Was macht eigentlich ...

 

Jürgen Matkowitz

 

von PRINZIP
 
 
Fragt man Ostrock-Fans, welche Bands sie gerne mal wieder live sehen würden, fällt nicht selten auch der Name PRINZIP. Die Band, im Jahre 1973 von Rainer Miehatsch und Jürgen Matkowitz gegründet, hatte große Erfolge als eine der härteren Gruppen der DDR. Sie spielten schnörkellosen und reinen Rock. Diese Musik entstand in einer für das Genre ungewöhnlichen Dreierbesetzung, in der diese Rockklassiker auch zum Vortrag gebracht wurden. Später wuchs das Trio zu einem Quartett und hatte über die Jahre so großartige Sänger wie z.B. Ralf "Bummi" Bursy und Wolfgang Franke in ihren Reihen. Bis zur ihrer Auflösung 1990 hat PRINZIP insgesamt vier LP und nach der Wende eine Best of CD veröffentlicht. Seitdem wünschen sich die alten Fans ein Comeback... Unserem Freund Gundolf Zimmermann kam ein Gerücht zu Ohren, wonach ein Comeback geplant sei. In einem Gespräch mit Christian kamen sie auf die Idee, Jürgen Matkowitz für ein Interview einzuladen. Gundolf und Christian erarbeiteten gemeinsam das nun folgende Interview, und gingen natürlich auch der Frage nach, ob da tatsächlich was im Busch ist... im Hause PRINZIP...
 

 
002 20121209 1504150135Hallo Jürgen, die Rubrik, in der das Interview veröffentlicht wird, heißt "Rauchzeichen - was macht eigentlich…?". Greifen wir da gleich mal an: Was machst Du inzwischen?
Ich mache inzwischen Multimedia-Shows mit Laser und Pyrotechnik. Manchmal spiele ich dazu auch ein bisschen Gitarre... spanische Gitarre, E-Gitarre oder klassische Gitarre. Im Moment bin ich mit dem Philharmonischen Orchester unterwegs. Das Programm heißt "Flames Of Classic". Sehen kann man uns z.B. jetzt am Wochenende in der "Alten Oper" in Erfurt, und am Sonntag sind wir im Kulturpalast Dresden. Eine Woche darauf sind wir in München, und es folgen Bamberg, Hamburg, Düsseldorf, Frankfurt, Dortmund… Das hört gar nicht auf. Soll ich die ganze Liste vorlesen? (lacht)
 
 

Nein, wir veröffentlichen Deinen Tour-Plan zusammen mit dem Interview(Was wir nach Veröffentlichung des Interviews auch getan haben. Inzwischen sind sie aus Gründen der Aktualität wieder entfernt worden, Anm. d. Verf.)...
Ok, der wäre nämlich noch sehr lang, und es ist mehr als nur eine einzige Liste. Da wären noch die "Pyrogames", "Lichtertanz der Elemente", "Remember" und "Rebellen der Nacht"… Dabei kann man mich nämlich auch überall sehen.

 

Macht nichts, das setzen wir einfach mit dazu... Du bist im letzten Jahr beim Künstlertreffen aufgetreten. Wie kam es dazu?
Rein aus Spaß. Ich mache das Künstlertreffen zusammen mit Detlef Seidel und Jürgen Karney. Irgendwann wurde mal ein Gitarrist gebraucht und da habe ich halt gespielt. Ich war da auch schon als Bassist tätig… was halt so anliegt. Man verlernt es ja nicht.

 

Dann lass uns mal die Geschichtsstunde eröffnen: Wie bist Du zur Musik gekommen? Was waren die ersten Berührungen mit Musik?
003h 20121209 1945044297Die ersten Berührungen mit der Musik hatte ich schon mit 12 oder 13 Jahren…. Beatles und Stones. Da dachte ich so bei mir: "Mensch, da muss ich mir auch mal eine Gitarre kaufen!" (lacht). Ich dachte, man könne gleich und sofort spielen, aber das funktionierte nicht. Das konnte man nämlich nicht. Das war ungefähr in der 8. Klasse, und zufällig kam ein Klassenkamerad, der ein bisschen Gitarre spielen konnte. Dieser Schulkollege hat mir kurz die Grifftabellen erklärt, es mir auf der Gitarre gezeigt und dann ging's los. So stand ich schon mit 14 Jahren auf der Bühne. Nebenbei musste ich noch die Schule machen bzw. mein Abitur. Das Abi musste ich in der 11. Klasse aber abbrechen. Das war damals Abitur und einen Beruf dazu erlernen. Da sollte ich samstags bis 22:00 Uhr beschäftigt sein und das ging bei mir nicht. Darum haben sich auch meine Eltern für mich eingesetzt, ich habe das abgebrochen und bei einer befreundeten Firma meine Lehre zu Ende gemacht. Man musste ja etwas lernen, damit man später auch auf die Musikschule durfte, bzw. konnte. Die Musikschule war geteilt: Ein Teil in der Musikschule Hanns Eisler und Gitarrenunterricht, der andere die Musikschule Friedrichshain. Zu dem Zeitpunkt war ich aber schon bei RENFT.

 

Deine erste Band war die "Reny Combo"?
Ja genau, aber ich glaube, die kennt überhaupt keiner mehr (lacht).

 

Eine weitere Band hast Du schon angesprochen: In den 60ern und frühen 70ern hast Du bei der Uve Schikora Combo und bei RENFT gespielt. Bitte erzähle uns etwas über Deine ersten Jahre als Musiker, und wie Du zu den jeweiligen Kapellen gekommen bist.
Ich komme ja ursprünglich aus Leipzig, was Du sicher auch noch hören kannst. Wir hatten dort eine Combo gegründet, die hieß "Reny Combo". Und in dieser Kapelle habe ich Bassgitarre gespielt, an der Gitarre war Thomas Fritsching. Das war übrigens der Thomas Fritzsching, der später SILLY gegründet hat. Und wie das damals eben so war, haben wir lustig vor uns hin gespielt bis Jimmy Hendrix aufkam und wir uns gesagt haben: "Mensch, das machen wir auch." Da kam Thomas Fritzsching und meinte: "Du, dann spielst Du die Gitarre, und ich übernehme den Bass." Und so haben wir dann die Instrumente getauscht, Thomas Bass und ich Gitarre, und bei den älteren Stücken haben wir dann wieder zurück getauscht. Das ging solange, bis Klaus Jentzsch vorbei kam und meinte: "Wir suchen gerade einen Gitarristen…" Jimmy Hendrix war damals eine unheimlich angesagte Richtung, und so bin ich bei RENFT gelandet. Zuerst vom Bass zur Gitarre, und dann zu RENFT. Bei RENFT habe ich eine ganze Weile gespielt, bis die Armee kam. Danach bin ich dann zur Uve Schikora Combo gegangen… Da war es musikalisch geteilt: Die eine Richtung war Rock-Musik, was mir natürlich gut lag, und die andere Richtung war Schlagermusik, denn wir waren zu der Zeit die Begleitband von Frank Schöbel und Chris Doerk. Das war so 50 zu 50, wobei sich das dann zunehmend in Richtung Schlager orientierte, zu Ungunsten der Rock-Musik. Das war auch der Grund, warum unser Schlagzeuger, Rainer Miehatsch, zu mir kam und meinte: "Wollen wir nicht lieber weiter Rock-Musik machen?" und wir daraufhin PRINZIP gegründet haben. Wir haben noch Frank Czerny aus Leipzig als Bassisten dazu geholt, mit ihm zusammen bildeten wir die Urbesetzung von PRINZIP.

 

RENFT war ja als wilde Band verschrien, wie hast Du es mit Sex & Drugs (Alkohol) & Rock'n Roll in dieser Zeit gehalten?
Das war für mich ganz günstig, weil ich mit ganz großem Abstand der jüngste in der Band war. Das bedeutete für mich Null Alkohol, denn die Jungs haben soviel getrunken, da kam ich gar nicht ran (lacht)… Null Alkohol, Null Zigaretten… nichts. Das lief für mich eigentlich ganz gut. Ich war, weil ich eben nichts getrunken habe, der Fahrer der Band. Ich hatte zu der Zeit schon einen Wartburg und habe die Jungs dann immer gefahren, und damit auch gleich den Transport mit übernommen.

 

Die Uve Schikora Combo war 1972 Deine nächste Station... Schikora war damals schon eine große Nummer, die bei AMIGA bereits einige Singles veröffentlicht hatte. Was unterschied arbeitsmäßig und menschlich die RENFT Combo von der Schikora Combo?
RENFT war ein bisschen familiärer, muss man sagen. Die Uve Schikora Combo kam aus vielen Teilen des Landes: Ein paar aus Dresden, andere aus Berlin und ich aus Leipzig. Auch mit den Sängern gab es immer wieder mal Wechsel. Das war nicht so einfach. Aber ich will es mal so sagen: Die Uve Schikora Combo war für mich eine Horizont-Erweiterung, weil neben der Rock-Geschichte und der Begleitung von Frank Schöbel und Chris Doerk auch noch viele Filmmusiken eingespielt werden mussten. Das kam auch noch dazu. Und man wird ja nicht dümmer dadurch, dass man ein bisschen Schlager spielt (lacht).

 

In die Zeit Deiner Zugehörigkeit fiel die Produktion der AMIGA-LP "Das Gewitter". Diese Schallplatte galt und gilt auch heute noch als die erste richtige Rockplatte der DDR. Wie lief die Produktion damals ab? Musstet ihr Zugeständnisse machen? Wie zufrieden seid ihr seinerzeit mit dem Ergebnis gewesen? 
Naja, das ist jetzt sehr lange her... Es ist ganz schwer, das zu beantworten. Wenn man die Platte auflegt, ist sie vom Sound her ja nicht gerade der Hit. Das lag daran, dass alle Tonmeister in der DDR Probleme hatten, so aufzunehmen, dass es klingt. Das hat nicht nur die Schikora Combo betroffen, denn auch alle Platten die danach folgten, waren vom Sound her gegenüber westlichen Produktionen ganz schön abgefallen. Alleine schon das Schlagzeug aufzunehmen war schon eine Kunst für sich. Mit den Gitarren bekam man das noch hin, beim Gesang war das dann auch wieder nicht einfach. Aber beim Schlagzeug brach das dann eigentlich immer völlig zusammen, die klangen alle wie Pappkartons (lacht).

 

Noch im selben Jahr gab es einen großen Besetzungswechsel bei der Schikora Combo. Mit Michael Schubert, Rainer Miehatsch und Dir verließen gleich drei Musiker die Band. Was war der Grund dafür?
Schubert war der erste der ging. Rainer und ich haben noch eine ganze Zeit weitergemacht. Das war so eine Sache... Die Begleitung von Schöbel und Doerk war die eine Flanke, die andere Flanke waren unsere eigenen Rock-Konzerte. Und dann kam noch die dritte Flanke dazu: "The Hearts Of Soul". Das waren drei holländische Mädels... Das ging dann völlig in eine Richtung, mit der wir nicht klar gekommen sind. Das ging soweit, dass ich mir mit dem Schlagzeuger Witze erzählt habe, während wir gespielt haben, weil das für uns einfach total daneben war. Das war nicht mehr unsere Musik und auch nicht unsere Welt. Uve Schikora hat mitbekommen, dass wir heimlich im Hintergrund schon die Fäden gesponnen hatten, und etwas anderes machen wollten (lacht). Da brannte die Luft.

 

Tja... und im Jahre 1973 war es soweit, und Ihr habt die Band PRINZIP gegründet. Wie kam die Idee dazu?
Rainer Miehatsch und ich. Wir beide hatten die Idee, eine eigene Band zu gründen. Der Name der Band kam auch von Rainer. Der sagte: "Mensch, wir sind aus Prinzip bei Schikora ausgestiegen, lass es uns doch PRINZIP nennen." Mit Czerny zusammen haben wir dann zu dritt angefangen. Kurzzeitig kam Emil Bogdanow als Sänger dazu. Emil hat eine jugoslawische Staatsangehörigkeit und irgendwann kam sein Einberufungsbefehl zur Armee. Auf jeden Fall hat er einen Zug genommen und war dann plötzlich in West-Deutschland, wurde von dort nach Schweden weitergeschoben und ist jetzt Kraftwerkswart in Schweden. Er wollte seine Armeezeit wohl nicht so gerne ableisten (lacht). Zu ihm gibt es aber jetzt überhaupt keine Verbindung mehr. Wir haben vor einigen Jahren mal zusammen telefoniert und das war's schon. Rainer Mihatsch ging dann auch irgendwann rüber. Plötzlich klingelte bei mir das Telefon und Rainer rief mich von West-Berlin aus an und sagte: "Du, ich bleib lieber hier." Unser Techniker, der Theo, ist auch gleich mitgegangen. Wie das alles kam, ist schwer zu erklären. Jedenfalls war der nächste Schlagzeuger Klaus Scharfschwerdt und wir haben in der Dreierbesetzung Czerny/Scharfschwerdt/Matkowitz weitergemacht.

 

Wie bist du auf Frank Czerny gekommen, der von der Bürkholz-Formation kam?
Da ich aus Leipzig kam, kannte ich ihn. Er war ein sehr guter Bassist, der dazu noch sehr gut singen konnte. Wir dachten uns, dass er genau der richtige für eine Dreier-Formation ist. Da musste man als Bassist schon richtig gut spielen können und das hat mit ihm auch sehr gut geklappt.

 

In den ersten Jahren seid Ihr als Trio durch die Lande gezogen. Welche Art Musik habt Ihr gespielt und wo und wann war Euer erster Auftritt unter dem Namen PRINZIP?
Wo unser erster Auftritt war, kann ich heute leider nicht mehr nachvollziehen. Das ist zu lange her und wir haben unheimlich viel gespielt. Musikalisch sind wir die härtere Gangart gegangen, von Rock bis Hardrock. Es ging in die Richtung Grand Funk Railroad, Jimmy Hendrix, von Manfred Mann haben wir auch etwas nachgespielt. Dazu noch ein paar eigene Stücke, Songs von Golden Earring oder Songs wie Steppenwolfs "Born To Be Wild"… das war die Richtung, die wir gespielt haben.

 

Schon 1974 habt Ihr auf Euch aufmerksam machen können, als Ihr in der Sendung "rund" den Intertalentewettbewerb gewonnen habt. Was war das für ein Wettbewerb und welche Erinnerungen hast Du daran noch?
Gar keine. (lacht)

 

Also war der Preis nicht so wichtig für Dich...
Naja, wir hatten immer so ein bisschen Glück, weil wir zu dritt eine andere Ausstrahlung hatten, als andere Bands. Ob das nun ein Talente-Wettbewerb war oder eine Zuschauerwertung, wir haben alle Wettbewerbe gewonnen. Da war es egal, ob Stern Meißen gespielt hat oder sonst wer… die hatten alle - sagen wir mal - wenig Chancen gegen uns, weil wir wohl ein anderes Auftreten hatten. Wir haben das damals nicht so ernst genommen und auch schon mal die PA-Anlage von der Bühne gekippt oder anderen Spaß gemacht (lacht).

 

Der erste Titel, der von Euch auf Schallplatte erschienen ist, war 1975 der Song "7 Meter Seidenband". Wie ist das Lied entstanden und wie und wo wurde es produziert?
Die ersten Titel, die es auf Schallplatte gebracht haben, waren die "Beschwerde" und "Müh dich fort". Danach kam erst "7 Meter Seidenband". Da hat Demmler den Text, und ich die Musik gemacht. Gleich danach kam "Der große Star", für den wir kurzzeitig einen Sänger aus Neuruppin hatten. Wir wollten uns mal ein bisschen entlasten und haben deshalb einen Sänger mit dazu genommen. Der hat's aber leider nicht so in unsere Richtung gepackt, also so zu singen, wie wir das gerne gehabt hätten. Deshalb dauerte das auch nicht lange, er hat dieses eine Lied eingesungen, war vielleicht ein halbes Jahr bei uns, und das war's dann. Danach haben wir erstmal wieder zu dritt weitergemacht. Aber daran hört man schon, dass wir auf der Suche nach einer Erweiterung in der Band waren.

 

Ein Jahr später gab es den von Dir schon angesprochenen Wechsel am Schlagzeug. Für Reinhard Miehatsch kam Klaus Scharfschwerdt. Wie seid Ihr auf Klaus Scharfschwerdt gekommen?
Miehatsch war ja ab diesem Zeitpunkt in West-Berlin und für uns nicht mehr greifbar. Klaus hat vorher bei der Gruppe "Vulkan" gespielt und da habe ich mal reingehört. Ich dachte: "Mensch, der ist ja nicht verkehrt", und so kam dann die Zusammenarbeit mit ihm zustande.

 

Wieder ein Jahr später kam mit Rainer Kirchmann ein Keyboarder dazu. Fortan war PRINZIP kein Trio mehr. Warum habt Ihr Euch entschlossen, einen Tastenmann dazu zu nehmen, und wie seid Ihr auf Rainer Kirchmann gekommen?
Kirchmann konnte gut singen und wir brauchten auch jemanden, der das gut kann. Außerdem hatte er eine Hammond-Orgel, das hat auch gut gepasst. Darüberhinaus war ein gewisser Druck vom Rundfunk und der Plattenfirma da, die sagten: "Ihr seid zu hart! Macht Eure Musik ein bisschen weicher, sonst können wir Euch nicht mehr produzieren." Wenn das nicht gewesen wäre, wären wir wahrscheinlich auch zu dritt geblieben. Nach dem Einstieg von Rainer wurde unsere Musik deutlich weicher, das war dann schon eine andere Schiene...

 

Im Jahre 1978 erschien die LP "Feuerrock". Bitte erzähl uns etwas darüber, wie die Platte entstanden ist und wie Du die Aufnahmen dazu in Erinnerung hast.
Bei dem Titel "Feuerrock" hatten wir auch einen bestimmten Gedanken an das Plattencover, dass es auch etwas in die Richtung ausdrückt, mit Feuer und so. Mein Bruder hatte zu der Zeit in Leipzig das Kabarett "Leipziger Brettl" geleitet, und da gab es einen großen Saal. Der war zwar wegen Einsturzgefahr gesperrt, aber genau dort haben wir das Plattencover gemacht. Das hat unheimlichen Spaß gemacht und wir hatten dort unsere Ruhe. Die Amiga hat dem Plattencover dann auch zugestimmt. Auf der LP selbst waren gemischte Titel, nämlich zum einen die Lieder, die wir im Rundfunk aufgenommen hatten, und dann neue Titel, die wir bei der Amiga aufgenommen haben. Die LP lief auch sehr gut.

 

Ihr habt viel im Ausland gespielt unter anderem auch bei den Erbauern der Erdgastrasse. Wie habt ihr diese Zeit erlebt? Stimmt das Gerücht, dass fast jede Band dort Maffay's Eiszeit spielen musste?
Ja, das stimmt! Auch "Una paloma blanca" wollten die Leute da hören (lacht). Wir waren aber nur ein oder zwei Mal an der Trasse, weil wir einen guten Deal hatten. Wir waren damals immer 2 x 6 Wochen auf SU-Tournee (Konzertreise durch die Sowjetunion, Anm. d. Verf.), und da hatte man mit der Trasse nicht ganz so viel zu tun. Bei der SU-Tournee haben wir 2 bis 3 mal am Tag Hallen mit 10000 Leuten gefüllt. Das war überhaupt kein Problem. Wir waren vom Gehabe her vielleicht etwas frecher als die anderen Bands, und das wollten eben alle sehen. Musik und Habitus gehörten da sehr eng zusammen.

 

Ist Dein Engagement in Moskau in den 90er Jahren auf Deine Erlebnisse mit Prinzip in diesem Riesenland zurückzuführen?
Ja...

 

Hat man damals schon Kontakte knüpfen können, die einem später hilfreich waren?
Ja, sehr viele Kontakte sogar, die bis heute noch bestehen!

 

Was hat die Band dazu bewogen, Ralf Bursy als Sänger aufzunehmen, der mit seiner weichen Stimme und seinem Teenie-Star-Appeal so gar nicht zu den "harten Jungs" passen wollte?
(lacht) Rainer Kirchmann hat ja auch eine relativ weiche Stimme, Frank Czerny konnte nicht alles singen, ich sowieso gar nicht. Wir haben uns bei den ganzen Titeln immer reingeteilt, und irgendwann haben wir uns überlegt: "Wie wäre es denn, wollen wir nicht noch einen Sänger mit in die Besetzung aufnehmen?" Rainer Kirchmann ging zu Pankow, und Bummi war ein sehr guter Ersatzmann. Ersatzmann ist vielleicht ein bisschen blöd ausgedrückt, denn er hat dem Ganzen ja noch einen oben drauf gesetzt. Es war ja so, dass das Publikum, bevor Bummi da war, aus 70% männlichen und 30% weiblichen Zuschauern bestand. Nach seinem Einstieg hat sich das gedreht, da waren das dann plötzlich 70% weibliche und 30% männliche Zuschauer (lacht). Das ist jetzt etwas übertrieben gesagt, aber den Eindruck hatte man. Es war ok, und eine sehr schöne Zeit. Bummi hat auch sehr gut gesungen. Wir haben uns gegenseitig ein bisschen angepasst. Wir sind weicher geworden und er ein bisschen härter.

 

PRINZIP hatte in den 80er Jahren den Ruf einer sagenhaften Live-Band. Man kann sich da noch an eine wirklich tolle Lichtshow mit Lasern, Masken, und einer Kanone erinnern. Hattet Ihr Probleme mit den Behörden, eure Ideen durchzusetzen?
Nein, überhaupt nicht. Nicht ein bisschen! Auch das mit der Kanone war für die völlig ok. Die war sogar selbst gebaut. Auch das, was auf der Bühne krachte und so, hat nie für Probleme gesorgt.

 

Warum gab es nie ein Live-Album davon?
Es gibt einen Live-Mitschnitt aus Löbau oder irgendwo da… den habe ich auch sogar noch irgendwo. Aber es gibt kein Live-Album, weil da auch die Technik in der DDR nicht soweit war, es so gut rüber zu nehmen, dass wir zufrieden gewesen wären. Ich weiß gar nicht, ob es überhaupt ein Live-Album in der DDR gab

 

Doch, das erste Album der Stern-Combo Meißen ist live mitgeschnitten worden, es gibt zwei Live LPs von den Puhdys, eine von KARAT und eine von Formel 1...
Ja? Das hab ich gar nicht so mitbekommen. Wenn man heute die Aufnahmen von Prinzip hört, kräuseln sich ja einem vom Sound her alle Fuß- und Fingernägel. Wir wollten da gar nicht so richtig ran. Es gab Mitschnitte vom Rundfunk, aber eben auch begrenzt. Da waren wir immer sehr vorsichtig.

 

Die 1983 erschienene LP "Wir reiten mit dem Sturm" war neben der wieder deutlich härteren Musik auch aus dem Grunde bemerkenswert, dass die Kompositionen und Arrangements erstmals komplett von der gesamten Band erarbeitet wurden, und dass auch die meisten Texte innerhalb der Band entstanden sind. Wie siehst Du diese Zeit rückblickend?
Die Texte sind nicht innerhalb der Band entstanden. Da steht zwar immer als Textautor "Prinzip", aber man kann sagen, dass das mein Pseudonym war. Es gab sehr viele Neider, die gesagt haben: "Du schreibst die ganzen Titel, Du schreibst die ganzen Texte"… da dachte ich mir, Du schreibst einfach "Prinzip" und fertig aus. Die Texte auf dem Album sind also alle von mir, außer bei zwei Titeln. Ich glaube, Bummi hatte auch zu einem oder zwei Liedern den Text beigesteuert. Er hat das aber, wenn ich mich nicht täusche, unter seinem Namen gemacht.

 

Warst Du knallharter Chef der Band oder ging es bei Prinzip basisdemokratisch zu?
Nein! Ich war schon der Chef der Band.

 

Hast Du heute noch Kontakt zu Deinen ehemaligen Mitstreitern? Was ist aus ihnen geworden, was machen sie heute?
Bummi hat zwei oder drei Textilgeschäfte und verkauft Klamotten. Das läuft ganz gut. Rainer Miehatsch, unser erster Schlagzeuger, hat in Wiesbaden zusammen mit unserem ersten Techniker Theo einen Musik-Spezial-Shop. Auch das läuft gut. Klaus Scharfschwerdt spielt ja bekanntlich bei den Puhdys. Kirchmann ist irgendwo in der Versenkung verschwunden. Den haben wir schon zig-mal zum Künstlertreffen eingeladen, aber er antwortet gar nicht. Er macht irgendwelche Solo-Sachen, spielt Piano und singt dazu. Und Frank Czerny spielt in einem Kabarett in Leipzig Bass. Die machen so kleinere Tourneen mit Schlagzeug und Bass, also mit zwei Leuten. Czerny ist ja auch der älteste von uns allen, der dürfte schon leicht über 60 sein, glaube ich.

 

Von Prinzip gibt es bisher nur die eine Best of CD. Warum gibt es die regulären Alben nicht auf CD, habt Ihr da keinen Einfluss drauf?
Nein, die Rechte an den Titeln hat fast komplett die Ariola/BMG in München Die haben die Hand darauf. Es gab allerdings schon einmal Anfragen, aber dann müssten wir ab und zu mal wieder spielen. Und die Schwierigkeit ist, dass ich vertraglich mit weit über 100 Veranstaltungen im Jahr gebunden bin. Dann geht's weiter, dass auch Bummi wenig Interesse hat, als Sänger mit Prinzip oder wie auch immer noch mal auf die Bühne zu gehen. Er sagt auch immer zum Künstlertreffen zu, kommt dann leider aber nie. Es würde mich sehr freuen, wenn er mal käme, denn ich meine, es war mit ihm zusammen eine schöne und lustige Zeit. Aber ich weiß nicht, aus welchem Grund er nie erscheint. 

 

1990 war kurzzeitig Michael Barakowski bei Prinzip.Wie kam es dazu? Gibt es davon Aufnahmen?
Nein, davon gibt es keine Aufnahmen. Wir hatten zu der Zeit ungefähr ein Jahr lang mit Michael Barakowski weiter gemacht, bevor ich letztendlich die Band aufgelöst habe. Ich hatte zu der Zeit so viele andere Verpflichtungen… Und wenn man so viele Jahre mit so vielen Leuten unterwegs ist, dann reicht einem das auch irgendwann mal. Ich war damals eigentlich froh, dass ich diese Last von mir hatte.

 

Also ist Prinzip offiziell aufgelöst worden...
Ja, ich hatte so viel zu tun mit meinen Laser-Shows, das ging dann in eine ganz andere Richtung. Wir haben ja auch schon mit Prinzip seit ungefähr 1982 mit Laser-Shows gearbeitet.

 

Prinzip hat 4 Langspielplatten veröffentlicht. Welche davon findest Du persönlich am stärksten, und welche Platte würdest Du heute ganz anders machen?
Die erste LP "Feuerrock" finde ich mit am stärksten! Und welche ich heute ganz anders machen würde wäre die zweite LP "Der Steher". Während der Entstehungsphase hatten wir richtig Druck von der Amiga und vom Rundfunk. Die würde ich heute ganz anders machen. Die dritte und vierte LP sind dann wieder ok, wir hatten später auch einen anderen Sänger. Prinzip hatte kurzzeitig ja auch eine komplett andere Besetzung. Bodo Huth, der vorher bei der Gruppe Elefant gespielt hat, war kurzzeitig bei uns mal Bassist. Der hat die LP "Wir reiten mit dem Sturm" mit eingespielt. Bei der letzten LP "Phönix" war Wolfgang Franke der Sänger. Wir hatten zu der Zeit mit Uwe Geisler auch einen anderen Bassisten und mit Michael Hoffmann einen anderen Schlagzeuger. Wir waren - wie gesagt - personell zu dem Zeitpunkt komplett anders aufgestellt.

 

Bands wie Rockhaus oder Pankow gehen immer mal wieder auf Tour. Pankow nannte das zuletzt "Nur aus Spaß". Mal ganz ehrlich: Kribbelt es Dich nicht manchmal, doch mal wieder eine Prinzip-Tour zu machen?
Naja, das ist schwierig. Jetzt bin ich mit meinen Shows unterwegs und habe dabei auch immer ein sehr großes Publikum. Ich hätte jetzt keine Lust mit Prinzip in irgendwelchen kleinen Clubs zu spielen. Wenn, dann müsste das schon eine große Sache sein, völlig durchgestylt, und so, dass man an die ganzen alten Sachen wieder anknüpfen kann. Aber sonst nicht. Ich würde mich also nicht in irgendein Clubhaus stellen und da was machen. Kein Stück!

 

Kann man verstehen... Welche musikalischen Pläne hast Du? Wird es noch mal etwas geben?
Es ist ausschließlich die Multimedia-Show. Ich spiele für diese Show, wie gesagt, ja auch Gitarre. Ich bin also von der Musik nicht weg, denn das ist alles auch auf Musik aufgebaut, egal, ob ich mit dem Philharmonie Orchester unterwegs bin oder alleine was mache… Die Musik ist immer ganz wichtig dabei.

 

Also immer Action...?
Ne, ne... keine Action. Wir sind auf der klassischen Seite, auf der sinfonischen.

 

Das ist das komplette Gegenteil zur Musik von Prinzip!
Ja, ganz anders!

 

Und damit sind wir auch schon am Ende des Interviews angelangt. Möchtest Du unseren Lesern noch etwas sagen?
Ja, ich danke für das Gespräch und die besten Grüße an unsere Fans! Vielleicht klappt es ja doch irgendwann noch mal, wenn Bummi und auch Czerny ok sagen. Beim Schlagzeug haben wir ja die Auswahl mit Miehatsch und Scharfschwerdt

 

Vielleicht bekommt man ja da gemeinsam mit den Puhdys mal was hin. Das würde sich doch anbieten...
Ja, das stand schon einmal zur Debatte, ist aber am Ende doch nichts geworden.

 

 

Interview: Gundolf Zimmermann, Christian Reder
Bearbeitung: kf, cr
Fotos: Privatarchive Frank Czerny und Jürgen Matkowitz
 
 
 
 
 

   
   
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