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Das Interview...

 
Im letzten Herbst hat die Rockband SIX mit "Narben und Souvenirs" ein neues Studioalbum veröffentlicht. Das Record Release Konzert am 28. Oktober 2011 in der Stadthalle zu Cottbus war dann auch gleichzeitig das 2.222 Konzert in der Bandgeschichte. Seitdem sind ein paar Tage ins Land gezogen und einiges ist passiert, u.a. stieg das Album gleich auf Platz 76 der deutschen Album-Charts ein. In den Newcommer Charts ging "Narben und Souvenirs" gleich bis auf Platz 4. Und diese Erfolge feiert die Band zurecht, denn schon seit Jahren eilt ihr der Ruf voraus, eine exzellente Live-Band zu sein, voller Kreativität zu stecken und musikalisch so einiges zu reißen. Knapp vier Monate nach der Album-Veröffentlichung sprachen wir mit Frontmann Stefan Krähe über eben dieses Album und das, was sich in letzter Zeit bei SIX alles verändert hat. Über das Innenleben der Band, über Entwicklungen der letzten Jahre, über Sichtweisen und Reifeprozesse. Was viele vielleicht nicht wissen ist, dass es die Band schon sehr lange gibt. Doch eine der wenigen ernstzunehmenden Alternativen zu etablierten Deutschrockbands werden und darum so richtig angreifen wollen sie erst jetzt... 20 Jahre nach Bandgründung!
 

 

000 20121113 1752459040Erste Frage, die sich zwangsläufig ergibt. Kann Stefan Reißverschlüsse einnähen?
(lacht) Nein. Ich habe aber mal einen Häkelkurs gemacht. In der Schule gab es so was.

 

Deswegen frage ich. Fakultative Nadelarbeit
(Anm. wird in Stefan's Biografie erwähnt)
Genau. Wegen Gabriele Siegesmund. Darum war ich ja da auch drin und habe häkeln gelernt. Ich weiß nicht, ob ich es heute noch könnte, aber auf jeden Fall konnte ich es mal. Als ich dann festgestellt habe, dass es mit Gabriele Siegesmund nichts wird, habe ich die fakultative Nadelarbeit aber sofort wieder sein lassen.

Das letzte Interview von Dir auf deutsche-mugge.de fand 2009 statt. Was hat sich seitdem bei SIX geändert? 2009? Jetzt haben wir 2012. 2009 kam doch unser Album raus, deshalb haben wir damals wahrscheinlich das Interview gemacht (Anm. Album: "Gefallene Engel").

 

Genau.
Na jetzt gibt es halt das neue Album. Dann gibt es ein neues Management, das sitzt in Köln, eine neue Plattenfirma, die sitzt in München. Dazu gibt es auch noch eine Bookingfirma in Berlin, bei denen wir neu unter Vertrag sind. Unser Problem ist ja, dass wir auf Platz 76 der Album-Charts in Deutschland waren und das, obwohl ja quasi nur Brandenburg gekauft hat. Die Verkaufszahlen der CD cd 20121113 1967715597in den anderen Bundesländern sind vernachliässigbar weil sehr gering. Was heißt: Wenn alle Bundesländer so gekauft hätten wie Brandenburg, wären wir vielleicht in die "Top Ten" gekommen. Auf jeden Fall aber in die Top 20. Wir müssen also nicht besser, sondern bekannter werden! Es ist gut, dass sich das nun alles so bündelt. Wir haben jetzt einen TV-Promoter, einen Print-Promoter, einen Online-Promoter und einen Radio-Promoter (Anm. Bookingfirma: Meistersinger / Plattenfirma: F.A.M.E. Recordings / Management: kick.management). Dies alles soll jetzt dafür sorgen, dass wir auch überregional, deutschlandweit bekannt werden. Wir treffen uns alle am 22. und dann werden wir darüber beraten, wie wir den Bundesvision Song Contest angehen. Zunächst geht es darum, mit welchem Lied wir uns dafür bewerben. Es könnte also sein, dass dieses Jahr mehr passiert, als in den letzten Jahren. Einfach weil die Parameter jetzt besser für uns stehen und weil wir auch die Leute an unserer Seite haben, die an uns glauben und die für und mit uns arbeiten.

kick.management habt ihr aber schon seit 2009, oder?
Ja, "kick" hatten wir schon damals. Aber sie konnten ja quasi bis jetzt nichts machen, weil wir erst das neue Album brauchten. Die können uns ja nun schlecht als Coverband in Deutschland verkaufen. Sie wollten mit SIX eine Band, die ihr eigenes Gesicht hat. Deshalb musste natürlich erst "Narben und Souvenirs" her. Das ist am 28. Oktober passiert. Jetzt war der nächste Schritt die Bookingfirma. Auch die würden sich für uns als Coverband nicht interessieren. "Meistersinger" hat ja eine ganze Menge Leute unter Vertrag und sie sind von unserem Album so "angezwickt", dass sie sich vorstellen können, dass da auch mehr passiert. Deshalb wollen sie mit uns zusammenarbeiten. Und wir hoffen mal, dass sie Recht damit haben.

Ihr habt '94 im Vorprogramm der Prinzen vor damals 2.500 Zuschauern gespielt ...
Genau, das weiß ich noch wie heute. Vor über 2.000 Leuten. Wir haben da gezittert auf der Bühne. Wahnsinn.

001 20121113 1937417657Dabei wurde der Wunsch wach, auch als SIX irgendwann vor mehreren Tausend Zuschauern zu spielen. Dass die Leute wegen euch und nicht wegen einer anderen Band kommen. Als Konsequenz daraus wurde dir klar, dass dein langjähriger Freund Bulli das musikalische Niveau nicht halten konnte. Wie schwer ist dir die Trennung damals gefallen? Das war die härteste Trennung überhaupt. Weil ich quasi Freundschaft gegen meine eigenen persönlichen Ziele abwägen musste. Konsequenterweise musste ich meinen langjährigen Kumpel, meinem ganz persönlichen Weg opfern. Das war eine schwere Entscheidung. Die Frage war ja: Bin ich jetzt egoistisch um meine mir gesteckten Ziele zu erreichen oder ist es besser ihm zu Liebe halbherzig weiter zu machen? Eine Gewissensfrage. Ich habe mich für meinen Weg entschieden und letzten Endes war es das Beste sowohl für Bulli, wie auch für alle anderen Beteiligten. Es war richtig. Aber zur damaligen Zeit auch extrem hart. Ich hatte ja Bulli schon mit 15 kennengelernt und wir waren immer ganz dicke Freunde ...

Was habt ihr heute für ein Verhältnis?
Super. Er ist immer noch mein bester Freund. Er hat jetzt einen Musikladen und wir helfen uns gegenseitig.

Von der ursprünglichen Besetzung ist neben dir nur noch Uwe an der Gitarre abei. Du selbst bezeichnest Uwe als einen "Könner an den Saiten". Andreas ist laut Aussage ein Tastenmann der Extraklasse. Mal davon abgesehen, dass ich davon ausgehe, dass er "Freiheit" von Westernhagen spielen kann ... Wäre SIX "handwerklich" dazu in der Lage "Dream Theater" zu covern? (Anm. Dream Theater zu covern gilt in Amerika noch immer als Gesellenstück junger Musiker, an dem die meisten scheitern.) Ich glaube, dass wir alles covern können.002 20121113 1056995299 Es kommen ja auch öfters Anfragen, ob wir nicht das eine oder andere Lied spielen könnten, ABER ... Letztendlich ist unser Ziel ja, dass wir 1. von unserer Musik leben wollen und 2. auch Spaß daran haben. Diese beiden Sachen sind uns wichtig. Dabei ist es notwendig die richtige Gewichtung zu finden. Natürlich könnten wir sagen: Es soll nur noch Spaß machen und wir covern nur Sachen, die uns persönlich gefallen. Dann wäre aber möglicherweise die Chance, damit auch Geld zu verdienen nicht mehr so hoch. Andererseits könnten wir ganz sicher unser Geld auch mit Volksmusik verdienen. Aber dann könnte ich auch mit der Stullenbüchse in der Hand Tag für Tag arbeiten gehen, denn daran hätte ich genauso wenig Spaß, wie an Volksmusik. Es ist und bleibt also immer ein Spagat. Außerdem befinden wir uns jetzt in einer Phase, wo wir viele eigene Songs haben. Gerade heute bekam ich wieder eine Mail von einem Mädel, die sich wünschte, dass wir einen Titel von OOMPH! covern. Ich fand das Lied selbst geil, das hab ich ihr auch geschrieben. Nur macht es für uns keinen Sinn eine Nummer von einer anderen Band bekannt zu machen, wenn wir selbst genug Material haben, was es bekannt zu machen gilt. Und der Raum dazwischen, darf nicht mit irgendwelchen unbekannten Songs gefüllt werden, sondern das müssen dann schon echte Gassenhauer sein, die alle geil und dufte finden damit der Abend auch rund läuft.

Hintergrund der Frage war eigentlich der ... Wenn ihr in der Lage seid, fast alles zu covern und ihr mittlerweile auch eigene Songs habt, die potentielle Hits sind; Zu wieviel Prozent braucht man dann noch Glück, um zu den ganz Großen der Szene zu gehören? Von eurer Seite wären alle Voraussetzungen erfüllt, oder?
Eine gute Frage. Glück ist wichtig, der richtige Zeitpunkt ist wichtig und die richtigen Kontakte sind wichtig. Die Musik ist natürlich auch wichtig. Aber ganz ehrlich, es gibt so viele gute Bands, die es nicht schaffen. Wir kennen ja selbst eine Menge Leute, wo wir denken: "Hey, die machen tolle Musik, warum schaffen sie es nicht?" Teilweise ist das schon sehr traurig und dramatisch. Der richtige Zeitpunkt zum Beispiel. Anja (Krabbe, Anm. d. Red.), die mal bei uns gesungen hat. Sie hatte Mitte der 90iger ein Projekt, wo sie als Sängerin mit einer eigenen Band sehr gute Songs hatte. Aber, sie ist bei den Plattenfirmen gegen Wände gelaufen, weil die keine Sängerin mit Band haben wollten. Ein paar Jahre später kam Silbermond, Juli etc. Sie war also mit ihrem Produkt einfach nur zur falschen Zeit am Start. Man hat aber nie eine Garantie, dass irgendetwas richtig klappt. Zumindest aber stehen die Zeichen für uns - aus meiner Sicht - jetzt so, dass wir Erfolg haben könnten. Es ist einfach die Zeit für eine Band mit der Musik, wie wir sie machen. Früher war SIX bei Universal. Wenn bei Universal Mittagspause ist und du sitzt da in der Rezeption, dann kommst du dir vor, wie auf einer Klassenfahrt. Da ist keiner älter als 25. Die haben gar nicht verstanden, wer wir sind und wie man mit uns umgehen muss. Erst recht nicht, wie man uns richtig verkauft. Das hat einfach nicht gepasst. Wir haben bei Live-Auftritten ein Publikum zwischen 16 und 60. Das ist immens. Kaum eine andere Band kann das von sich behaupten. Und nun ist es ja so, dass ICH + ICH aufgehört haben, "Wolle" Petry hat aufgehört. Andere auch. In unserer Zielgruppe, dem "Mittelalter", ich sag mal so von 25 bis 50, sind eigentlich nur noch die Dinosaurier da. Westernhagen, Grönemeyer und so. Aber da wächst nichts nach. Im Gegenteil, die "Alten" gehen. Auch Rosenstolz. Die haben nun zwar wieder angefangen, aber die hatten ja auch schon mal Schluss gemacht (und inzwischen, nachdem dieses Interview geführt wurde, schon wieder eine Auszeit angekündigt, Anm. d. Red.). Was ich sagen will ... Es gibt da einen riesigen Markt, der von der Plattenindustrie vollkommen vernachlässigt wird. Die geburtenschwachen Jahrgänge, die wir jetzt gerade haben, sorgen auch dafür, dass wir gar nicht so viel Musik für Jüngere machen können, für die unter 20-jährigen, die Teenies. Dort ist der Markt viel zu klein. Wir sollten eher schauen, dass wir denen, die noch da sind, nicht immer nur Grönemeyer anbieten, sondern einfach mal gucken, was sonst noch so da ist. Und da sehe ich SIX, mit den Alben die wir jetzt haben, als ein Produkt, das sich dort durchaus etablieren könnte. Der Zeitpunkt also scheint mir richtig. 003 20121113 1767095970Glück an sich ist natürlich eine Sache, die man nicht beeinflussen kann. Ich habe jetzt dafür gesorgt, dass die Parameter stimmen und dass die Leute, die die richtigen Kontakte haben, mit im Boot sitzen. Ich bin jetzt an dem Punkt angekommen, wo ich sagen kann: Okay, ich lehne mich zurück und schaue mal, wie alles läuft. Das Baby steht auf der Schiene, es kann losfahren. Nur berechnen kann man es nicht, aber das ist ja auch das Spannende an der Sache. Genauso könnte es natürlich passieren, dass die Platten- und die Bookingfirma sagen: "Es gibt da ein Problem." Vielleicht sind wir nicht "hip" und cool genug. Vielleicht dadurch ja auch nicht MTV-tauglich. Die Vermarktungsschiene könnte aus ihrer Sicht problematisch sein. Würden wir Death Metal spielen wäre alles klar. Die Schiene Metal haben sie. Zeitung, Presse, TV-Sender ... alles ist vorhanden. Bei Hip Hop wäre es sicher eine andere Schiene, aber auch da wäre klar, wie man uns vermarkten müsste. Bei uns ist das Schöne, dass uns alle sehen wollen. Das Schlechte aber ist, dass die Radiosender, die Rock spielen, sagen: "Wir wollen euch nicht, ihr seid uns zu schlagerlastig." Und den Radiosendern, die Schlager spielen, sind wir zu rockig. Denen, die Programm für junge Leute machen, sind wir zu alt. Und Antenne Brandenburg sagt: "Ihr seid uns zu jung." Wir sind nicht Fisch und nicht Fleisch. Dadurch haben wir keinen eindeutig definierten Kanal, durch den wir durch können. Aber wenn wir trotzdem erst einmal durch sind, sollten wir es beispielsweise durch den Bundesvision Song Contest schaffen, eine größere Öffentlichkeit für uns zu gewinnen, weil wir meinetwegen dritter, fünfter, sechster werden oder überhaupt nur da sind, dann steht uns möglicherweise ein ganz anderes Potential zur Verfügung. Und das alles weil wir Musik machen, die alle Leute trifft und berührt. Eine verständliche aber doch keine Mallorca-mäßige, niveaulose Musik. Es könnte also passen, wie gut es wird, das werden wir sehen ...

2009 warst du der Meinung, dass ihr noch lange nicht angekommen seid. Allenfalls auf dem richtigen Weg. 2012 hört sich das nicht viel anders an. Angekommen seid ihr immer noch nicht, oder?
Ich war ja schon immer der Meinung, dass wir eigene Musik machen müssen und habe mich dafür stark gemacht. Wir können nicht vor 2.000 Leuten stehen und immer nur nachspielen. Andere Bands würden sich freuen, wenn sie ihre eigene Musik spielen und hätten mal so eine 2.000 Mann-Mugge. Schon '96 kam ja unsere Single "Keine Wunder" raus, die wir den Leuten vorstellten. Aber uns fehlte immer die Öffentlichkeit (Medien), es gab niemanden, der sich für uns interessiert hat und "Keine Wunder" war kein schlechtes Lied. Das ist es auch heute noch nicht, es ist zeitlos. Es wird immer ein Song sein, der berührt. Aber das Medieninteresse war gleich Null. Und deshalb hab ich damals in meiner naiven Jugendlichkeit gedacht: "Also okay, SIX muss so groß werden, wir müssen hier mit Sattelschleppern durch die Gegend fahren." Wir hatten ja damals auch drei Sattelschlepper, wir hatten 17 Techniker, wir hatten eine Laseranlage, wir hatten eine Videoanlage, eine eigene Bühne, eine riesen Ton- und Lichttechnik und so weiter. SIX musste was eigenes werden, so war mein Plan. Damals gab es die Schürzenjäger, die haben immer im Zillertal vor Tausenden von Leuten gespielt. Ein Block eigene Musik und einen Block Cover. Die Menschen haben gefeiert. Das wäre vielleicht auch für uns nicht der schlechteste Weg, dachte ich. Zu unserem Geburtstag kamen 10.000 Leute.004 20121113 1094455537 Da habe ich dann darauf gehofft, dass irgendwann mal jemand von der Industrie ankommt und sagt: "Da muss ja mehr sein, als bei jeder beschissenen anderen Coverband." Aber das ist nicht passiert. Darauf zu bauen, dass das von alleine, dass es ein Selbstläufer wird, dass die Industrie, von der ich immer dachte, dass sie wissen wie man CDs verkauft (wenn nicht die, wer dann?), sich darum kümmert und mal schaut, was da noch geht, das war ein Irrtum. Heute weiß ich, dass die überhaupt nicht wissen, wie man CDs verkauft. Die machen auch keinen Erfolg sondern die können allenfalls Erfolg nach vorne treiben. Mehr schaffen die gar nicht. Aber das war so ein Trugschluss von mir damals, und deswegen hatten wir so eine gigantische Mugge. Wir waren wirklich richtig gut, aber die Zeit war auch eine andere. Heute sind die Menschen nicht mehr da ... sie sind ausgewandert, zum Teil um einen Job zu kriegen. Auch medial hat sich sehr viel geändert. Früher, ich sag mal so in den Neunzigern, da haben wir am Freitag oder Samstag zu Hause gesessen und haben überlegt, "Was machen wir?", denn wir wollten nicht alleine sein. Der Mensch ist ja ein soziales Wesen. Heute machst du den Computer an und bist nicht mehr alleine. Da machst du einen Chat auf und so weiter ... Also diese Not unbedingt weggehen zu müssen, der ist überhaupt nicht mehr vorhanden. Ich wollte jetzt vor kurzem ins Kino gehen. Wir sind sonst immer so um zehn ins Kino gegangen auch mal Montags, mal Sonntags, wie uns halt so war. Um zehn, manchmal auch um elf. Es war ein Sonntag, 20:15 Uhr. "Na gut, der Film läuft jetzt gerade, gucken wir halt mal was 22.00 Uhr so kommt", sagte ich mir. Da gab es keinen Film mehr! Im Cinestar in Wildau (!!!) - also noch nicht einmal ein kleines Kino. Also habe ich mir gedacht: "Na gut, dann fährst du ins UCI nach Potsdam." Das hatte Sonntag zu! Uns geht es also nicht alleine so. Bowlingbahnen kranken, Kinos machen nicht mehr so oft auf, Diskotheken gehen ein oder öffnen nur noch einmal im Monat - früher hatten sie drei mal die Woche offen. Also es ist jetzt nicht nur so, dass weniger Leute da sind, sondern das ganze Verhalten der Menschen hat sich extrem gewandelt. Wir können ja wahrscheinlich auf lange Sicht gesehen so und so nicht ewig Linkin Park spielen. Mit 60 oder 70 ... Wir müssen halt sehen, dass wir eigene Songs spielen und wir werden auch daran arbeiten müssen, dass wir mehr Fans für unsere Songs gewinnen. Weil nur die dafür sorgen werden, dass wir auch überleben können. Zu RAMMSTEIN werden die Leute immer hinfahren. Wenn sie nicht in Cottbus spielen, dann fahren sie halt von Cottbus nach Berlin. Bei uns ist das noch so, dass wir ein regionales Phänomen sind. Wenn wir in Luckenwalde spielen, dann kommen die Leute aus Ludwigsfelde. Aber sie kommen nicht aus Cottbus. Denn irgendwann sind wir ja auch wieder in Cottbus. Wir müssen uns regional vergrößern und müssen Fans gewinnen mit denen wir dann auch unsere Zukunft gestalten können. Der "Hippie-Weggeher", der sich heute dafür entscheidet, ob er ins Kino geht, zu SIX, oder in die Disko, der hat immer mehr Angebote. Da ist facebook dazu gekommen, dann haben wir die Wii oder die x-Box. Im Garten grillen, sich einfach nur mit Kumpels treffen und Bier trinken... Kostet nichts und macht auch Spaß. Warum also weggehen? Der Plan der Zukunft muss jetzt irgendwie in folgende Richtung gehen: Es macht keinen Sinn zu sagen, dass wir das weiter machen, was wir die letzten 20 Jahre gemacht haben. Zumal wir auch viel zu viel Potential haben. Es wäre eine ganz andere Sache, wenn wir das wöllten und müssten, aber nicht können. Doch wir können ja anders. Andere Bands haben nicht die Chance, weil sie vielleicht nicht das Potential besitzen, die können gar nicht in die Richtung gehen, in die wir gegangen sind. Das ist das Schöne. Zu sagen, wir sind eine musikalisch hochwertige Band, ist das das eine. Daraus eröffnen sich dann auch andere Möglichkeiten und die zu nutzen, ist jetzt das Wichtige. Wir könnten natürlich auch sagen: Covern wir halt weiter. Noch mal RAMMSTEIN. Machen es schöner, holen noch ein bisschen Feuer ran oder so. Aber dann müssen wir uns auch eingestehen, RAMMSTEIN macht es eben besser. Und es ist das Original. Also, eigene Songs!

012 20121113 14882047961997 stößt Robert Gläser zu SIX? Ein Glücksfall für die Band?
Auf jeden Fall ein Glücksfall für SIX, aber auch ein Glücksfall für Robert. Er hatte ja bis zu diesem Zeitpunkt auch immer das Problem, dass er einen leeren Kühlschrank hatte (grinst). Das hat sich zum Glück geändert. Aber eigentlich ist es ja so, dass jeder Wechsel der stattgefunden hat (und das waren reichlich viele), irgendwie dazu beigetragen hat, dass die Band so ist, wie sie heute ist. Sicherlich kann man sagen, dass Robert einen sehr großen Anteil daran hat, weil er ja auch ein sehr kreativer Mensch ist. Aber ich bin mir auch sicher, dass jeder, der hier in unserer Band schon mitgespielt hat, seine Spuren hinterließ. In der Art wie wir denken, in der Art wie wir musizieren. Ob der- oder diejenige nun immer mit uns einer Meinung war, oder eher konträr, das sei einmal dahingestellt. Es gab immer Konfrontationen. Ansichten haben sich geändert. Das
Ergebnis ist SIX, so wie wir heute sind.

 

Mit Robert und dir arbeiten zwei sehr charismatische Typen zusammen und stehen gemeinsam auf der Bühne. Kommt es dabei nicht ab und an zu Reibereien?
Klar. Natürlich! Wir sind ja beide Alphatierchen. Und mehr Alphatierchen kann eine Band wahrscheinlich auch gar nicht vertragen, als uns beide. Es gibt richtig Reibereien, also auch richtig "mit laut". Aber eben unter Männern. Danach können wir auch wieder ein Bier zusammen trinken und Kumpels sein. Da hat das eine mit dem anderen mal nichts zu tun. Und wenn es Reibereien gibt, sind die auch ordentlich. Wenn zwei Alphatierchen zusammenstoßen, dann gibt keiner nach. Genau das ist aber auch der Grund, dass wir da stehen wo wir stehen. Durch diese Reibereien kommen wir vorwärts. Es gibt nichts Schlimmeres als keine Meinungsverschiedenheiten. Immer nur Friede, Freude, Eierkuchen, das bringt dich ja nicht weiter. Es muss immer ein Gegenpol zu jeder Meinung und überhaupt zu allem da sein. Genau deswegen war und ist Bulli auch immer noch mein bester Freund, weil er prinzipiell eine andere Meinung hatte als ich. Und wenn er sie nicht hat, dann nimmt er sie einfach ein (lacht). Dann wird also lange diskutiert bis zum Schluss ein Ergebnis dasteht, wo alle sagen, dass es okay ist.

Robert stand bereits mit Paul McCartney auf der Bühne. Was ist dein Traum? Mit wem würdest du gern mal auf der Bühne stehen?
Oh. Also ich hab mir ja meinen Traum schon erfüllt. Mein Traum war immer Udo Lindenberg. Wir hatten aber schon mal das Glück. Wir hatten damalseine neue Single draußen - mit Nadine - und haben in Cottbus gespielt. Wir haben ihm dann was zugeschickt und er hat uns genommen (er sucht sich ja seine Vorbands selber aus). Damals war übrigens auch Silbermond eine der Vorbands. Die kannte damals auch noch keiner. Damit habe ich mir meinen Wunsch also im Grunde schon erfüllt. Weiter gibt des eigentlich nichts. Also Udo war so für mich schon immer der Größte ...

008 20121113 1843570654Andreas "Ernie" Giersch gilt so ein bisschen als Diplomat der Band. Ist bei SIX viel Diplomatie von Nöten?
Ja, na klar. Er ist ja quasi der Ruhepol, der dafür sorgt, dass, wenn die Alphatierchen sich "kämpfeln", wieder Ruhe und Ausgeglichenheit in die Band kommt. Indem er mit jedem Einzelnen darüber redet ...

Eine Frage, die du bestimmt schon nicht mehr hören kannst ... Jürgen Schötz begleitet offiziell den Status eines "Gastschlagzeugers". Wie werden in Zukunft die Drums besetzt sein? Bleibt Jürgen oder seid ihr auf der Suche nach einem neuen Drummer?
Die Meinung in der Band verfestigt sich, dass Jürgen bleibt. Weil er einfach ein dufter Typ ist und super spielt.  

2002 starb deine Mutter. Erst knapp 10 Jahre danach erschien mit dem Song "Wärst du noch hier" eine musikalische Aufarbeitung. Hast du so lange gebraucht, um dich mit dem Thema auseinanderzusetzen?
Na ja, man setzt sich eigentlich immer mit dem Thema auseinander. Natürlich auch heute noch. 2010 ist dann auch noch meine Schwester gestorben. Es gab ja auch vorher schon einen Song, der sich dann bewahrheitet hat, das war "Keine Wunder". Dummerweise hat er sich irgendwie als richtig erwiesen. Im "Gefallene Engel"-Album war es uns noch nicht so wichtig, dass das ein autobiografisches Album wird. Dieses Album haben wir gemacht, weil wir jede Menge gängige Songs hatten und das waren irgendwann so viele, dass wir gesagt haben: Okay reicht. Man hätte auch zur damaligen Zeit darüber nachdenken und sagen können: "Man zieht mal die Hose runter und macht so ein autobigrafisches Ding." Aber das war damals noch nicht so der Plan. Letztendlich sind wir natürlich eine Band, aber in den Texten wird zum großen Teil meine Geschichte, die ja zum großen Teil auch die Geschichte der Band ist, erzählt. 95% muss ich da schon mittragen können und je mehr ich mittragen kann, desto besser kann ich auch den Inhalt transportieren, desto eher nimmt man uns das ab und um so authentischer wird es. Und deshalb war dann die Idee, das Thema mit meiner Mutter noch mal zu verarbeiten. "Keine Wunder" ist davor geschrieben worden und das hat sich ja dann im Grunde auch bestätigt. In der Zeit, wo ich "Wärst du noch hier" geschrieben habe, passierte das dann mit meiner Schwester. Also war es dann eigentlich auch egal. Mir war dann bei dem Song nicht mehr so wichtig, ob ich nun über meine Mutter singe oder über eine gestorbene Freundin (wenn ich dann mal eine gehabt hätte) oder über meine Schwester. Letztendlich ist es einerlei. Der Song betrifft genau alle, bei denen mal irgendwann irgendwer - ob es nun der Vater war, oder jemand anderes ist völlig irrelevant - gegangen ist.

014 20121113 1591525585Welche Rolle spielt Familie für dich? Also ich bin Scheidungskind. Und von daher wollte ich eigentlich nie, wenn ich mal selber ein Kind habe, dass ich mich scheiden lasse oder so was. Ich wollte dann schon eine Familie haben für meinen Knirps. Den ich jetzt auch habe, übrigens. Paul, 2 Jahre alt. Feiner Bengel. Ich hätte auch nicht gedacht, dass es Spaß machen kann mit so einem Stift. Also Kinder waren für mich immer eher so eine Belastung, aber man muss wahrscheinlich irgendwie erst selber Vater werden um es geil zu finden. Wie er so ranwächst, wie er alles lernt, Sprechen, Laufen, die Welt entdecken, das ist schon echt geil. Viele haben immer gesagt: "Dein Leben wird sich ändern. Komplett, wenn du ein Kind hast." Ich hab schon Angst davor gehabt, denn mein Leben war ja okay. Warum sollt ich es wieder ändern? Aber das ist nicht so! Also für alle die mal Vater werden wollen und darüber nachdenken  ... das Leben ändert sich überhaupt nicht, es kommt nur jemand dazu. Vielleicht ist es bei Leuten anders, die ihr Leben lang keine Verantwortung getragen haben. Und plötzlich müssen sie es. Aber ich habe ja quasi so lange wie ich Musik mache immer so für 10 bis 15 Leute Verantwortung getragen und musste immer dafür sorgen, dass sie irgendwie davon leben können oder dass es weitergeht. Dass es nach vorne geht. Also von daher hat sich bei mir nichts geändert, außer dass noch mal was Feines dazu gekommen ist.

Eure neue CD hört sich als Kampfansage, getreu dem Motto: "Tot gesagte leben länger", an.
Genau so ist es.

"Im Feuer geboren" berichtet von harten Zeiten, durch die SIX gegangen ist. "Ich glaube an die Liebe" ist eine Hymne die vor Optimismus strotzt. 2012 feiert SIX 20-jähriges Jubiläum. Wie sehen die Pläne für die Geburtstagsparty aus?
Wir wollen nicht eine Geburtstagsfete machen, so wie früher, sondern mehrere. 009 20121113 1029047507Das ist auch der Situation, wie ich das vorhin schon gesagt habe, also der gesellschaftlichen Situation, geschuldet. Wir werden eine Veranstaltung machen am 28. November in Cottbus, in der Chemiefabrik, da werden wir dann alte Mitstreiter einladen, die mit uns gemeinsam musizieren. Für alle Leute, die uns schon länger kennen, wird das dann schon mal interessant und für alle Neuen, die uns nicht kennen, für die wird es natürlich auch interessant. So nach dem Motto: "Okay, also diese Leute waren früher bei der Combo." Das sind immer ganz lustige Begebenheiten, weil jeder, der mal in der Band war, hatte irgendwas, was nur er konnte oder nur er gemacht hat. Da sind dann schon ein paar schöne Sachen dabei. Und dann sind wir noch am Überlegen, ob wir so was noch mal in Luckenwalde und in Brandenburg machen, oder vielleicht auch im Erzgebirge. So eine Jubiläumsveranstaltung quasi. Also verteilen auf die Gebiete, in denen wir jetzt bekannt sind. Nicht eine Große, wo dann die Leute aus dem Erzgebirge, wie früher, nach Cottbus, nach Lübben oder nach Jüterbog gefahren sind, sondern eben mehrere.

"Her mit eurem Geld" fällt auf dem neuen Album sowohl musikalisch als auch textlich ein wenig aus der Rolle.
Komplett. Das war ja bei SILLY zum Beispiel auch so. Mit "Ich bin der letzte Kunde". Den Song hassen sie ja im Grunde jetzt und wollen ihn auch gar nicht mehr spielen. Ich sehe das so ... Mein Vorbild ist ja Udo, wie ihr wisst. Und da ist das ja noch ein bisschen anders. Bei ihm ist es "Andrea Doria". Die eine Nummer, die quasi auch aus dem Rahmen fällt, wenn man seine anderen Songs nimmt. Ich finde "aus dem Rahmen fallen" ja eigentlich eher interessant und für die Leute, die wirklich nichts damit anfangen können, die zippen eben weiter.

010 20121113 1544236929Provozierend gefragt: Also kein Lückenfüller?
Ich glaube, du kannst mit so einem Song nur gewinnen. Und letztendlich ist auch "Her mit eurem Geld" ja ein Song, der mich widerspiegelt. Ich hatte ja auch das Glück in meinem "Wahnsinn", den ich da betrieben habe, drei LKWs zu besitzen. Plötzlich hat sich dann nebenbei daraus auf einmal noch ein Fuhrunternehmen mit 12 LKWs entwickelt, die ich dann am Start hatte. Irgendwie habe ich das natürlich nur mit "halbem Arsch" gemacht, denn ich bin Musiker. "Schuster bleib bei deinen Leisten". Und das Ding ist völlig nach hinten losgegangen. Ich hätte wahrscheinlich eine GmbH gründen müssen. Ich hätte jemanden einstellen und sagen müssen, "Hier haste! Gib mir 20% und du hast eine Firma", und ich hätte damit wahrscheinlich das Auskommen für mein Leben gehabt. Alles so etwas hätte ich machen können. Hab ich aber nicht, weil mein Fokus war immer Musik. Und nachdem das so nach hinten losgegangen ist, weiß ich auch wie das ist, wenn man nur noch fünf Euro in der Tasche hat und sich überlegt: "Geht man jetzt zu McDonald's und holt sich noch einen Burger oder lässt man's bleiben?" Ich hatte von "Oben" bis "Unten" im Grunde alles durch. Irgendwelche Leute, die den Strom abdrehen wollten. Auch das gab es schon und ich glaube, damit bin ich nicht der Einzige in Deutschland. Deshalb macht so ein Song auch mal Spaß und auch wieder Sinn. Und wenn ich dann so sehe, wie ... das musst du dir mal vorstellen! Da hat doch wirklich vor Kurzem, das Finanzministerium tierisch die Korken knallen lassen, weil wir nur noch 17 Millarden Euro Schulden aufnehmen müssen. Nicht, dass wir Schulden abzahlen. Nein. Wir nehmen noch neue 17 Milliarden Euro auf. Der Grund für die Freude: Sonst haben wir noch viel mehr aufgenommen. Nun weiß ich aber, dass wir pro Tag 100 Millionen Euro nur an Zinsen zahlen. Nicht Tilgung... Zinsen! Das macht nach Adam Ries im Jahr dann 36,5 Mrd. Zinsen. Und wir nehmen 17 Milliarden Euro auf. He? Nun geh mal zu einer Bank und sag: "Pass auf, ich kann dir keine Rate geben, wahrscheinlich kannst du auch keine Zinsen von mir bekommen, aber gib mir noch mal Geld, da kannst du noch etwas von den Zinsen bekommen, die du eigentlich so und so von mir bekommen müsstest." Das wird schwierig. Und das dann von so einem Staat, der sagt, "Dann lass uns doch mal für 7 Milliarden einen Bahnhof bauen, in Stuttgart." Der Bahnhof kann auch 100 Millionen kosten, aber nein, der muss 7 Milliarden kosten. In einer Stadt, die schon einen Bahnhof hat. Die können schon mit dem Zug hin und her fahren, die können einsteigen, wegfahren und alles ... die kriegen einen neuen Bahnhof für 7 Milliarden. In so einer Situation. 7 Milliarden sind ja nur ein Teil von dem Blödsinn, den man nicht haben muss. Genauso wie diesen "Palast der Republik", da muss ja jetzt unbedingt ein Schloss hin. Keiner hat Geld, aber die reißen das Ding ab. Das kostet zig Millionen und dann kommt ein neues Ding hin. Und dann heißt es wieder: Wir haben kein Geld! Ja, was ist denn hier los? Letztlich ist das ja auch mein Geld. "Her mit eurem Geld!", also mit meinem Geld eigentlich.

007 20121113 1674383438"Narben und Souvenirs". Hier geht es um eine Person, die verlassen wird. Sie bleibt zurück mit einer vernarbten Seele. Aber das Leben ist ein Glücksspiel und schon morgen werden die Karten neu gemischt. Handelt es sich bei dieser Person um Stefan Krähe?
Ja klar. Auch. Herzschmerz. Gerade bei Musikern ist das ja ganz eigenartig. Als Musiker bist du erst mal von allen begehrt. Und wenn sie dann erfahren, wie das so wirklich ist, will keiner mehr mit dir zusammen sein. Und so sind quasi Beziehungen immer nur temporär. Es gibt immer einen Schluss und wie das so ist, zu 90% machen immer Frauen Schluss. Also nicht nur bei mir sondern prinzipiell ist das so. Männer neigen dazu zu sagen: "Ach, wir gehen dem Ärger aus dem Weg, gründen einen Kegelverein ... aber nur keinen Stress." Frauen dagegen neigen dazu in wirklich allem rumzubohren und an Sachen zu erinnern, die schon Milliarden Jahre vorbei sind und an die sich kein Mensch mehr erinnern kann ... "Du hast damals gesagt..." So ein Stress ist dann bei Musikern im Grunde komplett vorprogrammiert, weil es früher oder später so und so nach hinten losgeht und da ist natürlich auch immer viel Herzschmerz mit dabei gewesen.

"Glück" (auch ein Song vom neuen Album) ... Was bedeutet für dich Glück?
Huhh ... Glück nicht zu haben, das ist ja im Grunde genommen das Thema von dem Song. Also wenn du wirklich von einer Scheiße in die andere reitest und denkst: "Das kann doch nicht wahr sein. Das muss doch auch irgendwann mal aufhören." Du machst alles richtig aber trotzdem haut es dir einfach die Beine weg. So ganz ohne eigenes Verschulden. Das gibt es auch. Du musst eben wissen, dass du eine Weile einfach kein Glück hast. Trotzdem musst du weiter machen, weil es kommen auch irgendwann wieder andere Zeiten. In denen du möglicherweise nur noch Glück hast. So wechselt sich das ständig ab. Also dreh einfach nicht durch, wenn es mal ein wenig besser ist. Aber kack auch nicht ab, wenn es mal Scheiße ist.

005 20121113 1931608370Am 16. März spielt ihr im im Vorprogramm von CITY. Habt ihr eine besondere Beziehung zu dieser Band?
Na Robert hat da eine nähere zu "Fritze" (Gitarrist Fritz Puppel, Anm. d. Red.). Die kennen sich halt schon länger. Ich eher weniger. City ist für mich eigentlich nur eine der übrig gebliebenen Dinosaurier. Der davon ... City, Karat und Puhdys. Ich habe höchsten Respekt vor ihnen, denn sie haben sich lange gehalten, auch wenn es jetzt nicht unbedingt mit neuen Songs ist. Aber das ist eigentlich egal. Vor solchen Leuten, die auch im hohen Alter noch auf der Bühne stehen und Geld verdienen, vor denen kann ich nur meinen Hut ziehen. Hmm ... 65 ist für mich ja jetzt nicht mehr ein hohes Alter, so weit bin ich nun nicht mehr davon entfernt. Früher aber war das für mich ein hohes Alter (lacht). Das möchte ich auch. So lange es Menschen gibt die mich sehen wollen werde ich auch auf Bühnen stehen. Ich hoffe es bleibt noch lange so.

Ein Trend vieler Rockbands sind neben dem Auftritt mit Sinfonieorchestern, Unplugged-Konzerte. Ihr habt in den vergangenen Jahren auch das eine oder andere Unplugged-Konzert gegeben. Werden wir SIX auch in diesem Jahr unplugged zu hören und zu sehen bekommen? Unplugged ist überhaupt nicht mehr so in der Planung. Das hat ein bisschen davon gelebt, dass wir früher noch verschiedene Sänger hatten. Momentan zumindest hat Priorität, die eigenen Songs so zu spielen, wie sie sind. Unplugged spielst du ja in einer abgeänderten Form. Das ist genau die selbe Frage wie: "Warum macht ihr kein Weihnachtsalbum oder so was mit Weihnachtsliedern?" So was macht man allenfalls, wenn man schon andere Alben hat. Da kann man dann auch mal so was machen. Man spielt aber kein Weihnachtsalbum ein und hat vorher nur eine CD herausgebracht, oder an Ende noch gar keine. Und mit unplugged ist das ähnlich. Du musst erst mal irgendwas haben, was richtigen Erfolg hat. Nehmen wir mal an, "Narben und Souvenirs" knallt durch die Decke, dann kann man sagen: "Okay, jetzt macht man etwas für einen kleineren Raum, eine kleinere Location, ein Unplugged-Konzert." Wenn die Songs jeder kennt, dann macht es auch Spaß, sie in einer anderen Form zu spielen. Aber wenn das jetzt jemand hört und den Originalsong gar nicht kennt, dann denk ich mir ... eigentlich wäre es schöner, wenn er den Song so hören würde, wie er wirklich ist. Und deshalb machen wir höchstens mal Club-Konzerte oder so was, oder Konzerte mit einem Sinfonie- oder Kammerorchester.

006 20121113 1693471719Ihr steht jede Woche auf der Bühne. Nie hat man den Eindruck ihr seid der Sache überdrüssig oder müde. Jedes Wochenende volle Power, bei jedem Konzert kommt Druck von der Bühne. Wie anstrengend ist so ein Leben?
Ja, das kann ich so nicht sagen ... Also auf jeden Fall gibt es da immer so kleine Sachen, die stimmen müssen. Zum Beispiel darf ich auf keinen Fall müde sein. Das habe ich gelernt. Wenn man jetzt so viele Muggen hintereinander hat und ich hab nicht gepennt, weil man durchgefetet hat oder so, dann ist das nicht gut für die Stimme. Sänger müssen acht Stunden schlafen und dann dauert es noch mal vier Stunden bis die Stimme da ist. Also 12 Stunden brauche ich Ruhe. Aber die hole ich mir dann auch. In der Woche schaffe ich das ja nicht, da schlafe ich höchstens vier, fünf Stunden manchmal auch sechs ... aber auch heute (das Interview fand unmittelbar vor einem Konzert statt) habe ich insgesamt komplette 10 Stunden geschlafen. Die sollte ich auch haben, und da habe ich mir auch die Zeit genommen, weil ich weiß heute Abend muss ich "an" sein. Und ich bin nicht "an", wenn ich müde bin. Das sind so Sachen, die sich über Jahre eingeschliffen haben. Du weißt, die und die Parameter müssen stimmen. Aber letztlich kann es nur so sein, wenn du auch Spaß hast an dem, was du machst. Und darauf achte ich und deshalb sage ich auch: Ich spiele nicht alles was ihr wollt, sondern ich mach das, was mir Spaß macht. Denn nur dann kann ich auch anzünden. Anzünden aber kannst du nur, wenn du selber brennst.

Was würdest du einem Nachwuchstalent mit auf dem Weg geben?
Na dann kommt mein Spruch: "Du schaffst alles was du willst. Und wenn du es nicht geschafft hast, dann hast du es nicht richtig gewollt." Alles ergibt sich nur aus dem "Wollen". Wenn du wirklich willst, dann bist du konsequent, dann bist du fleißig, dann machst du die Sachen, die wichtig sind. Es passiert letztlich alles nur durch deinen Willen. Ich würde ihn fragen: "Also hau mir jetzt nicht die Taschen voll ... Willst du wirklich? Oder sagst du nur, dass du es willst, weil du es schön findest, weil du nur sagst: 'Das möcht ich auch mal'." Wenn du möchtest, dann wirst du es nie werden, wenn du wirklich willst, dann wirst du Rockstar. Du kannst wahrscheinlich sogar Präsident der Vereinigten Staaten werden. Ganz in deinem tieferen Inneren musst du das wollen, dann schaffst du so ziemlich alles. Fast alles. Gesundheit kann natürlich dazwischen kommen, so dass du vielleicht kein Kosmonaut werden kannst. Aber ansonsten ..
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Danke!

 

Interview: Jens Lorenz
Bearbeitung: cr
Fotos: Jens Lorenz, Dietmar Meixner, Pressematerial Band

 

 

 

 

 


   
   
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