noch Damen im Kreise Deiner Kollegen, mit denen Du etwas gemeinsam machen möchtest?
Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht und kann das deshalb jetzt auch nicht so aus der Hüfte beantworten. Es gibt immer Begegnungen, die dann so reinhauen, dass man sagt: "Das muss man machen!". Und wenn sich bisher so etwas ergeben hat, war ich immer bereit, das auch zu tun.

Zu dem Thema 'Duett mit einer Frau' fiel mir dann das von Dir und Inka in den 80ern wieder ein. Ihr seid künstlerisch in den Jahren ja in komplett verschiedene Richtungen gegangen, und auch damals schon nicht in einem Genre unterwegs gewesen. Kannst Du Dich an diese Zusammenarbeit noch erinnern? Ist das aus Überzeugung damals gelaufen oder war das eine für's Publikum aufgebaute Aktion gewesen?
Das ist ganz einfach zu erklären: Ich kenne Inka schon sehr lange. Ihre ersten Songs entstanden im damaligen Stern Meißen-Studio. Inka und ich waren Mitte der Achtziger Protagonisten einer Revue für Jugendliche im Friedrichstadtpalast. Es war eine dramaturgische Notwendigkeit, dass Inka und ich an irgendeiner Stelle in dieser Jugendrevue etwas zusammen performen. Man bat mich damals, genau für diese dramaturgische Position einen Song zu schreiben. Das habe ich gemacht und wir haben dieses Lied dann zusammen gesungen. Für ein Best Of-Album von Inka wurde das Lied dann Jahre später noch einmal neu aufgenommen. Das hatte dann aber vielmehr damit etwas zu tun, dass Inka und ich seit vielen Jahren befreundet sind. Ich setze mich bei einer Freundschaft auch über stilistische Grenzen hinweg. Nick Cave hat auch mit Kylie Minogue zusammen ein sehr schönes Duett gesungen. Freundschaft ist wichtiger als Business!

Damit sind wir am Ende unseres Interviews. Möchtest Du den Lesern abschließend noch etwas mit auf den Weg geben?
Hört mal in die neue CD rein oder fragt Leute, die sie vielleicht schon haben, und schreibt mir irgendwann in den nächsten Wochen Eure Meinung. Das ist ja ein Thema, zu dem eigentlich jeder eine Meinung haben müsste. Darum würde mich Eure Meinung sehr interessieren. Kommt zu den Konzerten und hört Euch die neue Band an. Es wird spannend, es wird schön, ich freu mich drauf!

 

Interview: Christian Reder
Bearbeitung: cr, nr
Fotos: Ralf Schmidt privat, Matthias Ziegert

 

 

 


   
   
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