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Kim Merz

 

Seine Solokarriere kam im Jahre 1983 richtig ins Rollen, als ihm die beiden Singles "Der Typ neben ihr" und "Saumäßig stark" gute Plätze in den deutschen Single-Charts einbrachten. Neben seiner Sängerkarriere arbeitete er auch als Komponist und Texter für andere Musiker, denen er Hits auf den Leib schneiderte.
Schon lange hat man von dem Sänger Kim Merz nichts mehr gehört. Mit welchen Projekten er sich in den vergangenen Jahren beschäftigt hat, was er heute macht und wie es dazu kam, dass er professioneller Musiker wurde, erzählte er uns am 24.01.2007...

 


 
Hallo Kim Merz! Wie geht es Dir?
Wie ich gerne sage: geschmeidig!
 
 

Seit dem letzten musikalischen Lebenszeichen von Dir sind einige Jahre vergangen. Was machst Du heute?
Ich mache nach wie vor Musik mit meiner Band "FKK", die seit 15 Jahren einfach geile Konzerte hinlegt. Daneben schreibe und produziere ich hin und wieder etwas für Freunde. Mein Hauptbetätigungsfeld ist allerdings meine Agentur.

 

In Deinem Veranstaltungs-Service betreust Du eine Reihe Comedians. Wen hast Du im Programm?
Ich arbeite für Jürgen von der Lippe, Helge Schneider, Herbert Knebel und eben "FKK".

 

Du hast früher sehr erfolgreich Musik gemacht. Zuerst mit der Gruppe WALLENSTEIN, später solo. Wie bist Du zur Musik gekommen?
Ich habe als Schüler mit 12 Jahren meine erste Band gegründet und bin bei der Musik geblieben. Damals war ich Schlagzeuger. Mit 20 Jahren habe ich den Gesang für mich entdeckt. Mit jeder neuen Bandgründung stieg das musikalische Niveau, man hat sich immer ein Stück verbessert und mangels Freundin oder anderer Hobbies war klar, dass man Profimusiker - möglichst "Star" - wird.

 

Im Jahr 1978 bist Du zur Gruppe WALLENSTEIN gestoßen. Wie kam es dazu?
Ein Bekannter - es ist nicht ganz geklärt welcher - hat WALLENSTEIN-Boss Jürgen Dollase den Tipp gegeben, dass in Duisburg ein Typ rumläuft, der genau in die neu gegründete WALLENSTEIN-Formation passt. Also hat er angerufen und ich bin nach Mönchengladbach zum Vorsingen gefahren. Ich war übrigens nicht der erste und einzige Kandidat für den Posten des Sängers. Vor mir wurden u. a. bereits Purple Schulz und David Hanselmann (PUR) gecastet. Gott sei Dank für beide Seiten hat man sich für mich entschieden.

 

Erinnerst Du Dich noch an Deinen ersten Auftritt mit der Band?
Ja. Der war im saarländischen Dillingen, weit weg von Zuhause, wo uns kein Arsch kannte. Wir waren so aufgeregt und unkoordiniert, dass ich Pete Brough (Gitarrist) auf der Bühne zweimal fast über den Haufen gerannt hätte.

 

Die Band gab es bereits seit Ende der 60er Jahre - zuerst unter dem Namen BLITZKRIEG. Ihre erfolgreichste Zeit erlebte sie jedoch erst nach Deinem Einstieg und mit der LP "Charline". Wie ist die Platte entstanden?
Innerhalb von vier Wochen im Studio "Dierks" in Köln-Stommeln, glaube ich. Meine Gesangsparts habe ich in 2 Tagen "runtergesungen", da ich während der Sessions fürchterlich erkältet war. Auch bei der endgültigen Gesangssynchronisation war ich noch sehr angeschlagen. Bei "Charline" z. B. kann man es ganz gut hören. Ich hatte im übrigen Jürgen Dollase im Glauben gelassen, dass ich schon reichlich Studioerfahrung hätte. In Wahrheit hatte ich bis zur Produktion von "Charline" noch kein professionelles Studio von innen gesehen!

 

Ihr seid damals gefeiert worden, wie sonst nur Bands aus dem Ausland, und es gab sogar eine gemeinsame Tour mit den SCORPIONS. Erzähl uns bitte etwas über diese Zeit.
Es war eine schöne, aber auch eine sehr sehr harte Zeit. Wir haben uns natürlich bemüht, den frischen Ruhm auszunutzen. Wir sind getourt wie die Blöden! Es gab auch keinen ausgeklügelten Tourneeplan - wir sind an einem Tag in der Kieler Ostseehalle aufgetreten und am nächsten Tag irgendwo an der bayerischen Grenze. Ich habe jede Milchkanne in Deutschland kennengelernt!
Außerdem waren wir sehr perfektionistisch eingestellt. Wenn wir nicht getourt haben, haben wir geprobt. Wenn wir nicht geprobt haben, haben wir getourt oder eine neue Platte aufgenommen. In 3 Jahren um die 400 Gigs gespielt und 4 Studioalben aufgenommen. Unvorstellbar! Das ging vor allen Dingen an meine Substanz. Die Stimme war eigentlich nur noch ein wunder Muskel! Aber schön war es doch. Ich möchte keinen Tag missen!

 

Im Jahre 1981 war dann plötzlich die Neue Deutsche Welle angesagt, und die Erfolge bei WALLENSTEIN blieben aus. Waren das die Gründe für das Aus?
Ja. Hinzu kam, dass unser Gitarrist Pete Brough nach Südafrika gezogen ist und unser Drummer Charly Terstappen bei Westernhagen eingestiegen war.. Die Front bröckelte. Wir haben zwar dann noch zu viert ein Album bei der EMI produziert, das aber nicht mehr veröffentlicht wurde.

 

Hast Du noch Kontakt zu Deinen ehemaligen Kollegen?
Ja natürlich! Der Gitarrist Michael Dommers wohnt seit ein paar Jahren bei mir um die Ecke in Mülheim/Ruhr und spielt bei Peter Bursch's Bröselmaschine und bei der Wuppertaler Coverband "Flieger". Pete Brough wohnt inzwischen wieder in Mönchengladbach und hat dort die Band "Dead Guitars". Charly Terstappen hat sich gerade bei der WM in der Glückaufkampfbahn Gelsenkirchen beim Public Viewing ein "Drum-Battle" mit meinem Sohn David geliefert. Bassist Kurt Schmidt (alias Terry Park) mischt auch noch munter in der Mönchengladbacher Musikszene mit. Nur zu Jürgen Dollase, inzwischen Europas gefürchtetster Gourmetkritiker, haben wir alle keinen Kontakt mehr.

 

Im Jahre 1983 hast Du Dein Solo-Album "Wenn der Vollmond zuschlägt" veröffentlicht. Wie ist die Platte entstanden, und welche Chancen auf Erfolg hast Du Dir damals damit ausgerechnet?
Ich habe mich hingesetzt und eine Menge Songs geschrieben. Außerdem habe ich meine absoluten Lieblingstitel von berühmten Kollegen wie Bryan Adams, Cat Stevens und Willy de Ville mit deutschen Texten versehen. Einige Songs, darunter auch "Der Typ neben ihr" habe ich dann mit Hilfe meiner alten Kumpels von WALLENSTEIN in einem Essener Studio als Demos aufgenommen und an verschiedene Plattenfirmen verschickt. Bei "Der Typ neben ihr" hab ich eigentlich sofort gewusst, dass der Titel zum Hit taugt.

 

Die Single "Der Typ neben ihr" wurde dann auch ein Hit. Wie hast Du die Zeit damals empfunden?
Es war komisch. Ich hielt den Song für eine Rockballade. Das Publikum stufte ihn aber als Schlager ein. Deshalb waren bei meinem ersten öffentlichen Auftritt auch nur Mädchen und Frauen vor der Bühne. Für einen Rocker ein "Kulturschock"- aber auch ein Lernprozess!

 

Du warst als Sänger einer Band und später als Solokünstler aktiv und erfolgreich. Wo waren für Dich die Unterschiede?
Als Solokünstler hast Du es einfacher, weil nur Du (im Idealfall!!) die Richtung bestimmst, wo es lang geht.
Bei einer Band haben die Mitglieder natürlicherweise verschiedene Vorstellungen vom Image der Band, von ihrem eigenen Image, von der Musik und in welche Richtung die Band maschieren soll. Besonders, wenn der Erfolg auf sich warten lässt oder aber bereits wieder auf dem Rückmarsch ist. Die Diskussionen innerhalb einer Band können deshalb sehr ermüdend und teilweise absurd sein. Ich erinnere mich an eine Diskussion bei WALLENSTEIN auf dem Weg zu einem Gig, wo ernsthaft erwogen wurde, künftig unseren (einzigen) Hit nicht mehr live zu spielen!!

 

Du hast aber nicht nur Songs für Dich geschrieben, oder?
Ich habe für Wolfgang Petry einige Titel als Texter geschrieben. Unter anderem "Gnadenlos", "Die vierte Dimension" und natürlich "Wahnsinn", der erfolgreichste Titel. Ich habe auch mit Andreas Martin gerne gearbeitet. Es sind noch eine Menge Titel für andere Künstler dabei, die ich nicht alle aufzählen kann.

 

Deine 1983er LP war sehr erfolgreich. Warum gab es für "Wenn der Vollmond zuschlägt" keinen richtigen Nachfolger?
Doch, es gab einen Nachfolger! Ein Jahr nach dem erwähnten Album ist bei der gleichen Plattenfirma das Album "Kopf oder Zahl" erschienen. Im Gegensatz zum "Vollmond", das bis auf einige Ausnahmen mit Studiomusikern produziert war, wurde dieses Album mit meiner neu gegründeten KIM MERZ BAND eingespielt. Leider hat das wirklich schöne Album keine Hitsingle wie "Saumässig stark" und "Der Typ neben ihr" hervorgebracht.

 

Was hast Du danach gemacht?
Ich habe mit der KIM MERZ BAND gespielt und haufenweise neue Songs mit verschiedenen Produzenten in Berlin, in Frankfurt und in München aufgenommen. Es gab zähe, langwierige Verhandlungen mit Plattenlabels, Verlagen und Produktionsfirmen. Ich habe dann nach ein paar Jahren einen Schlußstrich gezogen, mich von meinem langjährigen Management getrennt. Ich bin dann als Teilhaber in einen Schallplattenladen (ja, damals nannte man es noch so!) eingestiegen.

 

Viele Leute wünschen sich Deine Alben auch endlich auf CD. Wieso gibt es immer noch keine Neuauflagen?
Es gab mal Verhandlungen mit der alten Plattenfirma, ein paar alte Hits zusammen mit ein paar neuen Produktionen zu veröffentlichen. Aber es fehlte wohl die nötige Phantasie auf ihrer Seite um sich vorzustellen, dass Leute das Produkt kaufen würden. "Der Typ neben ihr" wird nach wie vor viel gesendet und ich bin immer noch stolz auf den Titel. Es gibt ein paar Coverversionen auf dem Markt, die sind aber scheiße. Wenn Ihr mögt, wendet Euch doch an die BMG Berlin und fragt die mal, ob sie nicht Lust haben, den Titel auf CD zu veröffentlichen. Übrigens gibt es seit einiger Zeit auch eine Coverversion von "Charline". Sie ist auf dem Album von Gil Ofarim's neuem Bandprojekt ZOO ARMY und ist richtig geil. Er hat eine gute moderne Rocknummer daraus gemacht. Hut ab!

 

Wenn Du heute das Radio einschaltest, und Dein Hit wird gespielt: Was denkst Du dann?
Ehrlich? Also meistens denke ich dann, wie komisch es ist, dass viele Leute; Nachbarn, der Bäcker usw., auch gerade den Song hören und nicht wissen, dass ich ihn gesungen habe. Ich habe auch die MSV Duisburg-Hymne gesungen, die bei jedem Spiel im Stadion gespielt wird. Dann singen da 20.000 oder 30.000 Leute mit und keiner weiß, dass ich der Sänger bin. So etwas find ich geil!

 

Würdest Du heute in Bezug auf Deine Karriere etwas anders machen, wenn Du noch einmal die Chance dazu hättest?
Auf jeden Fall! Aber ich weiß auch, dass ich nur Gott zu verdanken habe, dass ich die Möglichkeit bekam, das zu machen, was mir so sehr am Herzen lag. Ich habe nicht alles richtig gemacht - aber ich habe mich immer bemüht, hab die Rückschläge weggesteckt und weitergearbeitet. Ich hab in der Zeit viele interessante Leute getroffen, nette Kollegen kennengelernt und gute Freunde gewonnen.

 

Ich danke Dir für Deine Zeit und die Antworten. Möchtest Du unseren Lesern noch etwas sagen?
Ich bin dankbar dafür, dass ich seit dreißig Jahren in verschiedenensten Funktionen mein Geld mit Musik verdiene. Das war immer schwer. Das wird immer schwerer. Ich rate allen jungen Musikern, die unbedingt den Weg einschlagen wollen, zu üben, zu lernen, ihrer Musik treu zu bleiben und Castingshows zu meiden!

 

Interview: Christian Reder (für Music-Pleasuredome)
 
 

   
   
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