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Wolfgang Ziegler

 

 

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"Verdammt geil" finden ihn seine Fans, "Schlagerfuzzi" titulieren ihn die anderen. Dazwischen gibt es kaum was anderes. Seine Anhänger schätzen seine Bodenständigkeit und seine mal einfach gestrickten, mal anspruchsvollen, aber stets ansprechenden Songs. Seit Jahren kommt kaum eine Après Ski-Party, ein Dorftanz, eine Betriebsfeier oder ein Abend im Disco-Pub ohne die Schlagerhits des in Rostock geborenen Sängers aus. Und Ziegler ist noch einer von der Sorte, die ihr Handwerk mühsam erlernt haben. Noch bevor er mit seiner Band WIR in den 70ern große Erfolge feiern konnte, absolvierte er zwischen 1970 und 1973 ein Gesangsstudium am Studio für Unterhaltungskunst in Berlin und Komposition an der Hans-Eisler-Hochschule. Während heutige Nachwuchskünstler oftmals im Reagenzglas der einheimischen Schallplatten- und CD-Labors gezüchtet, und anschließend auf die Menschheit losgelassen werden, erwarb sich Ziegler den Abschluss und steht seitdem ununterbrochen vor Publikum. Insgesamt 14 Jahre trat er mit der zusammen mit Jens Gerlach gegründeten Formation WIR auf, ehe er ab 1986 nur noch als Solo-Interpret unterwegs war. Aber auch in seiner Solokarriere gelang Ziegler der große Wurf: Im Jahre 1987 erschien seine Single "Verdammt" die deutschlandweit ein Hit wurde, und die heute noch zum Standard eines jeden Disco-Fox DJs gehört. Inzwischen nähert sich das nächste runde Bühnenjubiläum... langsam aber sicher... Es dauert nicht mehr lange. Und immer noch produziert Ziegler neue CDs und tritt überall da auf, wo seine anspruchsvolle Schlagermusik hinpaßt. Es gab viele Gründe und noch mehr Fragen, die ein Interview und somit eine Einladung für Wolfgang Ziegler in unsere Rubrik "Stargast" absolut erforderlich machten. Nadja und Wolfram sprachen mit dem Sänger, der beruflich wahrlich nie "im Regen gestanden" hat...
 

 

Hallo Wolfgang, kürzlich ist dein aktuelles Album "alles & jetzt" erschienen. Dafür hast du mit deinem Sohn Martin de Vries zusammengearbeitet, der ein bekannter Pop-Produzent ist. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?
Das war folgendermaßen: Martin ist ja der Sohn aus meiner ersten Ehe, und als meine Frau und ich uns 1978 getrennt haben, ist er mit meiner Frau nach Holland gegangen. Wir haben uns dann aus den Augen verloren, aber ich habe mitbekommen, dass er eine eigene Musikkarriere gemacht hat, und wir haben uns nach der Maueröffnung schon mal getroffen und versucht, uns anzunähern, was ja nicht so leicht ist, wenn man so lange keinen Kontakt hatte. Damals hatten wir uns nicht so richtig gut verstanden, aus welchen Gründen auch immer und deshalb hat es damals nicht funktioniert, aber es war eigentlich immer ein Wunsch von mir, doch mal was zusammen mit ihm zu machen. 2006 haben wir es dann noch mal ernsthaft probiert und haben über die Musik zusammen gefunden. Ich hatte schon länger die Idee, einen Nachfolgetitel für "Verdammt" zu schreiben, weil ich von vielen Leuten immer wieder hörte, dass ich noch mal einen Titel wie "Verdammt" schreiben sollte und Martin sagte, dass er es versucht. So hat das angefangen und Martin hat den Titel "Verrückt" geschrieben, der "Verdammt" sehr ähnlich ist, aber das sollte ja auch so sein. Über diese Brücke Musik haben wir dann auch menschlich wieder zueinander gefunden und haben ein freundschaftliches Verhältnis zueinander aufgebaut.
 
 
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Der erste Titel "Verrückt" ist ja bereits auf deinem letzten Album erschienen, was hat dich dazu bewogen, den Titel als "Long Version" (zu Deutsch: Maxi Version) erneut auf CD zu bannen?
Auf der neuen CD sind Titel enthalten, die durch die Zusammenarbeit mit Martin entstanden sind, und da gehört "Verrückt" dann natürlich auch dazu.

 

Mit "Gartenparty" hat es auch ein Hit von WIR in neuem Gewand auf die CD geschafft. Weshalb das und warum hast du gerade diesen Titel gewählt?
"Gartenparty" ist ein Titel, der in den Köpfen der Menschen geblieben ist und immer wenn ich auf Bühnen gesungen habe, kamen die Fragen nach "Gartenparty". Das ist einfach ein Kulttitel geworden, der damals in den Siebzigern ganz nebenbei entstanden, aber unheimlich gut gelaufen ist. Wenn ich dann "Gartenparty" gesungen habe, waren die Leute ein klein wenig enttäuscht, weil das Playback irgendwie doch nicht mehr so klang wie früher. Martin hatte irgendwann die Idee, wie man "Gartenparty" in einen neuen Sound packen kann, ohne dass man das Gefühl hat, er sei nicht mehr derselbe. Man sollte das Gefühl haben, das ist das Original. Das hat funktioniert. Die Version kann ich draußen hervorragend singen und ich finde sie so Klasse, dass wir den Titel einfach mit auf's Album genommen haben.

 

Springen wir mal zurück in die 60er. Ab 1964 warst du Leiter des Baltic-Quintetts aus Rostock, hast dort gesungen, Orgel und Piano gespielt. Wie hast du dir diese musikalischen Kenntnisse angeeignet?
Ich hab von klein auf Klavier gelernt bzw. lernen müssen. Ich stamme ja aus einer musikalischen Familie, meine Mutter war Pianistin und Organistin und so hab ich schon mit fünf Jahren Klavier lernen müssen, was mir als Kind natürlich überhaupt nicht geschmeckt hat. Aber später hat mir das viel geholfen. In der Oberschule haben dann ein paar Leute angefangen, zusammen Musik zu machen und da konnte ich ja schon Klavier spielen.

 

Die Baltics waren eine Beat-Band. Bei Beat denkt man aber eher an Leipzig oder Berlin, wie war die Situation damals in Rostock und im Norden allgemein für den Beat?
Nicht schlecht. Wenn man sich natürlich politisch mit dem System auseinander gesetzt hat, hat man in der Zeit immer Probleme gehabt. Das haben wir aber gar nicht gewollt. Wir haben Musik gemacht, die uns Spaß machte. Zuerst vor allem nur Lieder nachgespielt, Beatles, Stones und so weiter, aber das war auch in Ordnung und wir hatten keine Probleme. Wir haben dann die ersten Versuche mit eigenen Titeln gemacht, was aber zu der damaligen Zeit sehr schwierig war, weil es die Leute eigentlich kaum hören wollten.

 

Du hast 1974 in einem Interview gesagt, dass du 1965 die Filmmusik zum DEFA-Kinderfilm "Die Reise nach Sundevit" geschrieben hast. Tatsächlich wird aber Karl-Ernst Sasse als Komponist für diesen Film genannt. Inwieweit hast du daran mitgewirkt?
Es stimmt, wenn ich im Internet bei Google nachschaue, dann bin ich bzw. sind die Baltics dort nicht erwähnt, aber das ist meiner Meinung nicht richtig, denn wenn man sich den Film anschaut, wird man sehen, dass die Baltics im Film als Musiker zu sehen sind. Und es sind einige Stücke der Baltics im Film verwendet worden, die wir extra dafür geschrieben haben.

 

Bereits 1971 ist mit "Schön war der Sommer" eine Solo-Single von dir erschienen. Wie kam es dazu und warum hast du danach nicht solistisch weiter gearbeitet?
Das war ein Versuch, ein Weg. Ich habe 1970 angefangen, in Berlin Gesang und Komposition zu studieren und parallel eine Fachhochschule besucht, wo ich die so genannte Unterhaltungskunst lernte, Bewegungsunterricht, Gesangsunterricht, Spracherziehung und so weiter. Das war eine gute Grundlage. Ich war ja schon Musiker und konnte Klavier und Gitarre spielen, da hab ich einfach mal versucht, einen Titel zu veröffentlichen und eine Karriere zu starten, aber das war nicht ganz ernst gemeint, denn in mir schlummerte schon immer die Idee einer eigenen Band, eines neuen Projektes.

 

War das Studium die Ursache für einen Ausstieg bei den doch erfolgreichen Baltics, oder gab es dafür einen anderen Grund?
Das war natürlich ein Grund, ich habe nach Berlin gehen müssen, weil in Rostock die Möglichkeiten zur Weiterentwicklung nicht so gegeben waren. Wir waren Amateure und in Rostock die besten, aber wenn man Profi werden wollte, musste man nach Berlin gehen. Berlin war damals das Zentrum und ist es heute ja auch noch mehr oder weniger. In Berlin hab ich dann 1972 den Lyriker Jens Gerlach kennen gelernt, einen sehr interessanten Mann und da entstand die Idee, eine Gruppe mit neuen Inhalten und ganz neuen eigenen Titeln zu gründen. Das war zu der Zeit etwas völlig Neues. Es war sozusagen die Zeit der Entstehung des Ostrocks!
Jens hat als Lyriker die ganzen Texte geliefert und ich als Musiker die Kompositionen, mein Gott, das war ein Riesending! Die Musiker haben wir von der alten "Uve Schikora-Band" übernommen. Ich habe ja vorher schon in der Band gesungen, und wir haben die Musiker gefragt, ob sie dabei sind und so haben wir die "Gruppe Wir" gegründet.

 

Später kamen mit Katrin Lindner und Doris Martin zwei Sängerinnen in die Band, die sie aber 1976 (Katrin Lindner) und 1978 (Doris Martin) wieder verließen. Wie hat sich das auf die musikalische Konzeption ausgewirkt?
Man sucht immer nach Möglichkeiten, eine Band auszubauen und zu entwickeln und mir hat es immer Spaß gemacht mit Sängerinnen zusammen zu singen. Da gab es mehr Möglichkeiten, auch optische Möglichkeiten, das fand ich damals sehr spannend. Deshalb sind diese Sängerinnen in die Band gekommen. Später war dann neben Doris Martin auch kurz mal Tamara Danz dabei. Irgendwann hatten wir aber das Gefühl, dass es doch besser ist ohne Sängerinnen, weil sich unsere musikalische Richtung auch geändert hatte.

 

Die Musik von WIR war anfangs auf den Inhalt ausgerichtet, so sind unter anderem die Titel "GI-Blues", "Black Power" oder "Requiem für Julián Grimau" entstanden. Ab 1975 änderte sich das in Richtung Tanzmusik, stellvertretend seien hier die Titel "Gartenparty" und "Superschlank" genannt. Weshalb kam es zu dieser inhaltlichen Veränderung?
"Superschlank" kam sehr viel später. "Gartenparty" war aus einer Art Laune entstanden. Die Idee war, einen originellen, witzigen Titel zu machen. Die Änderung zum Popsong wie "Superschlank" kam meiner Meinung nach erst in den 80ern, aber ich hatte immer schon in mir den Wunsch, mehr popmäßige Musik zu machen. Die großen Rockballaden waren spannend und schön, aber später wollte ich dann mehr die populären Uptempo-Lieder machen.

 

1977 ist die erste Amiga-LP von WIR erschienen, im Jahr darauf bereits die zweite. Im gleichen Jahr, 1978, ist jeweils eine Platte bei Supraphon in der CSSR und bei Metronome in der BRD erschienen. Wie kam es dazu?
1977 war ein wichtiges Jahr für uns. Wir haben damals auch angefangen, große Tourneen zu machen, auch in die damalige Sowjetunion. Als wir wieder kamen, hatten wir dann ein großes Gastspiel im ZDF in Westberlin, wir durften rüber fahren, weil wir ja bewiesen hatten, dass wir ein gutes Kollektiv waren. Das war ein großes Konzert, Rock Live mit Udo Lindenberg und einigen anderen Größen. Das war der Punkt, an dem Metronome, eine große westdeutsche Plattenfirma, sich für uns interessiert hat und meinte: "Mit euch machen wir ein Album in Westdeutschland." Das war der Grund dafür und das war natürlich wunderbar.
Die CSSR war auch ein interessanter Markt, den die Oberen wollten, und so war die Platte bei Supraphon eine logische Schlussfolgerung. Die drei LPs sind aus einem einzigen Master entstanden, obgleich sie letztendlich nicht identischen Inhalts waren. Aber das war den jeweiligen Labels vorbehalten.

 

1984 ist mit "Wenn die Flut kommt" erneut ein Album in der BRD erschienen, diesmal bei Polydor. Auf dem Album sind, wie auch schon auf dem 1978er Album bei Supraphon, Titel enthalten, die in der DDR auf keinem Album enthalten waren. Wollte Amiga diese Titel nicht oder was war der Grund dafür?
Das war dann wahrscheinlich so. Amiga hat gesagt: "Wir wollen das Album anders." Das hatte aber keine politischen Gründe. Die Songs waren ja nicht vordergründig politisch, sie hatten zwar eine Aussage, eine tief menschliche Aussage von der Angst und der Kraft des Menschen. Das war aber nicht der Grund. Polydor wollte eben eine andere Kopplung haben und wollte andere Lieder auf der Platte, das tat uns sehr gut. Auf diese Weise konnten wir noch etwas veröffentlichen, was wir sonst nicht hätten veröffentlichen können.

 

Dieses Album ist zwar in der DDR aufgenommen, aber in Westberlin gemischt worden. Liegen dem Album die gleichen Aufnahmen zu Grunde wie dem Album "Ebbe und Flut"?
Ja, wir haben seiner Zeit wirklich alle Songs in Ostberlin aufgenommen und hatten das Privileg, dass in Westberlin gemischt werden konnte, weil dort wesentlich bessere technische Mittel vorhanden waren. Das hört man auch ganz eindeutig, wenn man z.B. "Superschlank" vergleicht. Davon gibt es zwei Fassungen: Eine, die wir in Ostberlin gemacht haben und eine, die dann später auf dieser Platte "Ebbe und Flut" erschienen ist. Das war eine spannende Zeit, weil wir eben die Möglichkeit hatten, dort mixen zu lassen. Dabei habe ich sehr interessante Leute kennen gelernt, die mir auch später bei neuen Projekten sehr geholfen haben.

 

Was war der Grund, dass die Titel neu gemischt wurden, waren die Amiga-Versionen nicht gut genug?
Die Amiga-Versionen waren gut, aber dort gab es eben bessere technische Möglichkeiten, so dass wir bzw. die westdeutsche Plattenfirma die Titel noch einmal neu gemischt haben.

 

Auf dem Album ist der Titel "Es gibt für mich kein fremdes Leid" enthalten. Dieser Titel war ja als Duett mit Ute Freudenberg geplant, ist aber nach deren Ausreise aus der DDR erstmal bei Amiga im Giftschrank verschwunden. Stattdessen ist bei Polydor ein Duett mit der Schweizer Sängerin Rose Brown veröffentlicht worden. Wie kam es dazu und wie und wo sind die Aufnahmen entstanden, du warst ja 1984 kein Reisekader?
Das war tatsächlich so. Wir haben den Song in den Studios des Rundfunks der DDR aufgenommen. Es war ein wunderbares Lied. Aufgenommen haben wir es mit Ute, aber nach ihrem Weggang wurde es sofort auf Eis gelegt, da gab es kein Pardon.
"Polydor" wollte aber den Song auf dem Album haben, daher mussten wir eine andere Sängerin finden. Das war dann eine Kollegin aus der Schweiz. Die Vocals mit ihr haben wir in meinem Studio in Ostberlin aufgenommen. Wir wollten das Lied unbedingt machen und konnten ohne Probleme keine andere Sängerin finden. Es wurde dann drüben gemischt, ich durfte damals tatsächlich nicht rüber fahren. Das Ergebnis des Songs war aber leider nicht so gut wie mit Ute und deshalb haben wir das Lied dann später noch einmal neu aufgenommen, 1999!

 

1986 hast du dann deine Solokarriere begonnen, die Plattenaufnahmen zu deinem ersten Soloalbum fanden in Hamburg statt. Weshalb war das auf einmal möglich, mit der Gruppe WIR durftest du ja zuletzt nicht mehr in den Westen?
Es konnte einfach nicht so bleiben, dass westdeutsche Plattenfirmen gerne mit mir als Künstler was machen wollten und ich dadurch, dass ich eben nicht rüber fahren durfte, keine Möglichkeit dazu hatte. Da habe ich mich dann an verschiedene Stellen gewandt, Ministerium für Kultur und an höhere Stellen, die Mitarbeiter für Kultur im ZK. Ich bin dann dort hingegangen und habe gefragt: "Wie seht ihr das mit meiner Karriere, wollt ihr mir ein helfen oder nicht?" Auf jeden Fall waren das gute Gespräche und am Ende hieß es, warum eigentlich nicht, ich hätte immer gut gearbeitet und man gab mir die Möglichkeit, dass ich doch reisen konnte. Dann habe ich tatsächlich die ersten Titel in Hamburg aufgenommen. Das war auch eine sehr spannende Phase in meiner Karriere.

 

Als Solokünstler hast du dann ins Schlagerfach gewechselt, vorher hast du aber Beat- und Rockmusik gemacht. Wie kam es zu diesem Richtungswechsel?
Das ist mehr oder weniger fließend. Ich bin in erster Linie Musiker und Sänger, der Musik macht, in welcher "Schublade" ist mir egal, sie muß einfach zu mir passen. Bei uns tut man sich leicht ein bisschen schwer, wenn man nicht die passende "Schublade" für den Künstler findet. Ist es nun Schlager, Deutschrock oder Deutschpop usw. Es gibt aber auch genug Zwischentöne. Damit müssen sich auch andere Kollegen herumschlagen, z.B. Udo Jürgens, Roland Kaiser oder Howard Carpendale, die ja auch keinen ausgesprochenen Schlager machen. So habe ich auch meinen eigenen Weg gesucht und gefunden, und verarbeite immer auch Elemente der Rockmusik und Popmusik. So gesehen ist das ein fließender Übergang und mit dieser Musik fühle ich mich wohl.

 

Den Text für deinen wahrscheinlich bekanntesten Titel "Verdammt" hat ein RIAS-Moderator geschrieben und der Titel wurde in Westberlin aufgenommen und produziert, was natürlich keiner wissen durfte. Als es dann doch heraus kam, was wären die Konsequenzen dafür gewesen, wenn der Titel nicht so populär gewesen wäre?
Das war wirklich eine heiße Nummer! Ich hab mir anfangs überhaupt keinen Kopf gemacht, dass das eine politische Brisanz hatte, doch RIAS Berlin war damals das rote Tuch schlechthin für die DDR und Ostberlin. Es war eben ein amerikanischer Sender! Meine Güte, das hätte auch ins Auge gehen können. Der Titel wurde glücklicherweise sehr schnell populär, so dass da möglicherweise eine Eigendynamik entstand. Es gab im Osten immer auch Partei-Leute, die nicht alles durch diese rote Brille sahen, die auch mal sagten: "Mensch was soll dieses ganze Theater, das ist ein klasse Titel, super Text, was woll’n wir mehr, es ist ein Künstler von uns." Und diese Leute haben dann gesagt: "Das lassen wir mal nicht groß rauskommen", auch wenn es damals Querschüsse gab, aber die wurden unter den Teppich gekehrt. Es war ein Superhit und man ließ es dabei. Das war auch ein wenig Glück, glaube ich.

 

1988 hast du eine eigene Show geplant, "Wolfgang Ziegler in Mode". Was ist daraus geworden?
Das war auch eine sehr interessante Sache, weil dort eine Verquickung von Mode in Bildern, als eine Art gestalteter Bilder auf einer Bühne mit tollen Kostümen und schönen Menschen, und meiner Musik stattfand. Ich hatte einen weißen Flügel und das Ganze wie eine Geschichte musikalisch umrahmt. Das war etwas Neues und ein gutes Konzept. Es ist auch gut gelaufen und die Leute sind gekommen. Aber leider ist es dann im Strudel der Wende verschwunden, sonst hätte ich das gerne weiter gemacht.

 

Nach der Wende hast du 1992 bei Virgin dein Album "Wir gehören zusammen" veröffentlicht, offenbar hat es den Wendeknick, mit dem die meisten DDR-Künstler zu kämpfen hatten, in Bereich Schlager und Unterhaltungsmusik kaum gegeben. Woran lag das?
Das stimmt, glaube ich, nicht, den Knick gab es bei allen und so auch bei mir. Das hat mit Schlager und Rock kaum was zu tun, ich würde sagen, gar nichts. Bei mir gab’s den auch total, es war die totale Ruhe, ich hatte kurz vor der Wende Angebote von westdeutschen Plattenlabels, die sind alle förmlich in der Luft zerplatzt. Ich hab mich dann in mein Studio gesetzt, hab mir überlegt, was kannst du, du kannst jetzt nicht warten. Versuche, Titel zu schreiben, und produziere sie und zwar sehr gut. Natürlich musste ich das zunächst selbst finanzieren. Das habe ich dann ganz genauso gemacht, im Hansastudio habe ich auf eigene Kosten drei Titel aufgenommen. Peter Wagner hat mir damals sehr geholfen, ein absoluter Profi, ein Tonmeister und Produzent, der auch vieles für Maffay und Udo Jürgens gemacht hat. Wir haben drei Titel produziert, und mit diesen drei Titeln bin ich dann nach München gereist zu Virgin und hab sie dort vorgespielt. Das war aber schon 1992, da waren fast drei Jahre Ruhe dazwischen. Die fanden das so gut, dass dann daraus mein nächstes Album "Weil ich dich liebe" entstand. Das war natürlich ideal, denn ich konnte dann im Hansastudio in Westberlin weiterarbeiten und so an meine Karriere weiter anknüpfen.

 

Auf deinen Soloalben sind durchgängig auch Vor-Wende-Titel zu finden. Was ist der Grund dafür? Ist mit heutigen Mitteln eine bessere Produktion möglich oder sollen die Titel die Erinnerung an früher erhalten?
Wenn dann beides, aber ich weiß gar nicht, ob so viele Vor-Wende-Titel auf meinen neuen Alben enthalten sind.
Mit "Verdammt" hab ich das wirklich versucht, aber das Original war aus späterer Sicht nicht zu toppen. Auf der Best-Of, das ist eine Doppel-CD, ist es logisch, dass da die besten WIR-Songs nochmal drauf sind. Ich glaube, ich habe einen meiner Lieblingstitel vergessen: "Da schlug die Flamme", ein ganz tolles Lied. Das habe ich auch nochmal neu aufgenommen und das mit Erfolg. Der Titel gehört heute zu meinem festen Repertoire. Sonst sind es eigentlich nur neue Titel gewesen. Das nächste Album kam 1993 bei Virgin heraus, das war komplett neu, dann 1997 ein neues Album bei BMG/Amiga, natürlich mit "Verdammt". Und das nächste Album kam dann 2003 bei BMG/Ariola usw.

 

Wie sehen deine Pläne für die Zukunft aus? Wirst du zu deinem aktuellen Album auf Tour gehen?
Ja natürlich. Mein aktuelles Album "alles & jetzt" liebe ich sehr. Ich merke auch, dass die Leute es toll finden, das Publikum, die Fans. Ich singe natürlich von diesem Album aktuell alle Titel auf der Bühne, gar keine Frage. Z.Z. sitze ich gerade an dem Konzept einer Konzertvariante, mit Musikern, mit der ich in diesem Jahr zusätzlich zu meinen andern Auftritten auf Tournee gehen möchte, wo dann auch andere Titel zu hören sein werden, die besten aus meiner Karriere. Ich glaube, das wird eine tolle Sache. Dann arbeite ich natürlich weiter mit meinem Sohn Martin de Vries an neuen Songs, ich brauche immer einen großen Vorlauf, denn die Lieder entstehen langsam und brauchen Zeit. Im Februar kommt dann die nächste Promo Single aus meinem aktuellen Album in die Radiostationen, der Titel-Song meines Album: "alles & jetzt"!

 

Vielen Dank, dass du dir für das Interview Zeit genommen hast.

 

Interview: Nadja Notzke, Wolfram Schenck
Bearbeitung: kf, cr
Fotos: Pressematerial Künstler, Happy Production  
 
 
 
 

   
   
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