Liebe Minou

"Am liebsten Herzen berühren..."


001 1 20130107 1120554412Wenn uns das neue Jahrtausend in Sachen Musik etwas zurück gebracht hat, dann ist es die Vielzahl an Abwechslung und auch die Qualität, die in den 90ern lange Zeit nur noch Nebensache oder nur noch in Nischen zu finden war. Viele junge Künstler bekommen wieder die Möglichkeit, Dinge zu probieren, und nutzen sie auch. Einer dieser jungen Künstler ist die Sängerin MINOU, die vor ein paar Tagen ihr Debüt-Album "Ich" veröffentlicht hat. Die bei SONY MUSIC erschienene CD bringt Überraschendes mit! Töne, die man möglicherweise schon lange nicht mehr gehört oder schlimmstenfalls sogar schon vergessen hatte. Sie bringt Spaß, lässt aber den Anspruch dabei nicht außen vor. Der Großteil der Songs stammt von der jungen Künstlerin selbst, was ebenfalls bemerkenswert ist. Kreativität, Talent und eine überzeugende Spielfreude vereint diese junge Künstlerin in sich. Vielleicht habt Ihr Minou ja schonmal irgendwo mit einem ihrer "Keks-Konzerte" gesehen. In einer Telefonzelle, in einem Baumhaus oder gar einem Fotoautomaten? Ihr könnt mir nicht ganz folgen? Was es damit auf sich hat, was sie über ihr erstes Album und über sich zu erzählen hat, könnt Ihr jetzt hier nachlesen...



Dein erstes Album ist veröffentlicht worden. Vielleicht erzählst Du den Lesern einfach mal aus Deiner Sicht, was sie erwartet, wenn sie Deine CD kaufen...
Ich wollte mich bei dem Album gar nicht erst auf ein bestimmtes Genre festlegen, sondern alle Musikrichtungen, die mich seit meiner Kindheit schon begleiten, verbinden. Darum hört man an einer Stelle auch ein bisschen Jazz heraus, an anderer Stelle vielleicht einen Chanson, manchmal ist auch etwas Blues zu hören und natürlich Pop. Es geht auf meinem Album auch um die Liebe zum Detail. Das ist etwas, was ich so auch haben wollte, nämlich dass da ganz viele Sachen drin versteckt sind, und dass man, wenn man die CD ein zweites und ein drittes mal hört, immer noch neue Dinge entdecken kann. Kleine Elemente, die auch zu den Geschichten beitragen, die ich in meinen Liedern erzähle. Ich erzähle in meinen Liedern ja gerne Geschichten von mir selbst, und diese kleinen versteckten Elemente tragen zu der Stimmung bei. Das Album hört sich an nach Karamell, es klingt bunt und nach Liebe. Und trotzdem ist es auch ernst, denn zum Teil sind es traurige Dinge, die ich in meinen Liedern verarbeitet habe. Ich packe Erlebtes sehr gerne in Lieder, so dass sich durch die Musik ein neuer Raum für mich öffnet. Es ist bei mir tatsächlich so, dass, wenn ich Musik mache, ich für mich neue Räume öffne; ein neuer Klang, eine neue Traumwelt. Ich finde zum Musikmachen Träume ganz wichtig. Ich träume immer ganz viele Melodien, und auch von Texten. Genau das wollte ich: Dass das Album so klingt, wie die Musik in meinen Träumen.

 

007 20130107 1810355442Wie lange hast Du an Deinem Album gearbeitet?
Ich habe etwa ein Jahr mit meinem Produzenten daran gearbeitet.

 

Ich habe gelesen, dass Du viele Songs - Musik und Text - selbst geschrieben hast, aber einige Songs stammen nicht von Dir...
Ja, ich schreibe unheimlich gerne selbst. Aber ich finde es auch insgesamt im Leben spannend, wenn jemand anderes etwas sagt, was einem selber schon auf der Zunge liegt, man aber bisher nicht wußte, wie man es aussprechen soll. Oder es schlummert etwas im Unterbewusstsein, was man selbst noch gar nicht bemerkt, und jemand anderes spricht das dann aus. Das fühlt sich dann an, als hätte man es selbst gesagt. Das ist manchmal auch sehr überraschend und sehr emotional, wenn jemand anderes einen tollen Text macht, wie z.B Beatrice Reszat, die zu meinem Album zwei Titel beigesteuert hat.

 

...und wie sind die anderen Stücke entstanden? Wie machst Du Deine Songs?
Oh ja, das ist eine gute Frage. Wenn ich z.B. von Liedern träume und dann aufwache, zücke ich ganz schnell mein Büchlein und schreibe den Traum und die Klänge, die ich im Kopf hatte, auf. Ich setze mich dann später ans Klavier und schreibe die Lieder zu dem, was ich da geträumt habe. Manchmal dauert es ein bisschen länger, bis ein Lied fertig ist, manchmal geht das auch richtig schnell, bis mir ein Einfall kommt. Es ist wirklich schön, wenn man so richtig lossprudeln kann, weil man ein Gefühl hat und das einfach aufschreiben muss.

 

002 20130107 1147483430Die Lieder und die Arrangements sind sehr erwachsen, auch wenn das Verspielte hier und da noch durchschimmert. Wie kommt eine so junge Frau wie Du dazu, diese Musik, die teilweise ja kaum noch gemacht wird, in Deinen Songs zu verarbeiten? Das ist für Deine Generation doch recht untypisch...
Ich weiß gar nicht, ob das so untypisch ist. Aber wenn man in sich selbst hinein hört, können die unterschiedlichsten Dinge zu Tage kommen. Es war mir persönlich sehr wichtig, dass ich für mein erstes Album tief in mich hinein höre. Das war auch meinem Produzenten sehr wichtig. Er hat mich bei den Arbeiten an der CD gefragt, was tief in mir steckt. Und oft steckt das, was man sucht, tief im Unterbewusstsein. Wenn man es dann schafft, das herauszuholen, dann wird das Ergebnis etwas ganz besonderes - und das Gefühl hatte ich am Ende auch.

 

Bei einem der Songs hört man plötzlich Zirkusmusik und das meinte ich bei meiner Frage damit, dass das heute kaum noch einer macht. Bei Dir klingt das so frisch und als wäre es das normalste auf der Welt...
Ja, ich liebe das. Wie ich vorhin schon sagte, ich mag es ganz besonders, diese neuen Räume zu öffnen. Auch mal zu gucken, was eigentlich zusammen geht. Manchmal denkt man vielleicht, man müsse sich für ein bestimmtes Genre entscheiden. Ich musste mich da gar nicht entscheiden, sondern habe einfach ausprobiert, welche Musik zu welchem Song passt. Darum ist die CD auch so bunt geworden. Mein Produzent ist da auch ganz toll und hat mich in dem Vorhaben bestärkt. Wir haben in dem einen Jahr stundenlang zusammen gesessen und geschaut, was uns musikalisch gut gefällt, und das Album ist das Ergebnis.

 

003 20130107 1399957531Die Covergestaltung der CD ist dann doch recht verspielt. Man sieht handgemalte Herzen und Blumen, Du selbst bist in verschiedenen Posen abgelichtet worden und im Booklet zu sehen. Hat dieses phantasievolle Artwork eine besondere Bedeutung?
Das gehört mit zu meinen Träumen. Meine Träume sind teilweise sehr märchenhaft. Ich mag es, das alles zu verbinden; dieses Verspielte und gleichzeitig auch ernsthaft zu sein. Das ist etwas, was ich für mein ganzes Leben mitnehme: Die schönen Erinnerungen aus der Kindheit. Ich bastle z.B. auch unheimlich gerne. Ich habe sozusagen die Kindheit in meiner Tasche mitgenommen.

 

Hat man als Musiker, wenn man ein Album veröffentlicht hat, ein ganz bestimmtes Lied, das einem besonders am Herzen liegt?
Mir liegt jeder einzelne Titel am Herzen. Bei mir ist es so, dass ich keinen Lieblingstitel auf der CD habe. Es ist vielmehr so, dass es zu jeder Situation einen Titel gibt, der mir dann besonders gut gefällt. Wenn ich "Herzschmerzen" habe, dann höre ich das Lied "Hallo", wenn ich gut gelaunt bin oder mich einfach nur freuen will und rumhüpfe, dann höre ich mir "An Dich" oder "Mein Zuhause" an. So geht das mit allen Liedern auf der CD.

 

004 20130107 2040435548Ein Lied, das mich selbst sehr angefasst hat, ist das Stück "Kastanienbaum". Du verarbeitest in diesem Lied Deine Kindheitserinnerungen...
Ja, genau... Über die Musik fällt es mir leichter, mich zu öffnen und Dinge zu verarbeiten. So ist es bei diesem Lied eben auch. Das sind ganz fest verankerte schöne Erinnerungen an meine Kindheit. Diesen Kastanienbaum gibt es wirklich, und ich habe das Lied an diesen Kastanienbaum geschrieben. Ich sage auch immer: "Ein Baum erinnert sich." (lacht)

 

Du hast ihn in diesem Gespräch nun schon mehrfach erwähnt, Deinen Produzenten Achille Fonkam. Wer ist das?
Achille Fonkam ist ein ganz toller Produzent und Künstler im besten Sinne. Er ist eigentlich aus Paris, seine Wurzeln liegen aber in Kamerun, und seit drei Jahren machen wir zusammen Musik.

 

Ist Deine Studioband auch gleichzeitig die Band, mit der Du live auftrittst?
Ja, auf jeden Fall...

 

005 20130107 1450442650Wie habt Ihr Euch gefunden?
Es hat vor zwei Jahren angefangen, dass ich Musiker um mich herum geschart habe. So kam einer nach dem anderen zusammen. Ich bin mit den Musikern auch schon gemeinsam auf "Keks-Konzert-Tour" gegangen. Die Jungs waren immer ganz toll und sind für jeden Spaß zu haben. Wir sind sogar schonmal auf einen Baum geklettert und haben dort ein Konzert gespielt (lacht). Ich habe mir Musiker ausgesucht, die in meiner Nähe sind, an ihren Instrumenten gut sind und die ich sehr schätze.

 

Das Stichwort fiel gerade: "Keks-Konzerte". Was genau ist das?
Das sind Konzerte, die an kleinen "Plätzchen" stattfinden, und darum habe ich sie auch "Keks-Konzerte" getauft. Zu diesen Konzerten habe ich immer selbstgebackene Kekse mitgebracht. Für mich sind Kekse und der Duft von Keksen auch eine sehr schöne Erinnerung an meine Kindheit. Das möchte ich mit meinem Publikum teilen. Ich bringe diese Kekse dann mit und verbinde sie mit der Musik und den guten Texten. Diese Konzerte sind immer eine Welt für sich.

 

Wird es diese "Keks-Konzerte" in Zukunft auch weiterhin in der Form geben?
Ja, auf jeden Fall!

 

Gibt es denn zur CD eine eigene Tournee?
Oh, das wird noch überraschend sein. Das verrate ich alles noch nicht (lacht).

 

Die Leute können sich also schonmal auf eine Überraschung freuen. Soviel hast Du ja jetzt schon verraten...
Ja, Überraschungen gibt's sowieso immer bei mir. Bei mir stehen Überraschungen ganz weit oben (lacht).

 

006 20130107 1201386574Was möchtest Du mit Deiner CD erreichen? Welche Hoffnungen und welche Wünsche hast Du an sie geknüpft?
Ich möchte durch gute Texte und Geschichten, die das Leben so schreibt, und einfachen Melodien, die zum Mitsingen anregen und die auch tief sind, am liebsten Herzen berühren.

 

Wie bist Du letztlich eigentlich zur Musik gekommen?
Wann ich das erste Mal mit Musik in Berührung kam, weiß ich gar nicht mehr. Wahrscheinlich schon im Bauch meiner Mama (lacht). Die hat mir früher nämlich immer etwas vorgesungen. Mit drei Jahren habe ich Klavier-Unterricht bekommen. Dann habe ich auch angefangen zu singen, und mit 19 Jahren habe ich Achille Fonkam kennengelernt und bin mit ihm zusammen in die Musikwelt eingetaucht.

 

Gab's in Deiner Jugend eigentlich auch Bands, in denen Du gespielt bzw. gesungen hast?
Ja, die gab es. Ich habe mir immer Bühnen gesucht. Auch in Quickborn, wo ich aufgewachsen bin, haben wir draußen ganz viel Musik gemacht. Ich habe schon immer und überall sehr gerne Musik gemacht. So ist es auch zu den "Keks-Konzerten" gekommen. Ich habe mir immer die kleinen Bühnen gesucht und auch Orte, an denen es vorher vielleicht noch nie ein Konzert gab.

 

008 20130107 2078201052Hast Du von Deinen Eltern in Deinem Vorhaben, Musiker zu werden, Unterstützung bekommen?
Es war ja in meiner Jugend schon so, dass ich sehr viel Musik gemacht habe. Meine Eltern kannten das also bereits, haben mich aber immer vorgewarnt, dass ein abgeschlossenes Abitur auf alle Fälle sein muss (lacht). Es war aber auch für mich klar, dass ich das vorher auf jeden Fall machen wollte. Nach dem Abitur hatte ich meine Freiheit, und da haben mich meine Eltern auch unterstützt. Die fanden das toll und waren manchmal sogar bei den Keks-Konzerten dabei. Mein Vater wollte eigentlich, dass ich wie er Ärztin werde, aber wie das dann so ist... (lacht)

 

Hast Du musikalische Vorbilder oder lässt Du Dich von irgendwelchen Musikern inspirieren?
Ich habe eigentlich keine richtigen Vorbilder, aber es gibt Künstler, die ich ganz toll finde und die ich auch sehr gerne höre, z.B. Ella Fitzgerald, Norah Jones oder Aretha Franklin. Ganz toll finde ich auch den Geschichtenschreiber und -zauberer Michael Ende. Er war sozusagen das Idol meiner Kindheit. Ansonsten lasse ich mich überall inspirieren, von Geschichten und Momentaufnahmen, die so im Leben passieren.

 

Als Interpreten-Name steht auf der CD "Liebe Minou". Was hat das zu bedeuten? Wirst Du "Liebe Minou" genannt oder ist das der Projektname?
So würde ich das nicht sagen, denn ich mag das Wort nicht so. "Liebe Minou" ist sozusagen das Musikalische, und "Minou" nennt man mich. Es ist so, dass ich viel über die Liebe schreibe. Ich liebe auch verschiedene Dinge, z.B. Schokoladenkekse und auch die Liebe zum Detail ist für mich ganz wichtig. Ich liebe auch Briefe, und in Briefen schreibt man ja auch immer "Liebe...". Das alles soll dieser Name symbolisieren.

 

cd 20130107 2035086658Ich habe in der Rezension zu Deiner CD geschrieben, dass ich viele Parallelen zwischen Dir und Annett Louisan entdeckt habe. Gibt es da eine Verbindung?
Nein, eigentlich nicht. Aber ich nehme das, was Du da gerade gesagt hast, als Kompliment...

 

Ja, das kannst Du auch - so war's gemeint...
Ich halte sie für eine ganz tolle Künstlerin, aber ich kenne nicht allzu viel von ihr. Aber was ich kenne, fand ich ganz schön. Wenn es zwischen mir und ihr Parallelen gibt, dann sind diese aber nicht beabsichtigt.

 

Damit sind wir am Ende unseres Gesprächs. Möchtest Du noch ein paar abschließende Worte an unsere Leser richten? 
Ich würde gerne alle Leser in mein Keks-Tagebuch (Minous Homepage auf www.liebeminou.com, Anm.d.Verf.) einladen. Dort kann man viele meiner Ideen und Basteleien, meine Musik, Gedichte, Keks-Konzerte und vieles mehr finden.

 

Interview: Christian Reder
Bearbeitung: kf, cr
Fotos: SONY / Pressebilder