Stefan Waggershausen

 

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Waggershausen-Fans haben den 5. März ganz fett in ihrem Kalender angestrichen. Auch den 6. März werden sich einige im Kalender und in der Fernsehzeitschrift angekreuzt haben. Warum? Am 5. März kommt das langersehnte neue Album "So ist das Spiel" (Rezension: HIER) in die Plattenläden. Einen Tag später ist Stefan zu Gast bei "Willkommen bei Carmen Nebel" im TV und stellt in dieser samstäglichen Live-Show zur besten Sendezeit sein neues Album vor. Entspannte Aufgeregtheit macht sich breit... auch innerhalb unserer Redaktion, denn wir drücken ganz fest die Daumen. Stefan war musikalisch in den letzten (fast) 14 Jahren nicht mehr als Solist aktiv. Er schrieb und arrangierte Film- bzw. Fernsehmusik, schuf ein Musical und brachte sich in die Arbeit der GEMA ein. Nun wurde es aber wirklich Zeit für neue eigene Töne. Das neue Album ist darum natürlich das Hauptthema in unserem Interview mit ihm. Wer Stefans Musik kennt und die neue Scheibe hört, stellt sofort eine gewisse Vertrautheit fest. Die Vertrautheit mit über 30 Jahren Waggershausenscher Musik, die Vertrautheit mit seiner immer noch jugendlich klingenden Stimme und die Vertrautheit mit den Inhalten. Auch wenn die Songs aktuell klingen und neu sind, ist die Handschrift des inzwischen wieder am Bodensee beheimateten Songwriters deutlich erkennbar. Die Fans und die deutsche Musiklandschaft haben ihn wieder. Doch bleibt er jetzt auch? Was erwartet seine Fans am kommenden Freitag wenn die CD erscheint? Wie sind die neuen Songs entstanden? Antworten auf diese und andere Fragen gibt's jetzt exklusiv bei "Deutsche Mugge"...
 

 

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Die erste Promotion Tour nach 13 Jahren. Wie ist sie Dir bisher bekommen und wie läuft sie?
Ich seh' das mehr so mit einem gewissen Spassfaktor. Klar, es hat sich in den vergangenen 14 Jahren 'ne ganze Menge in der Medienlandschaft geändert. Es ist ja ganz interessant mal festzustellen, wie das heute alles so abläuft. Ein Abenteuer eben.

 

Nach „Die Rechnung kommt immer“ im Jahre 1997 kommt im März „So ist das Spiel“. Wie lange hast Du von dem konkreten Vorhaben, eine neue CD zu produzieren, bis zum letzten Ton im Studio gebraucht?
Es gab kein konkretes Vorhaben, ein neues Album zu produzieren. Ich habe irgendwann 1996/1997 – im übertragenen Sinne - meinen Gitarrenschrank zugemacht und mich anderen Projekten gewidmet. Kindermusical, Songs für die TV-Serie "Siebenstein" usw. Irgendwann vor ca. zwei Jahren habe ich meine Gitarren mal angeschaut, wir haben einen tiefen Blick gewechselt und ich hab' meiner ES 150 Gibson 6 neue Saiten geschenkt. Das fand sie toll! Wir haben 'n bissel Musik gemacht und irgendwie war plötzlich der erste Stefan Waggershausen-Song nach vielen Jahren wieder (zumindest als Skizze) da. Die Magie war zurück, der Spass war zurück und das Songwriting lief dann ganz von selbst. Alte Music-Companeros wie Billy Lang, Peter Weihe kamen ins Studio und dann war'n da eines Tages 'ne ganze Reihe Lieder schon ziemlich weit. Konkret wurde alles erst im Frühsommer letzten Jahres. Da hab ich mich dann definitiv entschlossen, die Songs auf einer CD zu veröffentlichen.

 

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Es ist immer die Rede davon, Du wärst 14 Jahre weg gewesen. Stimmt ja nicht ganz, oder? Immerhin gab es mit „Wolke 7“ eine Art Musical für die ganze Familie, zwei Kopplungen und ein paar Maxi CDs mit neuen Songs. Fühlte sich die Zeit nach „Die Rechnung kommt immer“ für Dich wie eine lange Pause an?
Weg war ich nie. Es war nur 'ne Art Pause in Sachen eigener Stefan Waggershausen-Songs. Die Songs auf den Kopplungen / Compilation–Alben stammten aus 'ner früheren Zeit und wurden einfach wieder-, und mit ein paar bis dato unveröffentlichten oder noch nicht ganz fertig gestellten Liedern als Bonus veröffentlicht.

 

Was hast Du denn außerdem noch in dieser Zeit gemacht? Ich weiß von Deiner Arbeit für die Sendung „Siebenstein“ und Deiner Tätigkeit für die GEMA, aber das wird ja nicht alles gewesen sein, oder?
Irrtum! So 'ne Siebenstein-TV-Staffel mit mehreren Songs, das dauert schon. Da muss man die Drehbücher lesen, die Songs schreiben, die Songs produzieren, synchronisieren mit den Schauspielern, mischen. Sowas ist ziemlich zeitintensiv.

 

Bitte erzähle unseren Lesern doch bitte etwas über das neue Album. Was erwartet den interessierten Hörer, der sich Deine CD kaufen wird?
Es sind 12 Songs aus meinem aktuellen Musiktagebuch, wie ich es immer nenne. Teilweise sicher melancholische Balladen, teilweise entspannte Highway-Musik, mal schaut mir der Blues über die Schulter, mal wird getanzt am Bayou und der Sumpf-Frosch quakt, teilweise grooven und zucken die alten Wolfknochen dann noch ganz locker vor sich hin...

 

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Interessant ist der Fakt, dass neben einer CD auch eine Vinyl-Scheibe erscheinen wird. Ist das die Entscheidung der Plattenfirma oder war das Dein Wunsch?
Ich war und bin immer ein grosser Vinyl-Fan gewesen und habe das Angebot von SONY, dies auch als Vinyl-Album zu veröffentlichen, dankend und natürlich mit grosser Freude angenommen.

 

Es sind wieder die für Dich typischen Kunstwerke in Textform zu hören. Wieviel Autobiographisches steckt in den Songs von Stefan Waggershausen?
Klar, da sind einige Songs auf diesem Album, die sicher 'ne ganze Ecke autobiographische Züge enthalten, diese Titel sing ich dann ja auch alleine. Andere Lieder, die sind eher so 'ne Art Pop-Kino. Ich hab mich immer in gewisser Weise als musikalischer Regisseur verstanden, der seine Musikgeschichten, seine Stories in ein musikalisches Ambiente packt und auch die Rollen der "Hauptdarsteller" immer wieder neu besetzt... Deshalb auch die "musikalischen Gäste" wie Nena, Alice, Annett Louisan, Sasha, Jan Josef Liefers, Henning Wehland etc.

 

Wie entstehen allgemein die Texte zu Deinen Songs? Hast Du zuerst eine Melodie- oder erst eine Textidee, und wie geht’s dann weiter?
Geht meistens parallel. Deshalb bin ich ja Singer-Songwriter, Liedermacher...

 

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Du hast es schon erwähnt: Es gibt auf „So ist das Spiel“ zahlreiche musikalische Gäste. 27 Jahre nach „Zu nah am Feuer“ gibt’s jetzt auch ein Wiedersehen mit der Italienerin Alice. Wie kam es dazu?
Das Wiedersehen mit Alice war nicht strategisch geplant, das war eher zufällig und dann entstand spontan die Idee, ob sie nochmals bei 'nem Song mitwirkt. Da war von mir erst dieser Rezitativ-Part - in diesem musikalischen "Film noir", wie ich es nenne - angedacht. Na ja, und dann hat sich das peu a peu weiter entwickelt..

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Seid Ihr über all die Jahre immer in Kontakt geblieben?
Kontakt war da, aber immer mit "kleinen Pausen" von sieben oder acht Jahren... mindestens.

 

Wie sind die anderen Musiker denn zu der Ehre gekommen, auf Deiner neuen Platte mitzuwirken?
Auch das waren eher spontane Aktionen. Beim "alten Wolf" kam plötzlich im Studio die Idee auf, ob man beim letzten Doppelrefrain nicht mit einer Sängerin meine Textzeilen "konterkariert". Und plötzlich stand Annett Louisans Name im Raum. Wir hatten uns kurz zuvor in Berlin-Kreuzberg mal getroffen. Es war und ist mir eine grosse Ehre, dass sie so spontan an dem Projekt mitgearbeitet hat. Bei "Endloser Sommer" hatte ich schon lange diese Idee einer fiktiven Südstaaten-Feierabendband - so a la "Big Easy" - "Lilly & die Homeboys" im Kopf. Ich hab das irgendwann Henning Wehland von den "Söhnen Mannheims" erzählt. Bei einem Projekt von Henning hab ich auch Sasha mal kennengelernt, und eines Tages stieß da dankenswerterweise Jan Josef Liefers noch dazu. Und dann hab'n die jungen Wölfe den alten Wolf eben mal im Studio besucht. Henning und Thom Hanreich haben da 'ne ganze Menge mitgeholfen. Grazie! Es klingt nach 'ner Menge Spaß, den die "Südstaaten-Cowboys" da im Studio hatten und ich denke, den hatten wir auch. Die Kellnerin aus'm Babylon Cafe (in diesem Song) gibt übrigens Miriam Pielhau.

 

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Ein weiteres Duett gibt es mit Nena. Wie kam es dazu?
Das war – glaub ich – bei der Photo-Session mit Jim Rakete. Ich hatte Jim viele Jahre nicht gesehen und wir sprachen abends über "good old times". Wenn ich mich recht erinnere, hat Jim den Kontakt gelegt und Nena meinte, "schick den Song doch einfach mal rüber, mal hören". Sie fand das Lied wohl sehr hübsch und so hat sich das dann ergeben. Ich finde, Nena hat da einen absoluten Super-Job gemacht und ich bin schwer stolz drauf, dass es geklappt hat!

 

Mich persönlich haben zwei neue Songs völlig aus den Schuhen gehoben. Das ist zum einen „Die Zeit wartet nicht“, eine über 7-minütige Ballade. Was gibt es über diesen Titel zu erzählen?
Der Song basiert auf einem Traum, den ich eines nachts "on the road" mal in einem Hotel hatte, ich bin aufgewacht, hab ihn (den Traum), die Idee dann noch in der gleichen Nacht skizziert und in den Tagen drauf sofort fertiggeschrieben. Eher ein Lied der "etwas ungewöhnlichen Art". Aber genau diese Art von Groove schwebte mir von Anfang an bei diesem Titel vor.

 

Der zweite Song ist „1000 Küsse leicht“. Wie bist Du auf dieses Thema gekommen?
Beobachtungen!

 

Überhaupt beschäftigt sich „So ist das Spiel“ auch an anderer Stelle mit dem Älterwerden, z.B. bei „Der alte Wolf wird langsam grau“. Wer ist denn der Wolf, bzw. wie bist Du auf so eine Geschichte gekommen?
Na ja, die Titelzeile ist ja so ne Art "Volksmund-Zeile"...
Der alte Wolf wird langsam grau...
Der alte Wolf wird langsam grau...
Doch er ist zäh und er ist schlau
Der alte Wolf er sagt nicht viel
Der alte Wolf – er kennt das Spiel...
Ich hab in den letzten Jahren immer wieder mal gesagt, "Ok Freunde, da ist auf der einen Seite 'die Kraft der Jugend', auf der andern Seite 'die Macht der Erfahrung'. Ich persönlich befinde mich so langsam mehr auf der andern Seite". Deshalb hat der Song sicher auch gewisse autobiographische Züge, mit 'nem ziemlichen Schuss Selbstironie und einem gewissen Augenzwinkern.

 

Ich halte diese CD für eines deiner stärksten Alben. Welche Erwartungen hast Du an die Platte? Wo möchtest Du damit hin und wen willst Du erreichen?
Wie ja bereits erwähnt, war es gar nicht als Album geplant. Ich hatte einfach wieder unbändigen Spass am Songschreiben. Natürlich möchte man – wenn man sich entschließt ein Album zu veröffentlichen – auch die Leute damit erreichen. Doch ich glaube, der ganz eigene Charme dieses Albums liegt darin, dass es eben gerade unter keinerlei Druck und Erwartung entstanden ist. Ich hoffe, diese ganz gewisse Entspanntheit kommt auch so rüber...

 

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Oh ja, das tut sie! Im Pressetext ist von einer ganz besonderen Gitarre die Rede, die – glaube ich – auch auf dem Cover mit Dir zusammen zu sehen ist. Was hat es mit dem Instrument auf sich?
Nee, auf'm Cover ist 'ne Gretsch zu seh'n. Die von Dir erwähnte Gibson ES 150, Baujahr (sie sagt) 1936 (!) habe ich seinerzeit in Louisiana gekauft. Die Verkäufer haben mir damals versucht klarzumachen, dass auf diesem Teilchen bereits Robert Johnson (King of Delta-Blues) gespielt hätte und es deshalb besonders wertig sei. Na ja, die Jungs da unten in Louisiana können ziemliche Poeten sein... Die Gibson ist mir mittlerweile schwerstens ans Herz gewachsen!

 

Seit dem Album „Lousiana“ und der damit verbundenen Reise in die amerikanischen Südstaaten hat sich Dein Musikstil sehr verändert. Diese Reise und die Arbeit da unten müssen ja einen wirklich bleibenden Eindruck hinterlassen haben...!?
Korrekt!

 

Hat Dir nach der Tragödie durch dem Hurricane Katrina im Jahre 2005 nicht in doppelter Hinsicht das Herz geblutet? Bist Du seitdem schon mal wieder da unten gewesen?
Nee, aber ich bin immer wieder lose in Kontakt mit den Jungs von da unten. Einige von denn sind noch da, andere sind danach weggezogen. Ich hab auch 'n Song zu diesem Thema geschrieben, der ist aber noch nicht veröffentlicht.

 

Blicken wir mal zurück: Mit „So ist das Spiel“ hast Du 12 Studio-Alben veröffentlicht. Gibt es darunter ein Lieblingsalbum von Dir? Welches hältst Du für das Gelungenste und welches würdest Du heute evtl. anders machen?
Jedes Album dokumentiert meinen jeweiligen, damaligen, musikalischen Zeitgeist. Natürlich würde ich heute bestimmte Lieder nicht mehr so singen bzw. produzieren. Ich glaube, dass Alben wie "So ist das Spiel", "Louisiana", "Fang mich auf" und "Tabu" auf bestimmte Art und Weise besonders authentisch sind.

 

Ich erinnere mich an ein Live-Konzert, das in den 70ern oder 80ern im TV gelaufen ist. Entweder war es "Rock-Pop in Concert" im ZDF oder "Rockpalast" im WDR. Kannst Du mir da auf die Sprünge helfen, und wie wahrscheinlich ist es, dass von Dir mal eine Live-DVD, z.B. mit dem von mir erwähnte Live-Mitschnitt, erscheinen wird?
Ich denke, dabei handelt es sich um "Rock-Pop in Concert". Wenn ich das korrekt in Erinnerung hab, waren damals (in der Dortmunder Westfalenhalle?) auch Randy Newman, Wolfgang Ambros, Chris de Burgh etc. mit von der Partie!? An einer DVD arbeiten wir derzeit hart und - wenn die Rechtesituation klärbar ist – wird auch von diesem Konzert (hoffentlich) was dabei sein.

 

Gab es damals auch Konzerte von Dir in der DDR?
Leider nein, die haben mich nie reingelassen. War immer geplant und hat dann doch nicht geklappt. Schade!

 

Wird es jetzt wieder regelmäßiger neue Alben von Dir geben, oder müssen wir wieder so lange auf ein Lebenszeichen warten wie nach „Die Rechnung kommt immer“?
Ich plane nie so weit im voraus. Du weißt doch, "der alte Wolf, er kennt das Spiel"! Aber ich geh' mal davon aus, "So ist das Spiel" war noch nicht mein letzter Walzer!!

 

Interview: Christian Reder
Bearbeitung: kf, cr
Fotos: Stefan Waggershausen privat, Plattenfirma Ariola