lp1 20130207 1595052325 lp2 20130207 1842897581 lp4 20130207 1571005182 lp5 20130207 1296821722

Manfred Maurenbrecher



001 20130207 1050301502Manfred Maurenbrecher ist ein Sänger, Komponist und Liedermacher aus Berlin. Er feiert in diesem Jahr, genauer gesagt im Mai, seinen 60. Geburtstag. Der Musiker hat nicht nur zahlreiche Alben im Gepäck, sondern wurde inzwischen u.a. schon mit dem „Deutschen Kleinkunstpreis“ (1991), mit dem „Liederpreis des SWR“ (1998), dem „Preis der Deutschen Schallplattenkritik“ (2005) und diversen anderen Preisen ausgezeichnet. Überhaupt ist Maurenbrecher ein interessanter Mensch. Er ist der bisher letzte „Kulturschaffende“ aus der Familie Maurenbrecher. Sein Urgroßvater war der Historiker Wilhelm Maurenbrecher und sein Opa der Schauspieler Otto Maurenbrecher. Für den Nachwuchs ist bereits gesorgt, denn Manfred Maurenbrecher ist stolzer Vater. Mal sehen, ob der Nachwuchs in die Fußstapfen des Vaters und der Ur-Großväter treten wird... Musikalisch hat er bereits einiges bewegt. Neben seinen regelmäßigen Album-Veröffentlichungen ist er live gefühlte 365 Tage im Jahr unterwegs und arbeitet nebenbei auch in anderen Projekten mit. Seine 1. LP veröffentlichte er mit der Gruppe „Trotz und Träume“. Neben vielen selbst veröffentlichten Titeln schrieb Maurenbrecher aber auch Songs für andere Künstler, u.a. für Spliff, Veronika Fischer und Ulla Meinecke. Im letzten Jahr veröffentlichte er sein aktuelles Werk, die Doppel CD „Hoffnung für Alle“ (Link zur Plattenrezension hier einfügen). Eine interessante Karriere, interessante Randnotizen und noch viel interessantere neue Songs bietet uns Manfred Maurenbrecher heute an. Viele Gründe, um sich mit dem Künstler mal ausgiebig zu unterhalten. Dies tat unsere Kollegin Petra am Rande eines Live-Auftritts Maurenbrechers in Berlin im Dezember 2009..
 

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Ich freue mich, Dich als ersten Gast des Monats im Jahr 2010 begrüßen zu dürfen.
Ich freue mich auch.
 
 

ak1 20130207 1053152361Bist Du eigentlich ein waschechter Berliner?
Ja! Ich bin waschechter Westberliner. In Lichterfelde geboren und in Wilmersdorf groß geworden.

 

Wie hast Du die Mauer erlebt? Hast du dich vor der Wende auch schon für den Osten interessiert?
Ja, es gab zwei Phasen: In der Schule gar nicht, als Kinder hatten wir diese Sprüche: „Dumm wie Ostbrot“ oder so… also es war halt der Feind… Als ich dann so 17/18 Jahre alt war, genau 1968, da habe ich natürlich auch Leute kennen gelernt, die begeistert waren von dem anderen System, im Gegensatz zu unserem. Und die Sympathisanten waren von der SEW, die in Berlin als das große Schreckgespenst galt. Es gab in Westberlin einen Ableger der SED, der bei den Bundestagswahlen immer 0,01 Prozent bekam. Mit denen bin ich dann Anfang der 70er manchmal rüber gefahren. Und 1973 hatte ich eine Freundin aus Weimar kennen gelernt, die in den Westen reisen durfte, um ihren Vater zu pflegen, der in Westberlin lebte. Mit deren Freundinnen, von denen viele in Berlin studierten, bildeten wir einen Freundeskreis. Das brach 1976 ab und dann passierte 10 bis 12 Jahre gar nichts. Bis auf ein paar Bekannte meiner Eltern aus Leipzig, die wir hin und wieder besuchten. Kurz vor dem Mauerfall war ich mit einer der ersten deutsch/deutschen Kulturaustauschgeschichten im Osten, in Ostberlin, in Karl-Marx-Stadt, Dresden und Leipzig. Das nannte sich Rockpoetentournee und war ein großes Ding. Da waren Ulla Meinecke, Heinz Rudolf Kunze, Jule Neigel, Danny Dziuk, der sich damals noch Deutschmark nannte, und noch ein paar andere dabei. Und der Saxofonist Richard Wester und ich als Duo - wir als Preisträger des deutschen Kleinkunstpreises, waren dort auch eingeladen. Das sollte in Stadthallen stattfinden, das hatte die FDJ organisiert. Da war so ein Ansturm auf die Karten, weil wir nun alle aus dem Westen kamen und schon viele über Ungarn in den Westen abhauten, dass das in Stadien verlegt werden musste. Ich fand es unglaublich, dass 30.000 Leute andächtig meinen doch eher schwer zugänglichen Sachen, die ich damals geschrieben habe, andächtig zuhörten. Das habe ich vorher und nachher nicht mehr erlebt.

 

002 20130207 1835999554Existiert für Dich heute noch eine konkrete Teilung zwischen Ost und West?
Nein, eigentlich nicht. Also ich beobachte das immer in meiner Generation, bei denen, die bald sechzig Jahre alt werden, da ist es sicher noch bei vielen so. Im Osten kenne ich viele, die dann typische Sachen sagen, die nur ein Ostler sagen würde: Also z.B. eine Frau, die ich in Mecklenburg kennen gelernt habe, die einen kleinen Kulturstall betreibt, also einen Stall ausgebaut hat, dort Kulturveranstaltungen macht, die dann sagt: „Da habe ich mir einen harten Westanwalt genommen, um abzusichern, dass ich hier keine Gewerbesteuer zahlen muss, dass das alles nur ein Hobby ist.“ Die Formulierung “dann habe ich mir einen Westanwalt genommen“ ist typisch für eine bestimmte Sorte Ostler in meinem Alter. Es gibt auch so eine Sorte Westler... Ein Freund von mir lebt in Aachen, der den Osten immer gleich mit Stalin, kalt und dreckig assoziiert und nie hier war, also in Berlin schon, aber in Eisenhüttenstadt sicher nie. Aber bei allen die unter 40 Jahre sind, glaube ich, ist das wirklich anders.

 

Wie bist Du groß geworden. Was kam nach der Schule?
Erst mal nicht viel: Ich habe viel studiert, lange. Damals durfte man das noch. Ich habe tatsächlich elf Jahre studiert.

 

ak2 20130207 1145851793Was hast du studiert?
Germanistik, Politik, Musikwissenschaft, Soziologie... alles mögliche. Meinen Abschluss habe ich dann in Germanistik gemacht. Dazwischen gejobbt als Reiseleiter, habe aus Hobby Musik gemacht und war in politischen Gruppen mit Freunden zusammen.

 

Wie bist Du zur Musik gekommen?
Zur Musik bin ich eigentlich durch Leidenschaft gekommen. Ich hatte schon früh Klavier-und Flötenunterricht...

 

Und Deine Familie?
Meine Eltern waren beide zwar musikbegeistert, aber nicht sehr musikalisch. Meine Großeltern waren Schauspieler, das waren Bühnenmenschen. Ich hatte meine Begabung für Musik. Das war in der Familie nicht so häufig. Aber mein Klavierlehrer hat gemerkt, dass mich interessiert, wie die Sachen funktionieren, warum etwas traurig wirkt und warum etwas aufmunternd wirkt, so an Akkorden. Der hat mir das Komponieren beigebracht.

 

Mit welchen Instrumenten?
Flöte, und dann Klavier. Gitarre kann ich bis heute nicht spielen.

 

Haben Deine Eltern das gefördert?
Ja! Die haben sich sehr darüber gefreut.

 

003 20130207 1143200234Welches war der erste Song, den Du geschrieben hast?
Den allerersten weiß ich gar nicht mehr genau, aber es gibt einen, den hab ich mit 19 Jahren auf dem Lande geschrieben. Der hieß: „Die Kuh macht Muh“. Eine Art ironische Land-Idylle.

 

Wie war das damals, als Du das erste Mal im Studio warst, welche Gefühle kamen da in Dir hoch?
Das allererste Mal war ich im Studio mit der Gruppe „Trotz und Träume“. Das war eine Sponti-Musikgruppe, bei der ich mitgemacht habe. Wir hatten wenig Geld und noch weniger Ahnung von Technik. Und haben für unsere Verhältnisse für sehr viel Geld ein Studio gemietet, und da hat nichts funktioniert. Da war mein erstes Gefühl ziemlich viel Wut über das verlorene Geld und Enttäuschung: Das soll ein Studio sein? Weil nichts funktionierte, es klang alles grässlich und wir wussten nicht, wie man es besser machen kann.
Die zweite Erfahrung war dann gleich ein Jahr später mit den „Spliffern“, die mich in ihr riesiges Studio holten, um da mit mir die erste Maurenbrecherplatte aufzunehmen. Das war nun so, als ob man im Cockpit eines Flugzeugs sitzt. Da war alles voll blinkender Maschinen, das fand ich ganz irre, diese Hochtechnologie.

 

ak3 20130207 1671717339Wie hast Du Herwig Mitteregger kennen gelernt? Und wie kam es zur Zusammenarbeit mit ihm als Produzenten?
Ich habe 1980 mein Studium mit einer Promotion beendet und mir vorgenommen, es ein halbes Jahr mit Musikmachen zu versuchen. Habe dann alle möglichen Jobs angenommen. Ich habe hier im Mehringhof-Theater gespielt, weil ich auch hier in der Gegend gewohnt habe. In Neukölln gab es in der Nähe des Hermannplatzes eine Pizzeria, die hatten gesagt: “Wir machen manchmal Musik, du kannst hier spielen.“ Ich habe dann an einem E-Piano dort meine Lieder gespielt, und da kam tatsächlich Mitteregger mit seiner Freundin zum Essen rein. Ich kannte den aber nicht, ich war nicht so firm mit diesen Rockbands. In der Pause kam er zu mir und sagte, er wäre total begeistert von den Sachen und er verstünde gar nicht, wie ich in so einem Lokal, wo fast niemand zuhört, so was singen kann. Ich hab dann gesagt: „Es ist für mich auch nur ein Versuch. Ich will eigentlich Bibliothekar werden und habe gerade mein Studium beendet.“ Er sagte dann: „Wenn wir mit unserer nächsten Platte, es wird unsere erste auf Deutsch sein, Erfolg haben, dann will ich mit dir Aufnahmen machen. Du musst weiter singen!“ Drei Monate später rief er an und sagte: „Ich habe die CBS rumgekriegt, wir können Aufnahmen machen.“ Dann bin ich in das Spliff-Studio gekommen, da haben wir gearbeitet und anschließend kam die erste Platte raus.

 

Von Dir gibt es unglaublich viele Platten...
Na, so viele nicht, sechzehn.

 

Das weisst Du genau?
Das kommt auf die Zählweise an. Es gibt auch Platten, die ich mit anderen Künstlern zusammen gemacht habe. Wenn man die alle zusammenrechnet sind es über 20. Aber Soloalben sind es genau 16.

 

Welche war Deine erfolgreichste Platte?
Die erfolgreichste war „Viel zu schön“ von 1985. Die hat sich 35.000 - 40.000 mal verkauft, was für mich damals viel war und heute noch mehr ist.

 

Ist das damit automatisch auch Deine Lieblingsplatte?
Nein! Die Lieblingsplatte wechselt immer mal ein bisschen bei mir, ist natürlich immer die letzte: „Hoffnung für alle“ (lacht). Aber welche ich im Moment auch sehr gerne hab, ist die Platte „Gegengift“ von 2001. Die ist fast nur mit Klavier-Begleitung, mit ganz wenig Instrumenten...

 

Hast Du, wenn überhaupt, ein absolutes Lieblingslied?
Na ja, da würde ich schon sagen „Das alte Fahrrad“.

 

Weisst Du überhaupt, wie viele Titel Du insgesamt geschrieben hast?
So etwas über 500. Ich stelle die meisten ins Internet, insofern lassen sie sich zählen.

 

Liegt noch Material in der Schublade?
Ja, ich könnte bestimmt noch drei CDs damit bestreiten, ohne ein neues Stück zu schreiben.

 

ak4 20130207 1234814389Besitzt Du noch einen Plattenspieler oder hörst Du auch CDs?
Ja natürlich, längst höre ich mehr CDs oder MP3s. Aber ich besitze auch noch einen Plattenspieler.

 

MP3 auch?
Ja, wenn Sachen erst mal so halb ausgereift sind… gerade beim Arbeiten ist doch MP3 total praktisch. Jemand hat eine Idee, schickt mir das rüber, ich spiele was dazu, schicke es zurück und so...

 

Welche Musik hörst Du privat? Hörst Du auch fremde Sachen?
Ja, viel!

 

Was hörst du?
Was ich so höre? Also einmal höre ich sehr viel komponierte Orchestermusik. Im Moment sehr gerne Brahms, den entdecke ich gerade für mich. Dann höre ich mir ganz systematisch oft Sachen aus bestimmten Zeiten an, z. B. deutschsprachige Musik Anfang der Siebziger, das nehme ich mir dann mal richtig vor. Lade mir Sachen runter, oder kaufe mir was, leihe es mir zusammen, hör mir mal so einen ganzen Batzen an. Oder einzelne Künstler, von Rickie Lee Jones kannte ich nur eine Platte, da hab ich mir dann alles angehört.

 

Was möchtest du den Hörern mit deinen Liedern mitteilen? Möchtest du irgendwelche Botschaften senden, oder enthalten deine Texte selbst erlebte Geschichten?
Viele sind natürlich Geschichten, ich will gar nicht so viele Botschaften senden. Ich möchte eigentlich lieber ein Lebensgefühl oder ein Grundgefühl vermitteln, auch in den Auftritten. Meine Sachen sind ja auf den ersten Blick manchmal ein bisschen unzugänglich oder auch traurig oder melancholisch, wobei Melancholie vielleicht ein Grundzug von mir ist. Aber ich weiß selbst, wenn ich z.B. etwas singe oder wenn ich etwas unternehme, dass die Melancholie zwar bleibt, aber sich in Aktivität auflöst. Das möchte ich eigentlich in jedem Lied mitteilen, mit jeder Geschichte: „Es geht weiter und es ist toll, dass es weitergeht. Sorg dafür, dass es bei Dir auch weitergeht!“

 

005 20130207 1823695985Schreibst Du auch noch für andere Künstler?
Manchmal. Noch schöner ist es, wenn die anderen sich von mir was rauspicken. Es gibt einen großartigen österreichischen Sänger: George Nussbaumer. Mit dem haben Richard Wester (Saxofonist) und ich ein Projekt zusammen gemacht. Wir singen Lieder von Randy Newman… und George Nussbaumer hat gerade eine Platte fertiggestellt, wo er fast nur Lieder von mir interpretiert. Das hat mich total gefreut, das fand ich sehr schön. Ansonsten, wenn Leute sich melden und sagen: „Ich habe eine Melodie. Hast Du einen Text dafür?“, dann mache ich das, wenn mir was einfällt. Bei Katja Ebstein war das so, auch bei Herman van Veen und Klaus Lage...

 

Ach so, wusste ich gar nicht.
Ja, die letzte CD von Klaus Lage heißt doch „Nah und Wichtig“, das Lied ist von mir.

 

Du hast viele musikalische Projekte. Mit welchen Künstlern hast Du schon zusammen gearbeitet?
Oh, das sind eine ganze Menge. An erster Stelle steht der Saxofonist Richard Wester. Und mit Ulla Meinecke, mit den Spliffern, mit Klaus Lage auch - wir sind zusammen aufgetreten. Dann gab es das „Mittwochsfazit“, eine Lesebühne mit Horst Evers und Bov Bjerg. Wir drei hatten 14 Jahre diese Veranstaltung, die jeden Mittwoch stattfand. Wir sind jetzt auch mit noch zwei anderen zusammen und machen - mittlerweile auch schon seit 10 Jahren - diesen Jahresrückblick, der hier gerade stattfindet (Interview fand im Mehringhof-Theater statt, Anm. d. Verf.). Dann gab es Bühnenabende, zum Beispiel Corinne Douarre, Henry Poetsch, Sascha Gutzeit, Wendelin Haverkamp... Zwei, die mir sehr nah standen, sind leider schon tot: Gerulf Pannach und Achim Ballert.

 

ak5 20130207 1254862469Stichwort Gundermann: Du hast mit Gundi zusammen gearbeitet. Wie kam es dazu?
Ich habe die Platte „Männer, Frauen und Maschinen“ 1990 gehört und war davon sehr angetan. Kurze Zeit später hat eine Gruppe von Leuten ein Festival in Rheinsberg gemacht. Das waren - glaube ich - die, die früher das „Festival des politischen Liedes“ in der DDR organisiert haben. In Rheinsberg wurden je ein Ost- und ein Westkünstler eingeladen, die sollten auf der Bühne eine halbe Stunde miteinander verbringen und irgendwas tun. Dafür haben die mich und viele andere angesprochen. Besonders gefallen hat mir der Typ aus der Lausitz: Gundermann. Ich habe mir seine Nummer besorgt und ihn angerufen, aber der kannte mich nicht. Er wusste nur, dass ich das Lied „Hafencafé“ geschrieben habe. Er sagte, wir könnten uns ja mal kennen lernen und kam dann nachts, nach seiner Schicht, nach Kreuzberg. Wir haben uns gleich gut verstanden und haben so einen Abend für Rheinsberg entwickelt (mit seiner Band), wo wir uns das Aufwachsen in Ost und West gegenseitig erzählten. Was haben wir erlebt mit 6 Jahren, mit 10 und mit 15 - und jeweils dazu immer einen Song angespielt, mit der Band oder solo. Das kam gut an, Gundi sagte: „Komm doch einfach mit auf unsere Tour. Wir können das doch jetzt in jedem Ort machen.“ Dann sind wir so 10 Tage herum gefahren und haben später noch ohne Band 10 bis 15 Auftritte gemacht. Das Problem war leider, dass das im Westen zu der Zeit niemanden interessiert hat. Einmal waren wir beim Deutschland-Radio in Köln und einmal in einem Stuttgarter Club. Aber alle anderen, denen ich das angeboten habe, sagten: „Nee, Ost - West?“ Damals war da totales Desinteresse. Es hat sich ja später geändert, aber 1992 war das so.

 

Und mit welchem Künstler würdest Du gerne mal etwas zusammen machen?
Mit Judith Holofernes. Ich habe auch schon etwas mit ihr gemacht, nämlich als es „Wir sind Helden“ noch gar nicht gab. Da hat sie beim Mittwochsfazit ihre ersten Auftritte in Berlin gehabt. Von daher kennen wir uns und haben uns auch immer wieder mal getroffen. Und neulich habe ich bei einem gemeinsamen Projekt Katharina Franck kennen gelernt. Die fand ich schon immer richtig toll, die Sängerin der „Rainbirds“. Sie arbeitet schon lange solo, schreibt Hörspiele und hochinteressante Songs. Und wir haben tatsächlich danach gesagt: “Wir machen mal irgendwas.“ Vielleicht im nächsten Herbst, das könnte gut sein.

 

006 20130207 1473992823Was machst Du zur Zeit? Es gibt sicherlich einen Grund, warum wir uns in einem Theater treffen?
Genau! Wir spielen hier bis 10. Januar jeden Tag unseren Jahresrückblick. Bis Silvester sind die Veranstaltungen ausverkauft.

 

Nicht erschrecken, jetzt kommt eine komische Frage: Was würdest Du auf eine einsame Insel mitnehmen?
An Gegenständen oder an Menschen?

 

Was Du mitnimmst, bleibt Dir überlassen...
Ich würde, glaube ich, meine Familie mitnehmen, meine Frau, meinen Sohn und zwei Bücher. Eins von dem Menschen, der mich schon immer interessiert hat: Hans Henny Jahnn, ein ziemlich abgefahrener Schriftsteller, ein Buch namens „Fluss ohne Ufer“, das hätte ich gerne dabei. Und vielleicht ein paar Lieder von Degenhardt und von Brecht und Mahler, also eine Sammlung von Liedern.

 

Was machst du in deiner Freizeit? Wie entspannst du? Oder besteht dein ganzes Leben aus Freizeit, machst du alles mit Vergnügen?
Das kann man nicht sagen. Ich mache viele Dinge mit Vergnügen, aber vieles auch mit großem Missvergnügen. Steuererklärungen zum Beispiel, oder mit irgendwelchen Amtsleuten telefonieren oder potentielle Veranstalter von mir überzeugen... Ich entspanne sehr gerne bei Spaziergängen. Wir haben auch ein kleines Häuschen in der Uckermark und da versuche ich immer mehr Zeit herauszuschinden, die ich da ohne etwas vorzuhaben, verbringe. Das ist die größte Entspannung. Da einfach nur zu sein, schwimmen zu gehen und sich nicht kümmern zu müssen, wie viel Uhr es gerade ist - nur so vor mich hin leben...

 

Bist Du dort mit Familie oder allein?
Ich bin da auch manchmal alleine, manchmal mit anderen. Es kommen auch viele zu Besuch, das ist ganz unterschiedlich. Ich finde beides schön. Ich bin da auch gerne allein.

 

Welchen Urlaubsort bzw. welches Urlaubsland würdest du wählen, wenn du die Wahl hättest?
Dieses Jahr möchte ich nach Georgien fahren. Georgien und die Ukraine sind Länder, die mich schon lange interessieren. Das will ich mir jetzt mal angucken. Also, wenn einer der Leser Tipps, insbesondere für Georgien, hat, der kann sich gerne bei mir melden. Da wäre ich für jeden Insidertipp dankbar, wo man hingehen könnte oder wo es schön ist.

 

Nächstes Jahr feierst Du einen runden Geburtstag. Steht was Besonderes an? Was hast du geplant in nächster Zeit? 
Gar nichts. Ich mach jetzt erstmal eine lange Pause... Und dann soll es ein Projekt geben. Die kleine Plattenfirma Reptiphon, bei der auch meine CDs erscheinen, plant eine CD, wo andere Künstler Lieder von mir singen. Mehr weiß ich darüber nicht, ich halte mich da raus.

 

Du bist ja auch Vater. Ist der Nachwuchs auch musikalisch interessiert oder möglicherweise sogar schon aktiv?
Max hat Gitarre spielen gelernt und Schlagzeug. Hat ein sehr gutes Rhythmusgefühl. Viel Geschmack. Eine Weile war er in einer Schulband. Jetzt sind diese Interessen dem Fotografieren gewichen, was ich manchmal schade finde. Aber wie bei mir damals: Alles zu seiner Zeit...

 

010 20130207 2013452935Gibt es noch was Wichtiges…? Vielleicht habe ich auch vergessen, nach etwas zu fragen?
Vielleicht sollte ich noch etwas zu der CD „Hoffnung für alle“ sagen. Es ist für mich das erste mal, dass die Mischung stimmt. Es ist eine Doppel–CD, von der die eine Hälfte, die ‚erste Seite‘, mit Band aufgenommen wurde, im Studio und alles so „live“ wie möglich, ziemlich spontan eingespielt. Und auf der anderen ‚Seite‘ sind die Klavierstücke, zu denen wir anschließend vorsichtige Overdubs gemacht haben. Damit bin ich sehr glücklich. Ich hatte mir immer schon mal vorgestellt, dass es so werden könnte, und es hat lange gedauert, bis es so wurde. Mein Dank dafür gehört meinem Produzenten Andreas Albrecht.

 

Für die Leute, die die CD bisher noch nicht kennen. Wie würdest Du ihnen das beschreiben, was auf „Hoffnung für alle“ zu hören ist?
Ich glaube, diese Liedersammlung ist ziemlich politisch. Ohne dass irgendwas gepredigt wird. Ein Vater will sein 3-jähriges Kind zur Hochbegabten drillen, ein Off-Roader-Fahrer hält sich für wertvoller als all die Abwrack-Normalos um ihn herum. Ein Stück heißt ‚Bad Bank‘, eigentlich ideal für Durchlauf-Radios wie Radio Eins in Berlin, die es dementsprechend für völlig ungeeignet für ihr Publikum halten. Eine Nummer ist von Nick Lowe, eine andere von Bob Dylan, beide auf deutsch, ich würde nie Englisch singen auf meinen CDs. Es gibt ein düsteres Groove-Stück und eine Mauerfall-Hymne. Mein momentanes Lieblingslied heißt ‚Manchmal‘, damit fängt die Platte an. Ich glaube, hätte jemand aus der Hamburger Schule diese Lieder geschrieben, hätte die Spex ein Sonderheft dazu gemacht.

 

Möchtest Du unseren Lesern abschließend noch was mit auf dem Weg geben, vielleicht ein Motto?
(lacht) Motto? Nee! Oder doch: Musik ist etwas Tolles!

 

Finde ich auch... Warum ist sie für Dich „toll“?
Na, weil man nicht soviel nachdenken muss dabei… Weil sich vieles intuitiv entwickeln kann. Wenn Kinder, die aus verschiedenen Kulturen stammen, zusammen musizieren, dann ist es egal, ob sie die Sprache des anderen verstehen… in der Musik passiert es.

 

Ich danke Dir für das Gespräch.

 

Interview: Petra Heinzel
Übertragung: Steffen Huth
Bearbeitung: kf, cr
Fotos: Pressematerial Manfred Maurenbrecher, Jim Rakete, Redaktion
 
 
 
 

   
   
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